Zur Möbelgeschichte in Steinheim gibt es jetzt eine App mit Interviews

Steinheim. Es gab eine Zeit, da waren Möbelstücke noch regelrechte Kunstwerke. Schränke waren Skulpturen, Sofas Schiffe – und ein Tisch war eine Insel der Wohnkultur. Von dieser Zeit erzählt das Möbelmuseum in Steinheim, denn Steinheim war in OWL das Zentrum hochwertiger Möbelproduktion. Was ist daraus geworden, warum gibt es das heute nicht mehr? Eine Antwort darauf gibt ein Zeitzeugenprojekt des Möbelmuseums. Die Münsteraner promovierte Historikerin Alexandra Bloch Pfister hat über den Sommer 16 Zeitzeugen-Interviews geführt und diese zu einer Dokumentation über den Strukturwandel und den damit verbundenen Niedergang der Steinheimer Möbelproduktion zusammengefasst. &bdquo;Im Museum erinnern wir gewissermaßen an die goldenen Zeiten der Steinheimer Möbelproduktion, dem fügen wir nun ein weiteres Kapitel hinzu“, erklärt die Vorsitzende des Fördervereins Möbelmuseum, Regina Schuler. Die Möbelfabrik Anton Spilker war ein Vorzeigebetrieb der Hoch-Zeit der Steinheimer Möbelproduktion. &bdquo;In den besten Zeiten hatte ich noch 120 Mitarbeiter“, erzählt Ursula Spilker (85), letzte Chefin des stadtgeschichtlich bedeutsamen Unternehmens. In der vierten Generation hat die Steinheimerin 13 Jahre lang den Betrieb geführt und schließlich die Insolvenz abwickeln müssen. &bdquo;Der Markt war ein völlig anderer geworden, aber es war nicht mehr der Markt für Spilker-Möbel“, erzählt die letzte Repräsentantin, die selbst noch das Tischlerhandwerk erlernt hat, bevor sie in der vierten Generation die Firmenleitung übernommen hatte. Jetzt waren die teilnehmenden Zeitzeugen zu einer Abschlusspräsentation des Projekts im Möbelmuseum zusammengekommen. &bdquo;Es handelt sich ja um ein Digital-Projekt, für das extra eine App entwickelt worden ist. Jetzt sollen erstmal die Akteure Gelegenheit bekommen, sich das Resultat anzuschauen, bevor die Dokumentation dann in der nächsten Saison allen Besuchern des Möbelmuseums zur Verfügung steht“, erläutert die Vorsitzende. Gespräche wurden auf Video aufgenommen Im Mai war das Projekt gestartet. Historikerin Bloch Pfister hat mit den Teilnehmern Gespräche geführt, die gleichzeitig auch auf Video aufgenommen wurden. Die Akteure, die alle in der Steinheimer Möbelproduktion tätig waren, erzählen dort in zwei bis vier Minuten langen Sequenzen ihre ganz persönlichen Erlebnisse. Der Jüngste ist der Steinheimer Tischler Michael Kroos (38), der heute in Horn-Bad Meinberg arbeitet. &bdquo;Ich habe damals hier in Steinheim bei Incasa meine Ausbildung gemacht, aber von Anfang an ging es nur um das Thema Krise“, erzählt Kroos. 2008 war das Stammwerk des Schlafmöbelherstellers geschlossen worden. Zumindest ist der Name des Qualitätsproduzenten im Kreis Höxter geblieben. Incasa gehört heute zu den Decker Möbelwerken in Borgholz. Tischlermeister August Waldhoff (87) gehört zu den ältesten. Gemeinsam mit Ursula Spilker hatte Waldhoff vor einigen Jahren die 320 Seiten starke Dokumentation &bdquo;1864 bis 2014 – 150 Jahre Steinheimer Möbel“ herausgegeben. &bdquo;Diese Interviews sind eine gute Ergänzung. Sie halten das letzte Kapitel dieser Industriegeschichte lebendig“, betonte Waldhoff. &bdquo;Fabrik geschnitzter Möbel“ war der Stammbetrieb Die im Jahre 1864 von Anton Spilker übernommene &bdquo;Fabrik geschnitzter Möbel“ gilt als Stammbetrieb der Steinheimer Möbelindustrie. Alle in der Folge entstandenen Betriebe gehen auf Lehrlinge, Gesellen und Handwerksmeister des Unternehmens Spilker zurück. Auch die Möbelfabrik Günther, in der sich seit genau 20 Jahren das Möbelmuseum befindet, hat dort ihre Wurzeln. Weihnachten geht das Möbelmuseum in die Winterpause. Die neue Saison startet am 1. April. Vorsitzende Regina Schuler: &bdquo;Dann wird es auch eine offizielle Eröffnung des digitalen Zeitzeugenprojekts geben.“ An verschiedenen Medienstationen sollen künftig im Museum diese Berichte sowie weitere, digital aufbereitete Informationen zur Geschichte und Entwicklung der Möbelindustrie in Steinheim und Ostwestfalen im Möbelmuseum abrufbar sein.

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