Hochwasser: Warburger und Germeter Reiter evakuieren die Pferdeställe

Warburg. Merle streichelt zärtlich die Flanke ihrer Stute. Vor vier Tagen hatte sie noch mächtig um &bdquo;Noala“ gebangt. Das Pferd der achtjährigen Reiterin musste überstürzt raus aus dem Stall. Zurück in der Box: &bdquo;Langsam füllt sich die Bude wieder“, sagt Ivonne Wild jetzt beim Gang durch die Stallungen. Nach und nach kehren die Pferde, die in den Abendstunden vor Heiligabend aus der Reitanlage an der Angertwete evakuiert worden waren, am Halfter ihrer Besitzer zurück. Am Samstag stieg und stieg das Wasser, überflutete die Wiesen, blockierte die Straße und drohte auf dem Vereinsgelände des Reitervereins Warburger Land auch bis in die Außenstallungen zu laufen. Beim Reiterverein St. Georg Diemeltal in Germete waren die Stallungen am Sonntagmorgen geräumt worden. Zu sehr drückte das Regenwasser, das die Böden nicht mehr aufnehmen konnten, nach oben. Knöcheltief hatte es in den Stallungen hinter dem schützenden Deich gestanden. Der Dauerregen hatte an den Flussbetten von Diemel und Twiste am Samstag für hohe Pegelstände gesorgt. Auch kleinere Gewässer drohten über die Ufer zu treten, wie im Willebadessener Stadtgebiet bereits die Nethe, Taufnethe und der Lüsterbach. An der Messstelle bei Westheim lag der Pegelhöchststand der Diemel 1,15 Meter über Normal, an der Twiste bei Welda wurden 2,10 Meter gemessen. Da wurden die Auen zu einer Seenplatte. Vertreter von Feuerwehr, Ordnungsämtern und Bauhöfen waren, wie berichtet, an den Feiertagen vielfach unterwegs, um Dämme, Wehren und Gräben zu kontrollieren. In Warburg hatte die Feuerwehr in der Wache am Florianweg vorsorglich eine Einsatzzentrale eingerichtet, um die Hilfseinsätze, die zahlreich erwartet wurden, zu koordinieren. Mit dem Wasser steigt auch die Sorge an Auf dem Streckenabschnitt der gesperrten Angertwete in der Altstadt zwischen dem Abzweig der B7 bis zur Einmündung des Radwegs entlang der Diemel stand das Wasser. &bdquo;Die Straße war nicht mehr befahrbar“, beschreibt Wild. Am Mittag stand auch der benachbarte Turnierplatz bis zur Hälfte unter Wasser. Langsam machte sich die Vorsitzende des Reitervereins Sorgen. Denn mit der geschlossenen Zufahrt geriet die Versorgung der in den Ställen untergebrachten Pferde in Gefahr. Die Feuerwehr riet mit Blick auf die Wettervorhersagen und die angekündigte Öffnung der Diemeltalsperre zur Evakuierung der 27 Vierbeiner, solange dies noch möglich sei. &bdquo;Eine Vorsichtsmaßnahme“, sagt die Vorsitzende des Warburger Reitervereins und berichtet zudem von einem Anruf aus Germete. Oliver Baltes, Vorsitzender des Reitervereins St. Georg, bat auf der Suche nach Ausweichquartieren für die dortigen Pferde um Unterstützung und bot diese seinerseits auch dem Warburger Verein an. Den es sollte weiterregnen. &bdquo;Safety first“, sagt Vereinsgeschäftsführer Markus Hoppe. Der mögliche Auszug der Pferde musste vorbereitet sein, falls die Entscheidung zu evakuieren fallen sollte. Bislang beschäftigte die Vereinsmitglieder eine solche Lage eher weniger. &bdquo;Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es uns jemals passiert“, sagt Wild. Trotz der Lage in den Diemelauen. Am späten Samstagnachmittag habe das Wasser dann in der Einfahrt gestanden. &bdquo;Angestiegen innerhalb von eineinhalb Stunden“. Die Bereitschaft zu helfen und mit anzupacken, ist enorm Wo gibt es Unterbringungsmöglichkeiten, wo sind Kapazitäten