
Steinheim. Bei der Kreisverwaltung Höxter wurde ein Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides zur Errichtung von drei Windkrafträdern in der Nähe der beiden Steinheimer Ortschaften Hagedorn und Rolfzen gestellt. In der Ratssitzung am Montagabend stellte sich Steinheims Bürgermeister Carsten Torke gegen dieses Ansinnen.
Sein Nein zum gemeindlichen Einvernehmen für die beantragte Fläche bei Hagedorn begründete er in der Ratsvorlage damit, dass die Ausweisung von Konzentrationsflächen für die Windkraft mit einem rechtskräftigen Flächennutzungsplan geregelt sei. Ein weiterer Punkt ist für ihn ein Mindestabstand der bis zu 241 Meter hohen Windkrafträder bis zur nächsten Wohnbebauung von mindestens 1.000 Metern. Der Antrag von Prowin spricht dagegen von nur 740 Metern Abstand. Torke musste aber in der Beratung auch zugeben, dass dem antragstellenden Projektierer der Klageweg gegen den Flächennutzungsplan „Lerchenfeld" offenstehe.
88 von 90 Hagedornern hatten sich an Unterschriftenaktion beteiligt
Zahlreiche Hagedorner Bürger verfolgten die Ratssitzung, denn seit einigen Jahren drehen sich bereits in einem Abstand von 600 Metern zur Ortschaft Hagedorn schon vier Windräder – die im Moment einzigen in der gesamten Fläche der Stadt Steinheim. Einer ihrer Zuhörer, der ehemalige CDU-Ratsherr Georg Drengk, ergriff das Wort und sprach von einer anschließenden 180 Grad Südsicht auf die Windräder. Prowin hatte in den vergangenen Monaten massiv in Hagedorn und Umgebung für den neuen Windpark geworben. Laut Aussage von Drengk standen in den öffentlichen Gesprächen sechs Windräder im Raum mit Abständen von nur 630 Metern bis zur nächsten Bebauung.
Im Sommer hatten sich noch 88 von 90 Hagedornern an der Unterschriftenaktion gegen den neuen Windpark beteiligt und diese Liste dem Steinheimer Bürgermeister übergeben. Obwohl damals die Ortsheimatpflegerin Birte Brand gegenüber der NW erklärte, dass nicht alle Leute käuflich seien, räumte jetzt zwei Monate später Drengk ein, dass es wohl doch schon zu Vereinbarungen zwischen einigen Grundstückseigentümern und Prowin gekommen sei.
Bürgermeister wünscht sich Klarheit
Die Hagedorner fordern exakt einen Mindestabstand von der fünffachen Anlagenhöhe (zum Beispiel 250 Meter Höhe = 1.250 Meter Abstand) bei geringerer Anlagenhöhe mindestens 1.000 Meter. Derartige Abstandsgarantien – in Bayern wird von der Landesregierung sogar ein Faktor 10 favorisiert – liegen in Nordrhein-Westfalen zurzeit noch nicht vor. In NRW wird noch die „Technische Anleitung Lärm" bei Genehmigungsverfahren mit einbezogen.
In diesem Zusammenhang wünschte sich Torke endlich Klarheit über die im NRW-Koalitionsvertrag vereinbarte 1.500-Meter-Abstandsregel durch die nordrhein-westfälische Landesregierung und sprach von Rechts- und Planungsunsicherheit in den Kommunen.
Die Stadt Steinheim will am 9. November in einer Bürgerinformationsveranstaltung in der Stadthalle über den aktuellen Sachstand zur Windenergie in Steinheim informieren. Das Bielefelder Planungsbüro Drees & Husemann wird dann auch seine Untersuchungsergebnisse zu harten und weichen Tabukriterien für Windkonzentrationszonen vorstellen. Bis zum Jahresende soll dann die Politik beschließen, wo in Steinheim neue Windräder zugelassen werden.
KOMMENTAR DER REDAKTION
"Hoffentlich ist es noch nicht zu spät"
Schon 2015 hatte der SPD-Ratsherr Frank Oppermann bei den ersten Beratungen zur Ausweisung von ausreichend großen Windkonzentrationsflächen im Stadtgebiet und einer damals sehr großen mehrheitlichen Ratsskepsis davor gewarnt, dass sich Interessenten mit Klagen unerwünschten Zutritt für Windparks verschaffen könnten. Mittlerweile scheinen zahlreiche Verwaltungsgerichtsurteile dies zu bestätigen.
Auch scheint es im Moment nicht mehr zu helfen, mit in der Planung stehenden Konzentrationsflächen die Gerichte zum Abwarten zu überzeugen. Sieht sich nun die Stadt Steinheim durch den Projektierer Prowin einem derartigen Klageverfahren ausgesetzt? Wie zu hören war, will sich die Sparkasse Höxter als ein örtlicher Interessent am neuen Hagedorner Bürgerwindpark nicht an einem Klageverfahren beteiligen.
Für Steinheims Bürgermeister Carsten Torke ist die seit 1998 in der Nähe Hagedorns betriebene und nicht mehr anfechtbare Konzentrationsfläche für die Windkraft durch einen rechtskräftigen Flächennutzungsplan geregelt. Ob aber diese kleine mit vier Anlagen betriebene Fläche im Sinne des nordrhein-westfälischen Wind-Erlasses aus dem Jahr 2015 ausreicht, sei dahingestellt. Der Erlass fordert eine Mindestgröße von zwei Prozent des Stadtgebietes, und die seit zwei Jahren diskutierte Konzentrationsfläche im Steinheimer Becken ist noch nicht in trockenen Tüchern. Darum ist es für die Stadt Steinheim kurz vor zwölf und eine Entscheidung muss dringend her. Persönliche Sichtweisen mit „dann sieht man nicht mehr unseren Kirchturm" oder Ähnliches müssen überwunden werden, wenn man weiterhin planerische Selbstbestimmung haben möchte, wo Windparks im eigenen Stadtgebiet gebaut werden.