Nieheimer Mühle setzt auf Wolle und Kreativität

Oeynhausen. &bdquo;Es fühlt sich an, als wären wir mit Tempo 200 gegen die Wand gefahren“, sagen Corinna und Roland Kummer, während sie in ihrem Oeynhäuser Wohnzimmer warmen Tee trinken. In der örtlichen Mühle wollten sie sich 2020 beruflich neu orientieren und möglichst flugs durchstarten – doch die Corona-Pandemie machte ihnen noch im Frühjahr desselben Jahres einen Strich durch die Rechnung. Es ging zurück in den einst erlernten Beruf, in die IT-Branche. Doch so langsam erhole man sich, heißt es während der wärmenden Teezeit am Freitagnachmittag. Das neue Geschäft von Corinna und Roland Kummer kommt derzeit immer mehr ins Rollen – und alles dreht sich dabei um die Wolle. Aus Tübingen nach Nieheim gekommen, arbeiten die beiden Oeynhäuser mit Elan daran, die urige Mühle aus dem Dornröschenschlaf zu wecken: Im alten Silogebäude haben sie eine Wollmanufaktur eingerichtet. Kistenweise Wolle wartet darin darauf, gewaschen und verarbeitet zu werden. Im Erdgeschoss stehen große Maschinen, in der ersten Etage lagert die ganze Wolle, oben wird im Atelier genäht. So flott wie einst erhofft ist man dabei noch nicht – &bdquo;denn noch betreiben wirs als Nebenjob“, so Roland Kummer. Hauptberuflich pendelt er täglich nach Herford. Doch man arbeite immer weiter daraufhin, dass zukünftig die Wollmanufaktur das Hauptgeschäft sein wird. So, wie es beim Einzug in den Gebäudekomplex der Mühle einst auch angedacht war. In den vergangenen Wochen ist Roland Kummer an den Wochenenden durch die Gegend getingelt und hat seine Produkte auf verschiedenen Märkten vorgestellt, darunter der Nieheimer Käsemarkt, der Warburger Erntedankmarkt und der Öko- und Bauernmarkt in Ottenhausen. Wozu alte Feuerwehrschläuche? Das Interesse der Marktbesuchern sei groß – vor allem an den eher außergewöhnlichen Wollfilz-Produkten, wie der Matte für Brennholz. &bdquo;Es krümelt nichts heraus und wenn die dekorative Matte leer ist, dann kann sie platzsparend zusammengeklappt werden“, sagt Roland Kummer. Durch zwei Tragegriffe lässt sich Holz auf der Matte bestens transportieren – und der Clou dabei: &bdquo;Die Griffe sind aus ausrangierten Schläuchen der Brakeler Feuerwehr genäht“, so der talentierte Handwerker. Denn: Wie das Schonen von Ressourcen und das Tierwohl erhält auch das Re- und Upcycling in der Oeynhäuser Mühle einen hohen Stellenwert. Alles solle fair, ökologisch und regional sein. Dreimal genutztes Wasser und Kernseife Die Kummers halten selbst einige Schafe auf den Wiesen rund um die Mühle. &bdquo;Sie erfreuen sich dort an Gras, Heu, Sonne und Regen“, sagen sie. Größere Wolllieferanten, die den Weg zur Mühle wählen, seien bio-zertifiziert, heißts. Und es sind sowohl die kleineren Schäfer, von denen es einige in der Region gibt, als auch die größeren Betriebe, für die Roland Kummer ein Anlaufpunkt sein möchte: &bdquo;Ich habe festgestellt, dass die Wolle von vielen Schafen einfach entsorgt wird, weil es für große Industriebetriebe zu teuer ist, sie zu verarbeiten“, erzählt er. Aus wirtschaftlicher Sicht für ihn zwar nachvollziehbar, aus ökologischer Sicht allerdings nicht – ist Schafwolle doch ein wertvoller Rohstoff. Und so bietet der Handwerker nun den ganzen Woll-Verarbeitungsprozess an: Dabei macht die schonende Reinigung mit dreimal genutztem Wasser und Kernseife, ohne chemische Zusätze, den Anfang. &bdquo;Die Wolle kann nach dem Trocknen direkt als Füllung für Kissen und Decken eingesetzt werden. Wenn gewünscht, kann auch eine Färbung vorgenommen werden“, so Roland Kummer. Der nächste Schritt ist dann die Herstellung des Kardenvlieses. Mit 80 Zentimetern Breite kann es zu Decken und Sitzpolstern verarbeitet oder für das Handspinnen und Filzen verwendet werden. Individualität ist gefragt Die wenigen weißen, braunen und schwarzen Naturfarben der Wolle können beim Kardieren gemischt und beim Filzen zu Mustern gelegt werden. &bdquo;Dadurch wird die Vielfalt an Farbtönen durch Kreativität im Einklang mit der Natur erhöht“, so Corinna Kummer. Kunden können sich ganz individuelle Produkte bestellten, wie Einlagen für Schuhe oder Kinderwagen, Umhängetaschen oder Kissen. Infos zur Arbeit in der Mühle finden Interessierte auch im Internet, unter www.oeynhauser-muehle.de/wollmanufaktur. Wer genau hinschaut, entdeckt auf den Wiesen rund um die Mühle am Rande der Nieheimer Ortschaft auch einige Ziegen. &bdquo;Sie sind das Hobby unseres Sohnes Sebastian“, sagt Roland Kummer. Zukünftig möchte dieser wohl auch selbst Ziegenkäse herstellen und vermarkten. Man darf gespannt sein. Ferien in &bdquo;Kornblume“ und &bdquo;Ringelblume“ Um das Leben auf dem Oeynhäuser Land zu finanzieren, haben sich Corinna und Roland Kummer übrigens noch etwas einfallen lassen: So gibt es in der Mühle zwei Ferienwohnungen im Obergeschoss des Wohnhauses, die die Namen &bdquo;Kornblume“ und &bdquo;Ringelblume“ bekommen haben. Man wirbt mit Ruhe und Erholung – ohne WLAN und andere funkende Geräte. Denn diese sind auf dem ländlichen Anwesen gar nicht gern gesehen. Vor allem im vergangenen Jahr hätten viele Urlauber das Angebot in der Mühle genutzt. &bdquo;Da boomte ja der Urlaub im eigenen Land“, sagt Roland Kummer. In diesem Jahr seien es etwas weniger Gäste gewesen, aber man sei optimistisch, dass sich auch die Ferienwohnungen weiter gut entwickeln werden. Und entwickeln möchte man auch noch einen Kräutergarten sowie die Obstwiesen und Gemüsebeete. Erste Anfänge gibt es: In den Beeten konnte schon eine Vielzahl an Salaten, Tomaten, Paprika, Auberginen, Bohnen und Zucchini geerntet werden. Viele Vorhaben also rund um die Oeynhäuser Mühle bei Nieheim.

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