Die Kandidaten: Uli Kros will für die Heimat nach Berlin

Nieheim. Er meint es spürbar ernst: Uli Kros, SPD-Kandidat für die Bundestagswahl, will nach Berlin. Aus tiefer sozialdemokratischer Überzeugung. Für die Menschen in seiner Heimat. Und weil es so wie bisher nicht weitergehen könne. &bdquo;Natürlich will ich das Direktmandat gewinnen“, sagt Kros. Er sitzt am großen Holzküchentisch im nach ökologischen Kriterien gebauten Holzhaus, die Hände umfassen eine Tasse schwarzen Tees. Das politische Gespräch dreht sich natürlich um die vielfältigen Fragen des Klimaschutzes, aber auch die dringend notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft und nicht zuletzt um ein sozialeres Miteinander. Themen, die Kros aktuell für besonders wichtig hält. Wenn er seine Thesen erläutert, ist er voll in seinem Element. Gestikuliert eindringlich und manchmal sogar beschwörend. Seine Überzeugung wird spürbar. Er hört aber auch sehr genau zu, lehnt sich dann zurück, die Tasse Tee längst wieder in der Hand. Familie als Kritiker Der Küchentisch ist ein Ort, an dem viel über Politik gesprochen und bisweilen auch intensiv diskutiert wird. Schon weil die politischen Ansichten seiner Frau und seiner drei zum Teil schon erwachsenen Jungs Paul, Anton und Jakob längst nicht immer mit den seinen übereinstimmen. Kros nimmt aus solchen Gesprächen sehr viel mit. &bdquo;Meine Familie ist mein stärkster Kritiker“, sagt der 51-Jährige. Und das sei auch gut so. Die Familie ist es aber auch, die in der Wahlkampfzeit sehr viel zurückstecken müsse. Neben dem Full-Time-Job als Leiter des Chemischen- und Veterinäruntersuchungsamtes in Detmold nehme der Wahlkampf mit seinen vielen Terminen, Veranstaltungen, aber auch Haustür-Gesprächen den kompletten restlichen Tag ein. Kros spricht sogar von einer familienfeindlichen Zeit. Lieblingsort Und so bleibt im Moment auch wenig Zeit für seinen Lieblingsort. Dabei ist der gar nicht weit weg, liegt am Ende seines eigenen Grundstücks in Nieheim, etwa 30 Meter bergauf. Das Feuerwerk zu Silvester sieht von dort ebenso beeindruckend aus wie so mancher Sonnenuntergang. Oft sieht er an dieser Stelle andere Nieheimer oder Touristen sitzen, die die Bank vom Wanderweg aus entdeckten. &bdquo;Ich freue mich, dass dieser Platz auch für andere ein besonderer ist“, sagt Kros. Dieser Blick über die Heimat sei es auch, der ihn nach Berlin treibe. Er will sie bewahren und entwickeln. In seiner kommunalpolitischen Arbeit im Nieheimer Stadtrat seit 2009 habe er erfahren, dass der Gesetzgeber im Bund vielen Ideen auf lokaler Ebene sehr enge Grenzen setze. Das nerve ihn bisweilen gewaltig. &bdquo;Und wenn einen etwas so sehr stört, dann muss man sich selbst daran machen, es zu ändern“, erklärt er seine Motivation. Der ländliche Raum, das ist einer seiner Wahlkampfslogans, sei das Rückgrat Deutschlands. &bdquo;Manchmal muss man in Berlin überhaupt erst daran erinnern, dass es uns gibt, dass es mehr gibt als Berlin und die Ballungszentren“, schreibt er in seinem Wahlkampfflyer. Uli Kros hat klare Vorstellungen wie sich Zukunft gestalten lässt und redet den Menschen dabei niemals nach dem Mund. Er spricht auch aus, wenn Veränderungen dem ein oder anderen wehtun. Beispiel Klimawandel. Der Kampf gegen eine zu starke Erderwärmung werde vor allem auf dem Land gewonnen, ist seine Überzeugung. Hier sei der Platz für den dringend notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien. Zugleich die Belastungen für die