2026 gibt es in Warburg keine Abiturienten

Warburg. Im Jahr 2026 wird die Hansestadt ohne Abiturienten auskommen müssen. Weder am Gymnasium Marianum noch am Hüffertgymnasium werden Schülerinnen und Schüler in dem Jahr zu Abi-Prüfungen antreten. Was sich zunächst wie ein launiger Aprilscherz anhört, hat seinen Grund: Die Umstellung von G 8 auf G 9. Beide Warburger Gymnasien stecken aktuell in den Vorbereitungen. "Da kommt eine Menge Arbeit auf uns zu", bemerkt Marianum-Schulleiter Frank Scholle. Nach den Sommerferien wird mit dem Schuljahr 2019/2020 in NRW wieder die neunährige Gymnasialzeit für die neuen 5. und 6. Klassen eingeführt. Einzelne Gymnasien können allerdings weiterhin das Turbo-Abi durchziehen. Gab es 2013 einen doppelten Abschlussjahrgang, folgt 2026 das Gegenteil. Dieser Abiturjahrgang bildet die Lücke zwischen dem letzten G 8-Jahrgang und dem ersten G 9-Jahrgang. "Da sich nur wenige Schulen in Nordrhein-Westfalen für einen Verbleib der achtjährigen Ausbildung entscheiden haben, wird der Abi-Jahrgang im Land vergleichsweise schwach ausfallen", sagt Scholle. Die Prüfungen werden nur diejenigen Schüler ablegen, die eine Schule mit G 8-Modell besuchen sowie Schüler von Gesamtschulen und Berufskollegs mit Wirtschaftsabitur. Stundentafel muss angepasst werden In den Lehrerzimmern und Konferenzräumen des Hüffertgymnasiums werde derzeit diskutiert, sagt Schulleiterin Susanne Krekeler (51). Die Stundentafel für die Sekundarstufe 1, den Klassen 5 bis 10, muss angepasst werden. Da reiche nicht der Blick auf die neuen 5. und 6. Jahrgänge. Denn es müsse eine bestimmte Wochenstundenzahl der einzelnen Fächer über die Schuljahre verteilt werden. "Deswegen müssen wir das im Ganze bedenken", sagt Krekeler. Erste Gespräche mit den Vorsitzenden der Fachschaften wurden geführt, im Arbeitsprozess wird jetzt weiter diskutiert. Auch Frank Scholle sieht das Kollegium vor der Planungsaufgabe stehen, wie die Stundentafel ausgerichtet werden soll. "Das Schulministerium gibt den Rahmen vor, wir beschließen, wo und in welchen Jahrgängen wir mit wie viel Stunden die einzelnen Fächer platzieren", erklärt er. "Zur Einführung des G 8 im Jahr 2005 haarklein für G 8 festgelegt, jetzt alles überholt." Viel muss noch geklärt werden Nach dem Wunsch der Landesregierung soll in den Klassenzimmern ab dem neuen Schuljahr die ökonomische Bildung gestärkt werden. Wie funktioniert der Geldmarkt, wie werden Verbraucherinteressen gewahrt? Das gehört beispielsweise zu den Unterrichtsinhalten. Doch in welchen Schuljahren soll dies angeboten werden und in welchen Fächern? "Schlage ich sie dem Fach Politik zu, werden andere Fächer auch Anteile übernehmen?". Das müsse jetzt geklärt werden, sagt Krekeler. Im Zuge der Digitalisierung haben die Verantwortlichen in Düsseldorf auch die sogenannte informatische Bildung im Blick. "Ein eigenes Fach oder in anderen Fächern mitunterrichtet?", fragt sich Krekeler. Auf der einen Seite stehe der Umgang mit digitalen Geräten wie Smartphones und Tablets sowie Computerprogrammen, auf der anderen Seite rechtliche Themenbereiche wie Urheberrechte oder ethische Fragen, die sich mit der Nutzung der Neuen Medien auftun. Krekeler spricht von "Manieren, die auch im Internet gelten". Die Landesregierung spricht von Medienerziehung. Noch fehlt der Rahmen, den das Schulministerium vorgibt Das alles wolle gut überlegt sein, sagen beide Pädagogen. Und sei "kompliziert ohne den Rahmen, den das Ministerium in den Kernlehrplänen vorgibt", bemerkt Frank Scholle. Auf die warten alle Beteiligten. "Sie