Warburg. Bis Sonntag noch drehen sich die Karussells auf dem Schützenplatz, zapfen die Wirte noch Urtyp und Pils hinterm Tresen im großen Festzelt. Zeit für einen Faktencheck der Oktoberwoche: Wie viele Gäste passen eigentlich ins große Zelt? Wie viel Strom frisst die Oktoberwoche und dürfen Hunde eigentlich ins Gewerbezelt?
A wie Ausnahmezustand: Neun Tage lang wird in Warburg die Oktoberwoche gefeiert, die ganze Stadt freut sich auf das traditionelle Volksfest auf dem Schützenplatz. In diesem Jahr ist es die 68. Auflage, 1949 wurde Premiere gefeiert. Im vergangenen Jahr zählte die Oktoberwoche 400.000 Besucher.
B wie Bier. Seit 1957 braut die Warburger Brauerei Kohlschein zur Oktoberwoche ein Festbier, den sogenannten Urtyp. Auf die Idee war der Großvater von Franz-Axel Kohlschein anlässlich des Brauerei-Jubiläums gekommen, das 1957 begangen werden sollte: 125 Jahre Brauerei Kohlschein. Dass die Brauerei schon viel älter war, sollte sich erst später herausstellen. Auf jeden Fall wollte Kohlschein zu diesem festlichen Anlass ein Braunbier, vergleichbar mit den dunklen bayerischen Festbieren, auf den Markt bringen. In den Jahren zuvor wurde auf der Oktoberwoche helles Bier ausgeschenkt.
C wie Camping. "Viele unserer Gäste kommen seit 30,40 Jahren, manche sogar seit 50 Jahren extra nur für die Oktoberwoche auf den Campingplatz", sagt Karin Göbel vom Campingplatz Eversburg. Die meisten Gäste, die auf dem Gelände der Eversburg residieren, kommen aus Holland. Ihr liebstes Souvenir von der Oktoberwoche: das Urtyp. "Davon nehmen sie auch gerne reichlich mit nach Hause", sagt sie.
D wie Dirndl. Immer beliebter und gerne getragen wird die bayerische Tracht auch auf der Oktoberwoche in Warburg. Allerdings hat sich dieser Trend erst seit fünf, sechs Jahren entwickelt. Die Neue Westfälische hat mit ihrem großen "Dirndlabend", den sie seit einigen Jahren auf der Woche veranstaltet, einen wesentlichen Anteil an diesem Trend.
E wie Energieversorgung. Wie eine eigene kleine Stadt wird die Oktoberwoche mit Energie versorgt. Ohne Strom, Wasser und Erdgas würde auf dem Schützenplatz überhaupt nichts funktionieren. Dort fließt der Saft durch zweieinhalb Kilometer Kabel, die unterirdisch verlegt sind. Im Laufe der sieben Tage verbraucht der Festwochenbetrieb rund 75.000 Kilowattstunden. Mit dem Energieverbrauch könnten etwa 20 Haushalte ein ganzes Jahr lang versorgt werden.
F wie Flirten. Natürlich. Was für eine Frage: Ein riesiges Thema auf dem großen Volksfest. "Im Grunde ist die Oktoberwoche ein kleiner Heiratsmarkt", sagt eine junge Warburgerin, die der Redaktion wohl bekannt ist, die aber namentlich nicht genannt werden will. In den Festzelten und auf dem Rummel wird nicht nur gefeiert, sondern auch heftigst geflirtet. "Man trifft ja hier nicht nur altbekannte Gesichter, sondern eben auch Warburger, mit denen man im normalen Alltag keine Berührungspunkte hätte", sagt die Warburgerin mit einem Augenzwinkern.
