Bilanz: Bürgermeister Torke über Ziele, Ideen, Herausforderungen, was er mag, was nervt

Steinheim. "Es gibt kein richtig oder falsch - jeder entwickelt seinen eigenen Arbeitsstil, ein Konzept, wie er das Amt ausfüllt und ausübt. Das hat viel mit Bauchgefühl zu tun", sagt Carsten Torke (50). Seit knapp einem Jahr ist der Familienvater mit drei Kindern Bürgermeister seiner Heimatstadt. Und fühlt sich wohl, ist angekommen. "Ich bin ein Steinchen in dem Mosaik - wie alle anderen auch. Und es muss vernünftig zusammenpassen, dann sieht?s gut aus", sagt er und setzt auf Teamarbeit für Steinheim und auf die Familie und Freunde, die ihm den Rücken freihalten, ihn unterstützen und auch mal Privatmensch sein lassen. Das Jahr in drei Worten"Schnelllebig, zeitintensiv und hochinteressant": Er komme aus einem zeitintensiven Beruf - war fast drei Jahrzehnte bei der Bundeswehr, wurde achtmal versetzt, war 14 Jahre Pendler, fast zwei Jahre im Auslandseinsatz. "Sehr abwechslungsreich und fordernd. Aber immer wieder mit Ruhephasen dazwischen." Nun sei sein Zeitkontingent gleichbleibend hoch, dafür sei er abends zu Hause, könne die Familie auch mal mit zu einer Veranstaltung nehmen. Wer es mag, was nervt"Kein Tag ist wie der andere. Es ist wahnsinnig spannend." Das Zusammenspiel der Kräfte funktioniere. "Aber mich nervt manchmal der Spagat, den ich machen muss: Erst noch einen Termin, danach bin ich zu Hause. Aber hinterher weiß ich: Jawohl, das war gut so." Es gebe fremdbestimmte Termine, aber auch solche, die er steuern könne. Seine Maxime: Viel unterwegs sein bei den Menschen, den direkten Kontakt suchen und das "Ohr am Puls des Bürgers", wie er sagt. Um Infos und Anregungen zu bekommen, das Gespräch zu suchen, auch mal Dinge persönlich zu klären und zu erklären. So gehe er auf die Runde durchs Rathaus und die städtischen Einrichtungen wie Bauhof, Kläranlage oder Kindergärten, aber auch mittags mal über den Marktplatz. Herausforderung 2015"Wir sind im vierten Quartal überrollt worden von der Flüchtlingswelle", sagt Torke. "Viele Entscheidungen mussten kurzfristig getroffen werden, weil pro Woche 30 oder 40 Zuweisungen kamen." Er sei froh gewesen, in seinem früheren Beruf Erfahrungen mit Krisensituationen gesammelt zu haben. "Wir wussten auch beim Elbe-Hochwasser bei Magdeburg nicht, was uns erwartet, hatten so etwas noch nie gemacht, mussten immer wieder neu mit Menschen zusammenarbeiten." Die Situation mit den Flüchtlingen sei analog gewesen. "Wohnraum generieren, Sachleistungen zuweisen. Wir haben teilweise von der Hand in den Mund gelebt." Größten Respekt und Anerkennung zollt Torke dem Team im Rathaus in allen Abteilungen, der Politik fürs schnelle Handeln und dem "wahnsinnigen ehrenamtlichen Engagement der Menschen in ihrer Freizeit, ohne das wir diese Situation nicht gestemmt hätten". Herausforderung 2017"Sicherlich weiterhin das Thema Asyl - auch wenn es derzeit ruhig ist und wir keine weiteren Zuweisungen bekommen haben. Die Arbeit für die Integration der Menschen beginnt - und das ist ein intensiverer Arbeitsprozess als zuvor." Bestimmend sein werde auch das Thema Windenergie im Stadtgebiet. Man wolle die Flächen in Steinheim extern begutachten lassen und sich für einen entscheiden. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, betont Torke. Am 10. November um 19 Uhr plant er in der Stadthalle Steinheim eine öffentliche Informationsveranstaltung, um die Bürger auf den Stand der Dinge zu bringen. "Es wird erzählt, wir planten einen Windpark. Nein, mitnichten, null. Wir sind noch mitten im Prozess der Abwägung. Wir sollten uns dem Thema in Ruhe widmen, uns für eine Fläche entscheiden und diese dann ausweisen." Wichtige ThemenDie Sanierung der Stadthalle - oder nicht (drittes Treffen des Arbeitskreises) und der Aula, die interkommunale Zusammenarbeit mit Marienmünster und Nieheim (nächstes Treffen nach den Herbstferien) oder die Umwidmung der Förderschule im Zuge der Stadtentwicklung: Der Stadtumbau West sei nicht beendet, vielmehr gelte es, das Konzept fortzuschreiben. "Wir dürfen das nicht verebben lassen." Torke spricht von der Entwicklung in der Kernstadt (Brachflächen, Leerstände im Gewerbe und Privatbereich, Emmerauen), aber auch von den vielen positiven Entwicklungen durch die Dorfwerkstätten in den umliegenden Orten, die viel Potenzial aufgezeigt und Impulse gegeben hätten. "Sicher, man braucht einen langen Atem, muss den Finger immer wieder in die Wunde legen. Aber man darf nicht nur verwalten, was wir haben. Sondern Motor sein mit neuen Ideen." Und dafür bräuchten die Ortschaften nun Hilfestellungen. Mobilität"Im Wahlkampf habe ich vom Bürgerbus gesprochen." Mit dem neuen Fahrplan seit Mitte Juli habe man eine Anbindung der Ortsteile im Stundentakt an die Kernstadt ("unabdingbar im ländlichen Raum"). Für Torke ein wichtiger "Versuchsballon" für einen möglichen Bürgerbus, um zu sehen, wie diese Taktung angenommen werde. Wünsche"Ich gucke nicht zurück, das kann ich nicht beeinflussen. Aber die Zukunft gestalten", sagt der Bürgermeister. Dazu gehöre die Entwicklung der Kernstadt als Bildungs- und Wirtschaftsstandort ebenso wie der Akzent auf die dörfliche Entwicklung. Persönlich setzt er auf sein privates Team daheim, das ihn unterstützt. Auf das "tolle Team der Rathaus-Mannschaft" und darauf, eine transparente Informationspolitik zu machen - sowohl für die Bürger wie auch für die Kommunalpolitiker. Carsten Torke: "Man wird nicht immer einer Meinung sein können, es wird auch Stürme geben. Aber alle Diskussionen sollten sachlich und fair geführt werden. Das ist das A und O. Sonst verlieren wir die Kommune aus dem Fokus. Und das darf nicht passieren."

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