Tag der Wiederbelebung: Keine Angst vor Erster Hilfe

Warburg. Der 16. Oktober gilt weltweit als "Tag der Wiederbelebung". "Auch wir wollen den Menschen an diesem Tag ins Bewusstsein rufen, wie wichtig die Erste Hilfe durch Laien ist, um Menschenleben zu retten", berichtet Dietmar Hohmann, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin am Warburger Helios-Klinikum. "Nach dem Herzstillstand entscheiden oft die ersten drei bis fünf Minuten über Leben und Tod." Noch viel zu häufig ließen Anwesende diese kostbare Zeit ungenutzt verstreichen. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung (GRC) gibt an, dass in Deutschland lediglich 37 Prozent der Laien Notfall-Hilfe leisten. In Skandinavien seien es bis zu doppelt so viele, sagt Hohmann. "Das liegt sicher daran, dass Erste-Hilfe-Techniken in diesen Ländern schon im frühen Schulalter erlernt werden". Der Notfallmediziner weiß, wovon er spricht: 15 Jahre lang war er selbst auf dem Kassler Rettungshubschrauber Christoph 7 tätig. Fünf Jahre lang leitete er die Luftrettungsstation in Kassel. Plötzlicher Herztod zähle zu den häufigsten Todesursachen, so der Arzt. Wenige Minuten Sauerstoffmangel führen zu schweren Hirnschäden Dem GRC zufolge erleiden jährlich deutschlandweit 50.000 Menschen einen außerklinischen Herzstillstand. Wenn das Herz stillsteht, wird kein sauerstoffhaltiges Blut mehr ins Gehirn gepumpt. Nur drei bis fünf Minuten Sauerstoffmangel führen zu irreversiblen Hirnschäden. "Deshalb ist die wichtigste Aufgabe des Ersthelfers die Herzdruckmassage", hebt Hohmann hervor. Selbst wenn der Herzschlag auf diese Weise nicht wieder in Gang kommt, kann durch kräftiges, rhythmisches Drücken in der Mitte des Brustbeins, der Blutkreislauf wieder in Schwung gebracht werden. Derzeit überleben Hohmann zufolge nur zehn bis 15 Prozent aller Patienten. Nach Einschätzung des Intensivmediziners könnten Ersthelfer diese Zahl verdoppeln. Bis zu zwölf Minuten dauert es in Deutschland, bis ein Rettungswagen den Einsatzort erreicht. "Bei der Herzdruckmassage kann man nichts falsch machen" Hohmann zufolge trauen sich in Deutschland zu wenige zu, lebenserhaltende Maßnahmen zu ergreifen. "Dabei kann man bei der Herzdruckmassage absolut nichts falsch machen. Der Patient ist bereits tot, toter wird er nicht." Dem Betroffenen werde in jedem Fall geholfen. Um die Hemmschwelle herabzusetzen, arbeiten Ärzte europaweit daran, Ersthelfern ihren Einsatz so leicht wie möglich zu machen. Hierfür veröffentlicht der Europäische Rat für Wiederbelebung alle fünf Jahre sogenannte "Reanimationsleitlinien". Die aktuellen Leitlinien sehen unter anderem vor, dass Ersthelfer bei der Wiederbelebung telefonisch angeleitet werden. Auch die Wiederbelebungs-Technik wurde vereinfacht: "Heute steht die Herzdruckmassage an oberster Stelle", erläutert Hermann Klein. Der 74-Jährige ist Facharzt für Kardiologie am Helios-Klinikum und Mitherausgeber der Reanimationsleitlinien. "Was in früheren Ersthelfer-Kursen gelehrt wurde, nämlich abwechselnd dreißigmal drücken und zweimal beatmen, empfehlen wir nicht mehr", berichtet Klein. "Die Lunge hat genügend Restsauerstoff, um das Gehirn über den Blutkreislauf für einen längeren Zeitraum damit zu versorgen." Entscheidend sei deshalb in erster Linie, den Blutkreislauf in Schwung zu halten, das heißt: ununterbrochene Herzdruckmassage. Keine Scheu vorm Gebrauch des Defibrilators "Die Unterbrechung der Herzdruckmassage kann man sich vorstellen, wie Autoverkehr, der zum Erliegen kommt", erklärt Hohmann. "Das Blut fließt langsamer und braucht anschließend wieder eine gewisse Zeit, bis es in Schwung kommt." Hohmann empfiehlt deshalb, auch einen Defibrillator nur dann zur Hilfe zu nehmen, wenn ein zweiter Ersthelfer vor Ort ist. "So kann einer durchgängig drücken, während der andere den Defi vorbereitet", erläutert der Arzt. "Der Defibrillator beendet mittels Stromstoß das für den plötzlichen Herztod ursächliche Kammerflimmern des Herzens", erläutert Matthias Gernhardt, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst im Kreis Höxter, die Funktion. Durch den Elektroschock setze die in diesem Moment ungeordnete Herzaktivität für einen Moment gänzlich aus, ergänzt Hohmann. Anschließend könne das Herz zu einem geordneten Rhytmus zurückfinden. Vor der Anwendung dieses Geräts bräuchten Ersthelfer ebenfalls keine Scheu zu haben: "Sobald der Defibrillator eingeschaltet ist, erklärt eine Stimme genau, was zu tun ist". Sei der Ersthelfer alleine, empfehle es sich jedoch, mit der Herzdruckmassage fortzufahren, bis der Notarzt eintrifft.

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