
Steinheim. Sie pflegen ihn gern selbst, den Mythos der „schönsten Männer der Stadt“: Steinheims Gardisten schauen in dieser Session auf ihre 22-jährige Geschichte zurück, in der sie durchaus mehr bewegt haben als nur das Schwingen der eigenen Popos zu Hits wie „Sex Bomb“. Höhepunkt ihres kleinen jecken Jubiläums war jüngst ein Kostümfest in der Stadthalle, bei dem alle Steinheimer Karnevalisten einfach mal entspannt an den Tischen sitzen blieben – und trotzdem gab’s ein kunterbuntes Bühnenprogramm.
„Feucht-fröhliche Runde“
„Garde, das ist eine Zusammenkunft schöner bis schönster Männer. . .“: Weiter kam Lothar Runte im Jahr 2002 nicht, als er den Jecken beim großen Galaabend die neu gegründete Männergarde vorstellen wollte. Denn das Publikum johlte euphorisch – und der Mythos der „schönsten Männer Steinheims“ war geboren.

Zuvor hatten sich 18 Narren zu eben dieser Garde nach rheinischem Vorbild zusammengeschlossen und „in feierlicher, feucht-fröhlicher Runde“, wie sie selbst erzählen, allesamt die Gründungsurkunde unterzeichnet. Alles eine Idee von Jochen Behma und eben Lothar Runte. Eingekleidet in den Farben des Steinheimer Stadtwappens. Und: Zur Krönung des Ganzen kam auch die Tollität der Session 2001/2002 aus den Reihen der Gründungsmitglieder der Garde: „Prinz Markus Struck, die Leuchte der Kumpspringer“.
Mann wird zur Eiskönigin
Schnell kam dann der Showtanz dazu: „Waren es zunächst Mitmachtänze wie ,YMCA’, haben wir unseren Tanz in den folgenden Jahren stetig weiterentwickelt und immer anspruchsvollere Stücke einstudiert und präsentiert“, erinnert sich Hans-Henning Sudau, Gardist Nr. 5. Dass sie sich tänzerisch in immer neue Sphären begeben, liegt vor allem auch an ihren Trainerinnen: War es zunächst Conny Sudau, ist es inzwischen Britta Rohde, die den feschen Herren in den Tanzstunden einiges abverlangt.
Dass sich dieses Training lohnt, zeigt immer wieder die Begeisterung des närrischen Publikums. Die Garde selbst erinnert sich gern an ihre tänzerischen Höhepunkte zu „Sex Bomb“, „Piraten“ oder „Die Boygroup“ – und erst beim jüngsten Galaabend fingen die Männer mit ihrer Version der Eiskönigin so manches Musicalherz ein, bewegten sich zu Flashdance und flitzten sogar à la Starlight Express durch die Steinheimer Stadthalle. Alles natürlich in der passenden Klamotte.
Mehr als nur tanzen?
Die Garde nahm von Beginn an schnell Fahrt auf im Steinheimer Karneval, „suchte und fand ihren Platz dort in vielfältiger Weise“, wie Sudau sagt. Denn: Neben der Pflege des Gardetanzes und den eigenen spaßigen Auftritten unterstützen die Gardisten auch den Kinderkarneval. „Wir stellen mit Sven Brand den Kinderhofmarschall und sorgen dafür, dass die Räumlichkeiten für die Veranstaltungen entsprechend vorbereitet sind“, heißt es. Zudem begleiten die Männer den Festumzug der Kinder am Rosenmontag und sichern ihn ab. Und auch am Nachmittag des Rosenmontags sind die Gardisten gefragt: Sie begleiten das Prinzenpaar sowohl im Festumzug als auch beim Feiern danach. Eine Zeit lang veranstalteten die Männer zudem einen eigenen Festball: ein Mix aus Tanz und Bütt.
Ist eine Session vorbei, macht es sich die Garde – inzwischen 46 Mann stark – bei Wanderungen und Ausflügen gesellig. Dabei ein Highlight: die Besichtigung des Quartiers der Roten Funken in Köln.
Auch repräsentativ geht’s für die Garde regelmäßig über die Grenzen der Emmerstadt hinaus: „Wir tragen den Steineimer Karneval seit Jahren auch in andere Orte des Kreises Höxter sowie der Kreise Lippe und Paderborn“, erzählt Sudau in der Historie der Garde. „So schlossen wir gute Kontakte zu anderen Karnevalsvereinen und -gesellschaften, beispielsweise zur KG Brakel Radau, der Bad Driburger Stadtgarde oder zu Pümmissen Wui Wui.“ Und auch bei den Karnevalisten von Hasi Palau haben die Steinheimer Männer schon zu einer Stippvisite in Paderborn vorbeigeschaut.
„Besonders in Erinnerung geblieben sind die freundschaftlichen Zusammentreffen mit der Nömschen Brut beim Karneval des MGV Liederkranz“, sagt der Gardist Nr. 5 weiter.
„Olle meh“ in Steinheim
Viele dieser befreundeten Jecken waren nun auch zum großen Kostümfest in die Steinheimer Stadthalle gekommen, unter anderem aus Beverungen und Nieheim. Närrische 333 Gäste waren es insgesamt. Oberstleutnant und Kommandeur Andree Moczek begrüßte nahezu jeden Gast einzeln und ließ für jede Karnevalsgesellschaft auch ganz stilecht den passenden Ruf erklingen – so auch ein schallendes „Olle meh“ für die Nieheimer Jecken. Für Vizepräsident Dirk Guse gab es zudem ein besonderes „Geschenk“: und zwar die schwarze Katze, die seit einiger Zeit aus der Käsestadt verschwunden gewesen war. . .
„Wahre Tanzexplosion“
Da man sich selbst und den anderen Steinheimer Narren ausnahmsweise einen entspannten Büttenabend ohne eigene Bühnenverpflichtungen bescheren wollte, waren die Gardisten im Vorfeld auf große „Shoppingtour“ gegangen und hatten ein kunterbuntes Programm mit ausschließlich externen, in der Karnevalsszene bekannten Künstlern zusammengestellt und gebucht.

So kündigte Moczek für den Abend unter anderem eine „wahre Tanzexplosion“ an – und hielt Wort. Denn die Showtanzgruppe „Diwo“ vom SC Ostenland nahm mit ihren mehr als 30 Tänzerinnen nicht nur die gesamte Bühne der Stadthalle ein, sondern begeisterte bei ihrem Auftritt „We all dream of Hawaii“ mit einer eindrucksvollen Choreographie sowie dem Einsatz von Schwarzlicht und leuchtenden Farben. Darüber hinaus verlieh Bauchredner Peter Moreno dem Jackett von Hofmarschall Marc Obermann eine Stimme, die Männer der „12 Tornados“ wirbelten über die Bühne, und Hausmeister Bolle glänzte im Rampenlicht mit jecker Zauberkunst.