frei? Per Rundruf über die Smartphones der Verantwortlichen und in den Sozialen Medien gepostet &bdquo;war die Hilfsbereitschaft enorm“, zeigt sich Wild überwältigt. &bdquo;Der Buschfunk funktioniert“, bekräftigt Hoppe. &bdquo;Allein 300 Nachrichten habe sie über ihr Messanger-Portal empfangen, berichtet Wild. Es habe etwas von der Weihnachtsgeschichte gehabt, sagt Anke Beine. Die Jugendwartin des Vereins verweist auf die Herbergssuche von Maria und Josef. Doch sind die Tiere unerwartet schnell auf Plätzen in der Region verteilt. In Stallungen in Herlinghausen, Willebadessen, Peckelsheim, Welda, Volkmarsen und Borgholz kommen sie unter. Die Schulpferde sollten nach Deppenhöfen gebracht werden. Dort hatte ein Landwirt Plätze seinen alten Stall freigeräumt und den Transport angeboten. &bdquo;Ihr könnt unseren Anhänger nehmen“, war Hoppe gleich von mehreren Anrufern begeistert. Für die Tiere absoluter Stress Gegen 19 Uhr steht die Entscheidung. Die Tiere müssen aus den Boxen. Die anschließende Umstall-Aktion: &bdquo;Weder dramatisch, noch chaotisch“, beschreibt Wild die Situation der an- und abfahrenden Gespanne auf dem Gelände. Und geprägt von der großen Hilfsbereitschaft. Ein Tierarzt beruhigt einige allzu nervös gewordenen Vierbeiner beim überstürzten Gang in die Pferdeanhänger. Nach gut einer Stunde sind die Boxen geräumt, die Pferde verteilt. Nur zwei jüngere Pferde bleiben am Ort. Sie hätten den Stress des Umzugs und der Fahrt im Hänger nicht vertragen, begründet Wild. Gegen 21 Uhr erreicht dann den Verein die offizielle Weisung der Feuerwehr, die Pferde zu evakuieren. An diesem Mittwochmorgen werden in Germete die Boxen gefegt und der nasse Mist ins Freie gefahren. &bdquo;Das Wasser drückt unter dem Deich in den Stall hoch“, sagt Oliver Baltes. Durchs Mauerwerk, über den Fußboden. Bis zu 15 Zentimeter habe es im Stall gestanden, zehn Zentimeter stehen immer noch in den vorgelagerten Freilaufgattern des Stallgebäudes. &bdquo;Wir mussten unsere 20 Pferde kurzfristig woanders unterbringen“, sagt Baltes. Bis nach Hofgeismar ging die Reise, nachdem in der Nacht auf Sonntag alle zwei Stunden die Lage auf dem Gelände sondiert worden war. Am Morgen standen die ersten Hufen knöcheltief im Wasser. Jetzt ist Abwarten angesagt An eine vormalige vollständige Räumung der Vereinsstallungen kann sich Baltes nicht erinnern. Vor zwölf Jahren sei es aufgrund von Hochwasser ein wenig durch den Stall gelaufen, sagt er. Aber so extrem wie diesmal? Einige vermuteten als Grund die Renaturierungsarbeiten an der Diemel. Seit November rollen die Bagger, sorgen zwischen dem Heinberg und der Ortschaft wieder für einen natürlich mäandernden Flusslauf anstelle des begradigten Flussbettes. Eine Baustelle, die noch nicht beendet sei, merkt Baltes an. Noch fehle auf dem Abschnitt eine geplante Aufwallung, die eine ungemäße Überschwemmung der landwirtschaftlich genutzten Flächen verhindern solle. Das Hochwasser habe sich auf den Wiesen an der westlichen Seite des Damms gestaut, hinter dessen anderer Seite der Stall liege. &bdquo;Entspannt“ habe man bereits am Samstag nach Ausweichplätzen für die Pferde gesucht. Doch bedeute das Abholen und die Überführung &bdquo;absoluten Stress“ für die Tiere. Die Rückkehr: &bdquo;Wir müssen abwarten, bis die Boxen wieder abgetrocknet sind“, sagt Baltes. Das Wetter verheiße für die kommenden Tage allerdings keinerlei Sonnenschein.

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