Großer Volksfest-Vergleich: Münchner Wiesn versus Oktoberwoche in Warburg

Warburg. Natürlich lassen sich das Münchner Oktoberfest und die Warburger Oktoberwoche eigentlich nicht vergleichen – war mein erster Gedanke. Mein zweiter Gedanke: warum eigentlich nicht? Beide Veranstaltungen haben das Feiern und den Oktober im Namen. Eigentlich drängt sich da der Vergleich doch förmlich auf. Also los. In Warburg herrscht im Festzelt um 12.23 Uhr gähnende leere. In den Festzelten auf der Theresienwiese tanzen um diese Zeit (manche) Leute schon auf den Tischen. Traditionell werden die Zelte der Wiesn um die Zeit gern von Münchnern und Menschen aus der Region besucht. Die Musik läuft dann live in, für bayerische Verhältnisse, dezenter Lautstärke, das Münchner Frühstück, Weißwurst, Weißbier und bei viel Hunger eine Brezel sind auch mittags angesagt. Mein Weg führt mich allerdings in den Restaurant-Bereich es großen Festzelts der Oktoberwoche, der Magen knurrt um diese Zeit. Apropos Zeit: Die Münchner Wiesn läuft bis einschließlich Dienstag auf der Theresienwiese in der bayerischen Landeshauptstadt. Am 16. September war das größte Volksfest der Welt, wie die Münchner ihre Wiesn charmant unbescheiden nennen, eröffnet worden. Die Wiesn dauert damit deutlich länger als die Warburger Oktoberwoche. Und auch in der Kategorie Tradition schlägt die Wiesn sie um Längen: In der Bayern-Hauptstadt wird seit 1810 jährlich auf der Theresienwiese gefeiert, aber auch die Warburger Oktoberwoche kann immerhin auf eine 74-jährige Tradition zurückblicken. Haxn, Hendl und Schweinsbraten Zu den uralten Traditionen der Wiesn in München gehört auch das deftige Münchner Essen: Haxn, Hendl und Schweinsbraten gehören dazu ebenso wie eben die Weischwürste und Brezeln. Im Restaurant des Festwirtes Elmar Meilenbrock im großen Festzelt in Warburg geht es tendenziell auch eher deftig zu. Auf der Karte finden sich Leberkäse mit Spiegelei und Bratkartoffeln (11,50 Euro), eine Schweinshaxe auf Sauerkraut und Kartoffelstampf (17,50 Euro) oder Schnitzel mit Champignonsauce und Semmelknödel (17 Euro). Aber auch Vegetarier müssen nicht verhungern, Kartoffelrösti mit Tomaten und Zucchini überbacken (9 Euro) oder Bandnudeln mit Paprikasauce und Parmesan (9 Euro) sorgen für fleischfreie Genüsse. Für mich soll es bitteschön das Schnitzel mit Knödeln sein. Allerdings teilt mir die freundliche Bedienung mit, dass die Knödel gerade ausverkauft seien und daher auf Pommes als Beilage zurückgegriffen werde. Kurz überlege ich, ob ich alternativ auf das Schnitzel mit bayerischem Kartoffelsalat zurückgreifen soll, bleibe dann aber doch bei meiner vorherigen Wahl, die jetzt aber zwangsläufig anders daherkommt. Zuerst aber nimmt die Bedienung die Getränkebestellung auf. Ich entscheide mich für ein Glas Warburger Urtyp, 0,3 Liter für 3 Euro. Wie groß ist die Preisspanne zwischen Warburg und München? Verglichen mit den Münchner Wiesn ist das regelrecht ein Spottpreis. Auf dem Oktoberfest schlägt das Maß Bier, also ein Liter, mit Preisen zwischen 12,60 Euro und 14,90 Euro zu Buche. Rund drei Bier müssten die Münchner in Warburg trinken, um das Maß voll zu bekommen, 9 Euro müssten sie dafür in der Hansestadt auf den Tisch legen. Allerdings ist, freilich, das