Liegt Westfalens ältester bekannter Tunnel am Desenberg?

Warburg. Am markanten Desenberg hat sich schon immer die Fantasie entzündet. Und die Neugier der Archäologen. Zwei Tage lang wurde jetzt wieder geforscht. Die Wissenschaftler sind einem Stollen auf der Spur. &bdquo;Wird er gefunden, wäre er der älteste, der in Westfalen nachgewiesen wurde“, sagt Fritz Jürgens, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Christian-Albrechts-Uni Kiel. Der Desenberg zeugt von der jüngeren Erdgeschichte, vom Vulkanismus in der Zeit vor elf bis sieben Millionen Jahren, aber auch vom mittelalterlichen Lehns- und Kriegswesen. Die Basaltkuppe wird gekrönt von einer Burgruine, um die sich berühmte Sagen ranken. Belegt ist dagegen eine Geschichte, die aus dem Jahr 1168 berichtet. Als Heinrich der Löwe seinem Vasallen Widukind von Schwalenberg, der sich in der Desenberg-Burg verschanzt hatte, durch einen Stollen im Berg das Brunnenwasser abgegraben hat und ihn damit zur Aufgabe zwang. Da hatte der Desenberg und die Burganlage seit der ersten Erwähnung 1070 bereits mehrmals den Besitzer gewechselt. Um das Jahr 1200 wurde die Burg teilweise zerstört, jedoch relativ schnell wieder aufgebaut. Die Anlage ging in den Besitz der Adelsfamilie derer von Spiegel über, die spätestens seit 1256 auf dem Desenberg ansässig war. &bdquo;Für die Versorgung der Burgbewohner unverzichtbar“ Archäologisch bisher nicht nachgewiesen, aber aus schriftlichen Quellen belegbar, ist die Existenz eines Brunnens. &bdquo;Für die Versorgung der Burgbewohner unverzichtbar“, sagt Jürgens. Doch wo dieser einst gestanden habe, liege im Dunkeln und wecke immer wieder die Neugier der Forschung. 1168 hatte Herzog Heinrich der Löwe den Grafen Widukind von Schwalenberg auf dem Desenberg belagert. &bdquo;Doch da der hohe Berg jeder Belagerung und Maschinenkraft spottete, schickte der Herzog hin und ließ sachverständige Männer vom Rammelsberg holen; diese machten sich an die schwierige und unerhörte Arbeit, in den Fuß des Dasenberges einen Stollen zu treiben, untersuchten das Innere und fanden den Brunnen, aus dem die Burgleute Wasser schöpften. Er wurde verstopft, der Besatzung ging das Wasser aus, und Wedekind übergab sich und die Burg der Gewalt des Herzogs“, zitieren die Autoren Hans-Werner Peine und Cornelia Kneppe im Heft 16 der Reihe &bdquo;Frühe Burgen in Westfalen“ der LWL-Archäologie den Bericht eines zeitgenössischen Chronisten.&bdquo;Die mittelalterliche Quelle, die das Leben Heinrich des Löwen beschreibt, ist vertrauenswürdig“, sagt Jürgens. Um die Burg einnehmen zu können, sei es die einzige Möglichkeit gewesen, &bdquo;den Belagerten das Wasser abzugraben und den Brunnenschacht zu verstopfen“. Doch wurde der bisher nicht gefunden. Weder bei den großen Ausgrabungen in den 1960er Jahren, noch bei den kleineren Grabungsschnitten in den 1990ern. Eine Senke, die das Interesse der Archäologen weckte Bekannt war nur eine Verformung im Boden, von der angenommen wurde, den Eingang des Stollens zu bezeichnen. &bdquo;Eine Senke“, sagt Jürgens, die das Interesse weckte. Doch Graben im Naturschutzgebiet &bdquo;unmöglich“, sagt der promovierte Archäologe. Das Vorhaben spukte weiter im Kopf herum. Letzter Anstoß sei ein archäologischer Vortrag über den Bergbau gewesen. Den hatte Manuel Zeiler, Montanarchäologe in der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie, gehalten. Die Experten des Landschaftsverbandes und der Uni Kiel setzten sich zusammen, entwickelten ein gemeinsames Vorgehen und holten eine Sondergenehmigung des Kreisumweltamtes ein. Um die Natur zu schützen, sollten anstelle von Grabungen andere Messmethoden zum Einsatz kommen.