G wie Gewerbezelt. Auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern präsentieren sich in diesem Jahr 68 Aussteller aus der gesamten Region. Auch wenn die Zusammensetzung von Jahr zu Jahr nahezu unverändert bleibt, gehört für die meisten Oktoberwochengänger auch ein Besuch in diesem Zelt dazu. Besucher Trynko Pelgrim aus den Niederlanden kommt seit 30 Jahren zur Oktoberwoche nach Warburg und geht jedes Mal gerne durch die Ausstellung: "Über ein paar neue Betriebe oder Aussteller würde ich mich freuen", sagt er.
H wie Hunde. Hunde dürfen angeleint auf dem Schützenplatz mitgeführt werden. Im Gewerbezelt sind sie nicht erlaubt und auch ins Festzelt dürfen im Hinblick auf Nahrung und Getränke auch keine Vierbeiner hinein.
I wie International. Auf dem großen Festzug am Mittwoch präsentierten sich in diesem Jahr erstmals Bewohner aus den Warburger Flüchtlingsunterkünften. Die Idee dazu stammte von den Flüchtlingspaten der verschiedenen ehrenamtlichen Initiativen.
J wie Janker. Der Janker ist eine Trachten-Jacke, die es für Männer wie Frauen gibt. Ursprünglich angefertigt aus gewalkter Schafswolle, gibt es sie heutzutage auch im leichteren Strick und im modischen Schnitt.
K wie Kulinarisches. Bratwurst, Bratwurst, Bratwurst: Die allermeisten Stände auf dem Rummel bieten tatsächlich den Wurstklassiker und Pommes an. Als Alternative bieten sich ein Steak- und ein Fischstand an, ein türkischer Imbiss, eine Asiabude und zwei Schlemmerbuden für Pizza und Champignongerichte. "Besonders die Bratwurstbuden werden gut angenommen", sagt Norbert Hoffmann.
L wie Lederhose. Muss Mann tragen können. Dazu sind stramme, muskulöse Waden unabdingbar. Dünne Beine - ein absolutes No-Go. Wer original bayerisch gekleidet sein will, trägt eine aus Gamsleder (sehr teuer). Aber zur Not tun es auch die günstigeren Varianten aus Schweins- oder Rindsleder.
M wie Meilenbrock. Der Festwirt ist bereits in seinem 14. Jahr der Oktoberwoche. An starken Tagen beschäftigt der Wirt aus Vinsebeck knapp 100 Leute im Service.
N wie Norbert Hoffmann. Mr. Oktoberwoche. Seit 13 Jahren ist der Warburger Stadtangestellte das Gesicht der Oktoberwoche. Wenn es irgendwo ein Problem gibt, die Aussteller ein Anliegen haben oder ein Ansprechpartner rund um die Festwoche gesucht wird, heißt es nur: "Am besten den Hoffmann anrufen!". Zusammen mit seiner Kollegin Melanie Glade hat er die Organisation der Festwoche fest im Griff. Im Laufe der neun Tage gibt es kaum eine Minute, in der er nicht persönlich vor Ort ist.
O wie Oeffnungszeiten. Täglich öffnet der Rummel um 14 Uhr. Die abendlichen Partys beginnen um 19 Uhr. Nachts gibt es keine direkt Sperrstunde, wohl wird aber mit Rücksicht auf die Anwohner die Musik werktags ab 1 Uhr runtergedreht und bis 2 Uhr sollten die letzten Gäste das Festzelt verlassen haben. An Wochenenden wird die Musik um 2 Uhr abgedreht, und um 3 Uhr wird das Licht im Festzelt ausgemacht.
P wie Promille. Wie in jedem Jahr kontrolliert auch diesmal die Polizei besonders in den Abendstunden gezielt Autofahrer auf den Warburger Straßen, ob sie möglicherweise ein Urtyp zu viel getrunken haben. "Bisher ist es wirklich sehr unauffällig", sagt Polizeisprecher Andreas Hellwig. Trunkenheitsfahrten wurden bisher keine bekannt. "Alle Festbesucher, die noch Auto fahren müssen, lassen das Bier am besten beiseite."
