Kontroverse Diskussion über Für und Wider des B252-Ausbaus bei Warburg

Willebadessen/Warburg. Eins vorweg: Es gibt Baurecht, Straßen NRW dürfte loslegen. Warum muss die Bundesstraße 252 zwischen Hohenwepel und Gut Alfredshöhe im 2plus1-Querschnitt ausgebaut werden? Und warum müssen dafür 99 Bäume gefällt werden? Wer hat’s entschieden? Ist das in Stein gemeißelt? Welche Bedeutung haben Bäume überhaupt für ein Ökosystem? Welche Kompromisse gibt es? Fragen, denen sich Lars Voigtländer von Straßen NRW, Kathrin Weiß von der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis, Landtagsabgeordneter Matthias Goeken, Klaus David von der Universität Kassel, Renate Judith (Baumbegutachterin) und Jutta Fritzsche, Motor des Protestes, auf Einladung des Bildungswerks Hegge stellten. So lief die Diskussion I Gemeinsam mit rund 60 Zuhörern, die ebenso vehement wie diskussionsfreudig beide Seiten während der mehr als zweieinhalb Stunden vertraten. So dass Katrin Weiß erstaunt feststellte: Emotional so hoch geploppt wie bei der B252 sei noch kein 2plus1-Ausbau. Und Goeken unter Protestgemurmel feststellte: Es gehe den Menschen offenbar nicht um die Beschleunigung, es gehe um die Rettung der Bäume: &bdquo;Hier soll Ökologie gegen Ökonomie ausgespielt werden.“ Und der Landesbetrieb-Vertreter schließlich etwas entnervt feststellte: &bdquo;Wenn Sie alles besser wissen, warum machen wir das hier?“ Die Hegge-Moderatoren Dagmar Feldman und Damian Lazarek griffen mehrfach ein, um die Gemüter zu beruhigen: &bdquo;Nur wer das Mikro hat, redet.“ Das sagen die Befürworter Es gehe um die Stärkung des ländlichen Raumes, schickte Voigtländer vorweg, nannte Richtlinien und gesetzliche Vorgaben für den Ausbau der Straße, die ein autobahntechnisch unerschlossenes Gebiet an die A44 anbinde. &bdquo;Wir bauen die B252 nicht für die Willebadessener aus, die brauchen die Straße nicht, sondern für den nördlichen Kreis Höxter und den südlichen Kreis Lippe.“ Denn die B252 habe Bedeutung für den überregionalen Verkehr. Und: Man habe vier Varianten für diesen &bdquo;überbreiten Querschnitt“ von derzeit zehn Metern (später zwölf Meter) geprüft. Daneben eine Variante zweistreifig mit einseitigem Rad- und Gehweg, den Rückbau auf acht Meter Asphaltband und die Beibehaltung des vorhandenen Querschnitts (&bdquo;nur in Ausnahmefällen mit sinnvoller Begründung“). Variante eins sei der &bdquo;sicherere und leistungsfähigerer Querschnitt“, bedeute auch, dass Straßen NRW Dinge vermeiden (Fällen nur von Oktober bis Februar, Bauen nur bei Tageslicht) und Dinge kompensieren müsse (Pflanzung von 291 Bäumen, 1,6 Hektar Kompensationsfläche Grünland bei Eissen). Weil 99 Bäume – 50 davon in der Allee – auf 700 Metern fallen müssen. Mit den Neupflanzungen werde man den Alleencharakter aber &bdquo;deutlich stärken“. Auf 350 Metern werde ein Radweg Richtung Gut Alfredshöhe als Lückenschluss geschaffen. Für all das sei der Landesbetrieb Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens Großeneder geworden, das schon 2011 startete: &bdquo;Wir sind der Meinung, das ist eine richtig gute Planung für die Region.“ Für Goeken ist der Ausbau für Wirtschaft und Landwirtschaft &bdquo;dringend notwendig“. Große landwirtschaftliche Geräte bedeuteten große Gefahr beim Ein- oder Ausbiegen auf die B252 sowie bei Überholmanövern. Deshalb würden die Zu- und Abfahrten der Wirtschaftswege auf die B252 abgebunden, die Erschließungen der Felder während der Flurbereinigung neu geregelt. Ein Tempolimit von 70 oder 80, wie stattdessen gefordert, das sei hier nicht zu akzeptieren und nicht umsetzbar. Katrin Weiß machte deutlich, dass man rechtlich alle Vorgaben einhalte – inklusive der Ausgleichsfläche, die bislang Brache war und nun &bdquo;für immer“ Grünland werde – und die ursprüngliche Planung vom Landesbetrieb habe überarbeiten lassen. Denn: &bdquo;Als wir das Luftbild uns angeschaut haben, war klar, wir haben ein Problem. Eine geschützte Allee.