werden beraten und müssen noch durch verschiedene Gremien", sagt Krekeler. Sie hofft auf eine Veröffentlichung zwischen den kommenden Oster- und Sommerferien. Scholle ist da durchaus pessimistischer: "Oder kurz nach den Sommerferien", gibt er seine Erfahrungen wieder. So sei bei Einführung des G 8 gewesen. Das wiedergewonnene Schuljahr begrüßen alle: Schüler, Eltern, Lehrerkollegien. Sowohl Scholle, als auch Krekeler betonen, dass die zweite Fremdsprache in der neunjährigen Schulzeit wieder erst ab der Klasse 7 unterrichtet werde. Das gebe mehr Möglichkeiten in den ersten beiden Schuljahren, das Erlernte zu festigen, hält Krekeler fest. In den Jahrgangsstufen 9 und 10 treffe die Lehrerschaft dann auf Jugendliche, "die schon eine gefestigtere Interessenlage haben und sich damit besser auf die Oberstufe vorbereiten können", bemerkt Krekeler. Sie denkt an die Wahl der Leistungs- und Grundkurse. Das 13. Gymnasialjahr sei für die Urteilskompetenz enorm entscheidend, erklärt auch Scholle. Für die Oberstufe hätten das in der Zeit des parallel laufenden G 8 und G 9 Vergleiche gezeigt. "Im Fach Geschichte klaffte das Verständnis schon mächtig erkennbar auseinander", nennt Scholle ein Beispiel. Die Leere nach dem Abitur Beide sprechen vom häufig erlebten Phänomen der Leere nach dem Abitur. "Erstaunlich viele gönnen sich vor Studium oder Beruf ein Jahr der Auszeit oder gehen in ein Soziales Jahr", sagt Scholle. Weil sie sich noch nicht entscheiden konnten, fügt Krekeler an. Ein Jahr jugendlicher Entwicklung fehle. Die Rückkehr zu neun Pennäler-Jahren freue ihn im Sinne der Schüler, sagt Scholle. Es bedeute eine Entlastung und Entschleunigung. Der Schulleiter freut sich aber auch, jetzt wieder "konkurrenzfähig" zu sein. In Hessen konnten Gymnasien und kooperative Gesamtschulen bereits seit dem Schuljahr 2013/2014 frei zwischen den beiden Varianten wählen. Die Mehrheit hat sich für die längere Schulzeit entschieden. "Das machte sich schon als Knick in den Schülerzahlen bemerkbar", merkt Scholle an. Alles in allem, so seine Erfahrung, sei das Ganze nicht so schlimm gewesen, wie es oft in Medien dargestellt worden sei. An den Warburger Gymnasien war kurz vor der Umstellung die 60-minütige Unterrichtsstunde eingeführt worden. Das hatte Vorteile: Obwohl der Schultag in der verkürzten Schulzeit 35 Minuten länger wurde, schloss er um 13.20 Uhr. "Damit konnte der Nachmittagsunterricht in der Sekundarstufe 1, den Klassen 5 bis 9 vermieden werden", sagt Scholle. Das G 8, "ein Experiment, das einige Schwächen erkennen ließ, die nicht zu beheben waren", zieht er für sich ein Fazit. "Beim G 9 werden Zeit und Spielräume wieder da sein" Sie persönlich habe das G 8 nicht als problematisch empfunden, schildert Susanne Krekeler ihre Erfahrungen. Doch für ihre Schüler merkt sie aufgrund der verdichteten Menge an Unterrichtsinhalten verminderte Entfaltungsmöglichkeiten an. "Weniger Interesse an Arbeitsgemeinschaften und außerschulischen Projekten." Für die Kinder und Jugendlichen ist durch das eine Jahr weniger die Belastung einfach höher. "Beim G 9 werden Zeit und Spielräume wieder da sein", ist sich die Hüffert-Schulleiterin sicher. Aktuell werden 670 Schüler am Hüffertgymnasium von 70 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet. In den Klassenzimmern des Gymnasium Marianum unterrichten rund 40 Lehrer 522 Schüler.Die Anmeldungen für die neuen Fünftklässler werden vom 25. Februar bis zum 1. März in den jeweiligen Schulsekretariaten entgegengenommen.

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