Von
Anna-Lena Ryczek
01.08.2017 | 03.08.2017, 10:53
Eissen
Der letzte Tag: Die Getreideerfassung im Eissener Kornhaus wird ab heute eingestellt. An Spitzentagen belieferten zwischen 150 und 200 Landwirten das Kornhaus. Abholung von Dünger ist weiterhin möglich. Die Zukunft des Gebäudes ist noch unklar
Eissen. In der gesamten Ortschaft herrscht seit Tagen reger Betrieb, mehrere Hundert Trecker fahren durch Eissen, um am örtlichen Kornhaus ihre Ernte abzuladen. „An Spitzentagen sind es zwischen 100 und 150 Trecker", weiß Betriebsstellenleiter Johannes Puschmann. Am Montag rollten die letzten Trecker über die Waagen, denn die Getreideerfassung im Eissener Kornhaus wird ab heute eingestellt.
„Das Kornhaus war immer der Dreh- und Angelpunkt der Ortschaft", weiß Ortslandwirt Harald Nutt. Neben der Getreideannahme gingen auch Futter, Dünger, Sackware und andere Kleinigkeiten rund um die Landwirtschaft über den Verkauftresen. „Gummistiefel gibt es zum Beispiel auch", sagt Nutt schmunzelnd. „Düngerabholung bleibt auch weiterhin möglich", weiß Betriebsstellenleiter Puschmann. Acht bis zehn Arbeitsplätze sicherte das Kornhaus in der Ortschaft. Die Mitarbeiter wurden am neuen Standort in Hohenwepel übernommen.
Der Bahnanschluss war für das Kornhaus immer ein wichtiger Faktor. „Zuerst waren die Bahnschienen da, dann kam das Kornhaus dazu", weiß Nutt. Die Bahnschienen werden bereits seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt. Nun wird auch ein Großteil des Betriebs im Kornhaus eingestellt. Nachdem die Staatsregierung 1907 den Betrieb des Kornhaus Soest, zu dem auch das Eissener Kornhaus gehörte, aufgab, übernahm die Westfälische Central Genossenschaft den Betrieb.
In den 1930er Jahren wurde das bis heute genutzte Gebäude erbaut. Damals noch ohne die freistehenden Siloanlagen und Hallenerweiterungen. „Die neu errichtete Filiale in Eissen entwickelte sich gut und wurde von den Bördebauern aus der Nachbarschaft entsprechend angenommen", heißt es in einem Buch über die Ortschaft. Das Kornhaus in Eissen war viele Jahre selbstständig und wurde unter der Leitung verschiedener Geschäftsführer geführt.
„Heute ist das Kornhaus nicht mehr selbstständig, sondern wird zusammen mit Borgholz und Brakel der Hauptstelle in Warburg angeschlossen", so Puschmann. In den vergangenen Tagen gab es im Eissener Kornhaus noch einiges zu tun. „Samstag brachten zum Beispiel rund 200 Trecker im Laufe des Tages Raps", weiß Fritz Nutt, ältester Landwirt Eissens. Nicht nur Landwirte aus Eissen, sondern auch aus Deppenhöfen, Muddenhagen, Manrode und vielen weiteren Orten lieferten ihr Korn im Eissener Kornhaus ab.
Für den Ort hatte das Kornhaus immer einen großen Stellenwert und auch die Landwirte aus den umliegenden Ortschaften schätzen das Kornhaus in Eissen. „Früher ließen viele Bauern aus den umliegenden Dörfern ihren Trecker auch mal eine Stunde am Kornhaus stehen, um das Eissener Schützenfest zu besuchen oder in einer der Kneipen vorbeizuschauen", sagte Nutt lachend. Heute muss die Kornabfertigung möglichst schnell gehen.
„Wir kommen hier aktuell an unsere Kapazitätsgrenzen. Die Kunden warten teilweise lange bei der Anlieferung", weiß Dirk Ungerland, Geschäftsführer Agravis Kornhaus Ostwestfalen. Die Spitzentage, an denen mehrere Hundert Traktoren am Tag durch die Ortschaft rollten, werden den Eissenern sicher noch lange in Erinnerung bleiben.
Ein Webabo bietet Zugriff auf alle Artikel.
Mit NW+-Updates per Mail - jederzeit kündbar.