“ Deshalb rücke man Richtung Gut Alfredshöhe mit dem Ausbaubeginn und lasse die Allee im Bereich Hohenwepel unangetastet. Deshalb werde vornehmlich östlich der Straße in den Bestand eingegriffen. Alle Gremien hätten Zustimmung gegeben. Ja, man habe anfangs massive Bauchschmerzen gehabt, aber &bdquo;einen guten Kompromiss“ gefunden. Das sagen die Gegner Hingegen sieht Baumbegutachterin Renate Judith &bdquo;überhaupt keinen Handlungsbedarf“ bei der &bdquo;bequem zu fahrenden Bundesstraße“. Dazu greife der höchste Schutz für Alleen – &bdquo;Häuser würden auch nicht abgerissen“. Auch die Relation 3:1 bei den Neuanpflanzungen passe nicht: Sie zitierte einen Experten: Es müssten schon 400 Bäume gepflanzt werden, um eine einzige Fällung eines &bdquo;normalen Baumes mit 20 Metren Krone“ zu kompensieren. &bdquo;Da ist man schon bei einem gefällten Baum im Minus.“ Sie befürchtet, dass man weiter baue und &bdquo;die Büchse der Pandora“ öffne. Für Klaus David, Warburger und Professor an der Uni Kassel, wird das Auto fester Bestandteil der Mobilität im ländlichen Raum bleiben. Dennoch zeigten Zahlen, dass die 2plus1-Lösung &bdquo;ungünstig“ sei, wenn es um Sicherheit gehe – das habe der Unfall auf dem dreispurigen Abschnitt kürzlich zwischen A44-Anschluss und Germete gezeigt. 1plus1 sei sicherer, das habe ihnen der Chef der Verkehrspolizei bestätigt. Wie aber Reisezeit verkürzen? Die Millionen Euro an Steuergeld, die investiert werden müssten, solle man dafür sinnvoll einsetzen. Für Jutta Fritzsche als Sprecherin des Protestes, ist es unverständlich, dass ein Prozess, der 2007 unter ganz anderen klimatischen Gesichtspunkten als heute gestartet worden war, nicht der aktuellen Situation angepasst werden kann: &bdquo;Wenn sich Politik und Straßen NRW ein bisschen bewegten“: &bdquo;Man kann doch nicht so weitermachen.“ Andere Bundesstraßen – wie die B7 Richtung Erfurt – seien im 2plus1-Ausbau kilometerlang auf Tempo 70 und 80 ausgelegt: &bdquo;Geht doch!“ Andere wie die B239 im Kreis seien 2plus1 ausgebaut, ohne dass man den Asphaltstreifen erweitert hätte: &bdquo;Es gibt keine Seitenstreifen, aber sie haben Haltebuchten. Da wurde nicht noch mehr Landschaft versiegelt.“ So lief die Diskussion II Warum ein Querschnitt bevorzugt werde, bei dem 4.500 Lkw täglich Grundlage seien, fragte Ricardo Blasczcyk aus dem Publikum. &bdquo;Wir sind hier unter 1.000.“ Und wie viele Fahrzeuge überhaupt auf den kurzen Abschnitten überholen könnten, wenn man aus der Gesamtlänge des Ausbauabschnitts die zwei Abfahrten nach Großeneder und Deppenhöfen, die Bushaltestelle und die Ederaue rausrechnen müsse. Zumal es sich bei dem Anschnitt um den &bdquo;schwierigsten Teil der Strecke“ handele – während der Ausbau der Abschnitte davor und dahinter doch offensichtlich auch ökologisch wesentlich sinnvoller seien. Zumal mit dem Kappen von Wirtschaftswegen der landwirtschaftliche Verkehr neue Wege suchen müsse. &bdquo;Ich kenne kein Land, wo diese Geschwindigkeiten wie in Deutschland vertreten werden“, wandte sich auch Stefan Pahner gegen Fällung und Ausbau. Künftig dreispurig, das lasse die Raser zu ihrem Recht kommen, um mit 120 Sachen ihre eigene Sicherheit und die der anderen zu gefährden. Und auf die Voigtländer-Aussage, man nehme die Sache mit den Bäumen &bdquo;richtig ernst“, es sei aber ihre Aufgabe, in Zukunft weitere Verbesserungen für die Region zu schaffen, antwortete er mit einem tiefen Seufzer: &bdquo;Also noch mehr Straßen bauen.“ Zudem gab es Fragen nach der Unfallstatistik, die als Grundlage für den Ausbau herangezogen wurden. Und was mit Kosten und der Umleitung während der einjährigen Bauzeit seien. Die 6,5 Millionen Euro, die der Landesbetrieb als aktuelle Zahl nannte, wollten viele angesichts hoher Kostensteigerungen im Bausektor so nicht akzeptieren. Und die Umleitung während der Bauphase werde über Landes- und Kreisstraßen führen.

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