Q wie Quadratmeter. Zum Vergleich: Das Warburger Festzelt bietet auf zwei Etagen und 4.000 Quadratmetern Platz für 4.500 Menschen. Das Hackerzelt auf dem Münchner Oktoberfest hat gut 3.800 Quadratemeter und kann 6.500 Menschen aufnehmen.
R wie Rinne. Pinkelrinne. Im vergangenen Jahr ein Riesenthema, weil die Pinkelrinne fehlte. Sie war auf dem Transport kaputtgegangen und wurde von den männlichen Besuchern schmerzlich vermisst. Diesmal ist sie wieder da: am gewohnten Standort am Zelt oben rechts.
S wie Standpreise. Die einzelnen Stände in der Gewerbeausstellung sind teurer geworden. "Für uns kostet die Anmietung des Zelts 25 Prozent mehr, deshalb sind auch die Preise für die einzelnen Aussteller etwas angehoben geworden", erklärt Norbert Hoffmann. Beispiel: Ein Stand koste jetzt statt 37 Euro 42 Euro.
T wie Taxi. Das Warburger Taxiunternehmen Lütkevedder beispielsweise kommt pro Oktoberwoche auf locker 300 Fahrten. "Die stärksten Tage sind gewöhnlich jene an den Wochenenden", sagt Inhaber Hermann Lütkevedder. Hin und wieder gebe es mal unangenehme Fahrgäste, die sich nicht mehr zu benehmen wissen. "Das sind aber eher die Ausnahmen", so Lütkevedder. Abgelehnt wird übrigens kein Fahrgast, sei er auch noch so stramm.
U wie Urtyp. Urtyp heißt das Festbier der Brauerei Kohlschein (siehe auch B). Den Namen trägt es deshalb, weil es die in Warburg Jahrhunderte alte Tradition der Braunbiere fortsetzt. Die Rezeptur für das Urtyp, so erklärt es Franz-Axel Kohlschein, sei im Wesentlichen seit 1957 unverändert. "Durch den Fortschritt der Brautechnik entwickelt sich unser Bier im Laufe der Jahre. Wenn Sie das Urtyp von 1957 mit dem von heute geschmacklich vergleichen, würden Sie einen leichten Unterschied feststellen."
V wie Verloren. Im Laufe der Oktoberwoche geht den Gästen so einiges verloren. "In den ersten Tagen sind locker zwei Müllsäcke zusammengekommen", sagt Norbert Hoffmann. Unter den Fundstücken befinden sich Winterjacken, ja sogar Musikinstrumente.
W wie Wadenattrappe. Stramm und muskulös sollten sie beim Mann sein - wie schon unter L wie Lederhose beschrieben. Für den schwach-bewadeten Herrn gibt es die Loferln, die in Kombination mit derben Trachtenstrümpfen getragen werden und ursprünglich vor Kälte schützen sollten. Die Loferl sehen aus wie Wadenwärmer und werden über die dickste Stelle der Waden getragen, um sie muskulöser erscheinen zu lassen.
X wie Xanthippe. Das Bier kommt zu langsam an den Tisch? Die Bedienung übersieht Sie schon zum xten Mal? Dann fluchen Sie doch (aber besser ganz, ganz leise!): "Du gschärte Xanthippe!" Das heißt soviel wie: Sie fiese Frau!
Y wie Youtube: Achtung, Oktoberwochengänger, die Smartphones sitzen ziemlich locker. Wer allzu kräftig einen übern Durst trinkt, lallend durchs Festzelt schwankt oder sich sonst wie peinlich benimmt, der könnte sich am nächsten Tag auf der Internetplattform Youtube wiederfinden - auf einem Video.
Z wie zu Ende. Die Oktoberwoche geht am kommenden Sonntag zu Ende. Und das Datum für die nächste Festwoche steht auch schon fest: vom 30. September bis 8. Oktober 2017.