Mittelalterfreunde suchen Grundstück in Warburg

Warburg. "Wir sind keine Freaks, und vor allem kein Karnevalsverein", betont Andreas Schnell, "wir haben auch alle ganz normale Jobs: Sozialarbeiter, Maschinenführer, Kellner." Der bunt gemischten Gruppe in den mittelalterlichen Gewändern gehe es vielmehr darum, in ihrer Freizeit eine Alternative zum modernen, schnelllebigen Alltag auszuleben. Wichtig ist ihnen auch die Familienfreundlichkeit ihres Hobbys. An den Wochenenden besuchen sie Mittelaltermärkte in der Umgebung oder veranstalten gemeinsam historische Zeltlager. "Ich kann so viel mehr Zeit mit meiner Frau und meinem kleinen Sohn verbringen, als wenn jeder seinem eigenen Hobby nachgehen würde", sagt Matthias Backhaus. Auf seine Initiative hin ist die Interessengemeinschaft "Mittelalter im Warburger Land" erst vor wenigen Wochen entstanden. Der 33-Jährige interessiert sich schon seit längerem für das historische Zeitalter. In "Pitt's Rohhaut Schmiede" stellt er seit drei Jahren Lederwaren von Hand her, die er über das Internet weltweit verkauft. Sich Gleichgesinnte zu suchen, die sein Interesse am Mittelalter teilen, habe den Vorteil, dass sie sich untereinander austauschen könne: "Ich kann mein Wissen in der Lederverarbeitung weitergeben, andere kennen sich mit Handarbeiten oder dem Schmieden besser", sagt. Denn darum geht es der Gruppe: Historisches Wissen und handwerkliche Fähigkeiten aus einer längst vergessenen Zeit bewahren und weitergeben. So nähen die Mitglieder beispielsweise ihre Gewandung - so nennen sich die mittelalterliche Kleidung - selbst. "Zwar mit der Nähmaschine und die Stoffe weben wir auch nicht selbst", gibt Juliane Backhaus zu. Deshalb bemühen sie sich, auf regionale Anbieter wie etwa die Warburger Stoff- und Nähstube von Angelika Voullié zurückzugreifen. Stickereien werden in mühevoller Handarbeit angebracht, Schmuck etwa aus Perlen und Lederbändern selbst gebastelt. "Es ist ein Ausbrechen und Abtauchen in eine andere Welt, ein Pendant zu unserem schnelllebigen Alltag", beschreibt Andreas Schnell seine Faszination am Mittelalter. Auf Technik und Elektronik ganz bewusst zu verzichten, das sei eine Herausforderung - die sich lohne. »Die Diemel braucht ein Drachenboot« Wenn sie irgendwo gemeinsam ein Lager errichten, müssten sie mittags anfangen das Feuer zu schüren, damit sie abends etwas Warmes zu essen haben, erzählt die Gruppe. Was für viele nach unnötiger Anstrengung klingt, genießen sie als besondere Form der Entschleunigung. Egal ob Wikinger, Nordmänner oder Soldaten im Kettenhemd, wie sie im 12. Jahrhundert zur Zeit des Königs Barbarossa gelebt haben - sie alle finden einen Platz in der Gruppe. "Wir sehen das mit der historischen Eingrenzung nicht so streng und kommen aus allen Epochen des Mittelalters", sagt Andreas Schnell. Alles, was sich historisch irgendwo zwischen den Jahren 700 und 1300 bewegt, sei willkommen. "Das ist es auch, was die Gruppe ausmacht: Man gehört sofort dazu und findet viele gute Freunde", sagt Milena Kaiser. Zukünftig würden die Mittelalterfans gerne ein Zeltlager in der Umgebung von Warburg veranstalten und einige Tage nach den Bräuchen des Mittelalters leben. Deshalb sucht die Gruppe im Umkreis von drei bis Kilometern ein Grundstück. "Es wäre großartig, wenn sich jemand finden würde, der uns eine Fläche von bis zu 1.000 Quadratmetern zur Verfügung stellt", sagt Andreas Schnell. "Wir hinterlassen das Grundstück auch genauso sauber, wie wir es vorgefunden haben", verspricht er. Gemeinsam kochen, nähen, Waffen schmieden oder Schwertkämpfe üben, darum gehe es ihnen. Die Kinder sollen raus, nicht den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzen. Wikinger Tobias Schwinning beispielsweise plant, ein Drachenboot zu bauen. "Die Diemel braucht ein Drachenboot," findet er.

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