"Lust am Treckerfahren reicht nicht aus"

Calenberg. Einen Liter Milch gibt es im Aldi für 42 Cent. Den Verbrauer freut's, den Landwirt nicht. Die Branche steckt tief in der Klemme: Niedrige Preise, hohe Auflagen und harte Arbeit gehen nicht spurlos an den Bauern vorbei. Einige haben bereits das Handtuch geworfen. Andere werden in den nächsten Jahren folgen - auch, weil Nachfolger ausbleiben. Auf dem Hof der Familie Rose in Calenberg ist das anders. Als Tom Rose noch mit dem Spielzeugtrecker durch die Pfützen sauste, fasste er einen Entschluss: "Ich werde Landwirt". Bis heute hat sich an dem Kindheitstraum nichts geändert. Mit 21 Jahren kommt er seinem Ziel immer näher. Im kommenden Jahr will er im Betrieb seines Vaters einsteigen. Bis dahin war es ein weiter Weg. "Lust am Treckerfahren reicht nicht mehr aus", sagt Tom Rose. Genauso wenig wie eine normale Ausbildung. Er weiß: "Der Umgang mit Bürokratie, Anträgen und betriebswirtschaftlichen Aspekten ist ganz wichtig." Die Arbeit habe sich ins Büro verlagert. Deshalb ist der Calenberger nach seinem Realschulabschluss nicht sofort auf dem landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters eingestiegen. Tom Rose entschied sich, weiterhin die Schulbank zu drücken. "Ich dachte mir: Wenn ich schon einmal dran bin, mache ich direkt weiter". Nach seiner Schulzeit in Warburg folgte eine dreijährige Lehre - unter anderem auf einem Hof in Daseburg. Danach absolvierte er ein Praxisjahr sowie ein Praktikum in Osnabrück. Aktuell wird er in Fritzlar an der landwirtschaftlichen Fachhochschule ausgebildet. Inhalte der Ausbildung sind unter anderem Tier- und Pflanzenproduktion, Betriebsführung sowie kaufmännisches und politisches Wissen. Wenn alles klappt, darf er sich im nächsten Jahr staatlich geprüfter Agrarbetriebswirt nennen. Das kommt laut Rose einem Bachelor gleich. Theorie, Papierkram, Abschlüsse: All das sei wichtig, aber letztlich nicht entscheidend. "Ich muss voll und ganz hinter dem Beruf stehen. Das zählt", sagt Tom Rose. Auch von angenehmen Arbeitszeiten müsse man sich als Landwirt verabschieden: Der Tag beginnt morgens um kurz vor 6 mit dem Melken - und endet gegen halb 8 am Abend. Während der Erntezeit verbringt Tom Rose die Abende auf dem Feld - manchmal bis tief in die Nacht. Was andere junge Erwachsene in diesem Alter als Problem betrachten, nimmt Tom Rose gelassen: "Feiern kann ich am Wochenende trotzdem manchmal. Aber ich muss ja nicht immer der Letzte auf der Party sein", sagt er mit breitem Grinsen. Im Calenberger Dorfleben ist er fest verankert - als Mitglied im Schützenverein und in der Feuerwehr. Von Untergangsstimmung in seiner Branche will er nichts wissen. Natürlich sei die aktuelle finanzielle Situation schlecht, aber kein Dauerzustand. "Nach dem Wegfall der Milchquote muss sich der Markt ein bisschen einspielen. Dann werden auch die Preise besser", glaubt er. Ein Blick über die Hofgrenze hinaus ergebe ein gemischtes Bild: Einige Jungen aus der Nachbarschaft wollen die landwirtschaftlichen Betriebe ihrer Väter ebenfalls weiterführen. Es gebe aber auch Höfe in der Nähe, die aufgrund der finanziellen Situation vorzeitig ausscheiden müssten. Sie sind Tom Rose eine Warnung: "Ich darf nicht zu große Schritte machen, muss die Kosten im Blick haben und darf nur in Etappen investieren und erweitern". Demnächst soll der Melkstall ausgebaut werden. Der Betrieb der Roses umfasst rund 100 Hektar und 150 Kühe. Tom Rose kennt jede Einzelne beim Namen. Wenn er seine Ausbildung zum Betriebswirt beendet, findet er einen gesunden, familiären Betrieb vor. Vater, Mutter, Großvater und ein Azubi packen mit an. Dass Tom den Betrieb eines Tages übernehmen werde, zeichnete sich laut Vater Ingo bereits vor zehn Jahren ab. Sonst hätte er auch nicht mehr investiert. "Wir schauen optimistisch in die Zukunft, weil wir breit aufgestellt sind", sagt Vater Ingo Rose.

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