Warburger Urtyp kein Oktoberfestbier, jenes dürfen nur die sechs Münchner Brauereien auf dem Oktoberfest ausschenken, überdies hat dieses Festbier mit seinem Alkoholgehalt von sechs Prozent einen Prozent mehr Alkohol als das Warburger Festbier. Aber: Oktoberfestbier gäbe es vor 12 Uhr noch gar nicht im Ausschank in den Münchner Zelten. Die öffnen zwar bereits um 10 Uhr dann gibt’s allerdings alkoholfreie Getränke, &bdquo;O’zapft“ wird aber erst ab Mittag. Als das Glas im Warburger Zelt gut gekühlt vor mir steht, wird klar: Das ist weder Pils, noch ist es Dunkles, und ein Helles ist es auch nicht. Würziger Geschmack, süffig ist es auch. Es mit dem Oktoberfestbier zu vergleichen wäre dennoch unfair, weil es das Oktoberfestbier eben nicht gibt. Jede Brauerei auf der Wiesn schmeckt ein wenig anders. Langsam wird es ein wenig voller im Restaurant-Zelt, vor mir hat ein fülliger Mann mittleren Alters eine Schweinshaxe vor sich auf dem Tisch und zieht das knusprige Fleisch langsam vom Knochen. Die Haxe des Mannes ist mit ihren 17,50 Euro ein regelrechtes Schnäppchen: Bereits 2019 schlug das Bratenstück mit rund 20 Euro auf der Münchner Wiesn zu Buche, in diesem Jahr gehen die Haxn in den Zelten auf der Theresienwiese für bis zu 25 Euro über die Theken. Wohl bekomm’s. Oder wie man in München und Oberbayern sagt &bdquo;an Guadn“. Täglich warme Küche im Warburger Festzelt gibt es übrigens immer von 11.30 bis 21 Uhr. Und gegen Abend haben die Besucherinnen und Besucher auch gute Chancen, dass sie stimmungsvolle musikalische Unterhaltung zu Ohren zu bekommen. Feierabend ist auf dem großen Festplatz in München spätestens um 23.30 Uhr, danach wird nur noch im Käferzelt weitergefeiert, aber in das kann nur herein, wer entweder vorher reserviert hat, oder aber den Status eines Prominenten innehat oder zumindest dafür gehalten wird. Einfach ist das aber offenbar keineswegs, auch nur dafür gehalten zu werden. Aber auch ohne das Käferzelt ist die Auswahl an Zelten zum Feiern auf der Theresienwiese enorm. Bei 17 großen Festzelten, viele davon mit knapp 10.000 Plätzen, fällt die Auswahl für unbedarfte Wiesn-Gänger doch recht schwer. In Warburg fällt die Wahl stattdessen erfrischend leicht. Das Schnitzel hat den Weg mittlerweile an meinen Tisch gefunden und das zweite Bier spendet kühle Erfrischung, die Pommes mögen sich aber so gar nicht in die mittlerweile aufkommende Bierzelt-Gemütlichkeit einfügen. Am Nebentisch nimmt eine 14-köpfige Familie Platz, eines der drei Kinder möchte Chicken-Nuggets. Wenigstens die gibt es hier nicht, denke ich. Warburg feiert weiter, während München schon abbaut Um 12.33 Uhr ist ein tiefer dumpfer Bass zu hören und verliert sich in der offenen Weite des noch immer recht leeren Zeltes. Zumindest die vorderen Tische auf der linken Seite vom Eingang aus gesehen füllen sich langsam die Plätze. Am Autoscooter hat jemand die Boxen eingeschaltet, die Wagen drehen ihre Runden auf dem Festgelände. Die Oktoberwoche nimmt gerade heute richtig Fahrt auf. Während das Münchner Oktoberfest heute in diesem Jahr zum letzten Mal seine Türen öffnet und die Münchnerinnen und Münchner ihre Lederhosen und Dirndl bald schon wieder im Schrank verstauen.

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