&bdquo;Wir wissen, was wir wollen, er kennt die Technik“ &bdquo;Zum einen die elektromagnetische Induktion“, erklärt Jürgens. Das Messgerät erzeuge ein Magnetfeld, &bdquo;das Magnetfelder im Boden anregt und die unterschiedliche Leitfähigkeit, die Dichte des Bodens untersucht“. So würden auch Verfüllungen sichtbar. Zum anderen die Seismikmessung. Hammerschläge auf einer auf der Erdoberfläche liegenden Eisenplatte erzeugen Schallwellen, die im Boden von Hindernissen gebrochen und unterschiedlich reflektiert werden. Geophone zeichnen diese Schwingungen auf. &bdquo;Sie erfassen Anomalien und unterschiedliche Bodenstrukturen“, sagt der Fachmann.Das Institut für Geowissenschaften der Kieler Uni stellte die Messgeräte zur Verfügung. Geophysiker Dennis Wilken führte die Messungen am Desenberg durch. &bdquo;Wir wissen, was wir wollen, er kennt die Technik“, bringt es der Archäologe auf den Punkt.&bdquo;Komische Eigenschwingungen“ Derzeit werden die Daten von den Geophysikern der Uni ausgewertet. Mit Ergebnissen rechnet Jürgens in einigen Wochen. Erst dann könne mehr gesagt werden, hält der 32-Jährige fest.Bis dahin seien noch einige Herausforderungen zu meistern. Wie die &bdquo;komischen Eigenschwingungen“. Der Berg bestehe aus Basaltgestein, darauf eine gut ein Meter dicke Mutterbodenschicht, die ihre Eigenschwingungen in die Messreihe einbringe. &bdquo;Störschwingungen“, sagt Jürgens, die eine Auswertung erschwerten. &bdquo;Doch da sind wir dran.“Ob von der Senke auf der östlichen Seite unterhalb der Burgruine wirklich ein verschütteter Tunnel ausgehe, &bdquo;werden die Untersuchungen zeigen“, ist er sich sicher. Auch Erkenntnisse über die Stollenlänge, Jürgens vermutet 40 bis 50 Meter, und die Lage des Brunnens, der in der Haupt- oder Vorburg einst Wasser spendete, erhoffen sich die Archäologen. Für den gebürtigen Bühner eine Herzensangelegenheit Neben Jürgens, Wilken und dem Bergbauarchäologen Manuel Zeiler begleitete auch Hans-Werner Peine, der als Leiter des Fachreferates für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der LWL-Archäologie für Westfalen im vergangen Jahr in den Ruhestand gegangen war, die neuerlichen Gänge über die Desenberghänge. Für den gebürtigen Bühner &bdquo;eine Herzensangelegenheit“, sagt Jürgens. Peine hatte in den 1990er Jahren den Forschungsstand zum Desenberg, zur Burg und ihrer Geschichte zusammengetragen.Auch Jürgens, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Kieler Uni, ist die Region nicht unbekannt. In Borgentreich geboren und aufgewachsen habe er schon als Kind innerhalb der Mauern der Warburger Burgruine gespielt, sagt er. Jetzt beruflich das Gelände zu erkunden, freue ihn da natürlich. Vor vier Jahren hatte Jürgens zur alten Eisenbahn im Willebadessener Wald geforscht, 2019 bei kleineren Grabungen am Stadtwall in seiner Heimatstadt Reste der Stadtmauer entdeckt und freigelegt.

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