Bürger auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, eine schwierige Aufgabe. Lösung Gesamtgesellschaftliche Lösungen zu finden und die Erfahrungen aus der Heimat mit einzubringen – dafür engagiert er sich seit vielen Jahren in der Politik. Die Sozialdemokratie war dabei von Anfang an seine erste Wahl, mit 18 Jahren ist er kurz vor der Wende in die Partei eingetreten. Natürlich wegen der großen Persönlichkeiten wie Willi Brandt und Herbert Wehner. Aber auch, weil er bei den Sozialdemokraten in der Region ein engagiertes Eintreten für ihre Überzeugungen gespürt hat. Gegen viele auch persönliche Widerstände, oft gegen eine schier erdrückende Mehrheit. Es habe ihn überzeugt. Sein Weg Der Weg in die Politik war dabei keinesfalls von Anfang an vorgezeichnet. Aufgewachsen in der Nieheimer Ortschaft Entrup, studiert er nach dem Abitur am Gymnasium St. Xaver in Bad Driburg Veterinärmedizin in Hannover und absolviert schließlich in Göttingen seine wissenschaftlichen Arbeiten für die Promotion. Die jungen Jahre nutzt er auch für eine mehrmonatige Peru- und Bolivien-Reise mit seiner späteren Frau Petra Reineke. Kurze Zeit arbeitet er als Tierarzt im schwäbischen Möttingen, bevor er in die Region zurückkehrt und bei der Bezirksregierung ein Referendariat anfängt. Bald darauf arbeitet er beim Veterinäramt des Kreises Lippe. Seit fast 20 Jahren ist Uli Kros verbeamtet und inzwischen Chef des Chemischen- und Veterinäruntersuchungsamtes in OWL. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit rund 150 Mitarbeitern, die er wie ein mittelständisches Unternehmen führen muss. Die Phase fern der Heimat sei eine wichtige Erfahrung gewesen, habe seinen Blickwinkel erweitert. 2004 aber fiel die Entscheidung der jungen Familie, zurück nach Nieheim zu kommen und hier ein Holzhaus zu bauen. Neben den Kindern gehören inzwischen Schafe, Hühner und Bienen sowie eine Katze zum Haushalt. Wirklich viel Zeit für Hobbys hatte er nie. Doch das Saxofon-Spielen bei der Gruppe Gegenwind ist etwas, dass er sich immer bewahrt hat. Die lange Proben- und Auftrittspause während der Pandemie beschreibt er als belastend. &bdquo;Es ist gut, dass es jetzt bald wieder losgeht.“ Dann wird er auch wieder &bdquo;Da berühren sich Himmel und Erde“ spielen, ein Lied dass ihm immer nahe gehe, egal wie oft er es begleite. Der Wunsch nach einer friedlichen Welt und Gesellschaft – da wird der emotionale Mensch Kros kurz sichtbar. Und schnell wieder politisch. Klare Abgrenzung Er warnt vehement vor der rechtspopulistischen AfD, die seiner Meinung nach Demokratiefeinde seien und die Gesellschaft spalten würden. Sich ihnen offen entgegenstellen – &bdquo;die Aufgabe eines jeden“, ist seine Überzeugung. Er erinnert an den Detmolder Journalisten und Sozialdemokraten Felix Fechenbach, der schon 1933 im Wald bei Warburg von den Nazis ermordet wurde – als sehr viele noch glaubten, die Nationalsozialisten ließen sich zähmen. Ein fataler Irrtum, der Krieg, Verderben, millionenfachen Tod brachte. Deshalb kämpfe er dafür, dass die AfD nicht unwidersprochen in der Region ihre Parolen verbreiten könne. Noch einmal zurück zur Musik: Uli Kros ist beim Musikgeschmack sehr offen, kann neben alten Songs von Grönemeyer (&bdquo;Sie hört Musik nur, wenn sie laut ist“) auch gut die Lieder seiner Jungs hören – auch wenn er nicht jeden Titel mit Namen kennt. Ein Lieblingslied? Vielleicht &bdquo;Du hast ’ne Ladung Dynamit“ von Ina Deter. Eine Ballade von 1985, die auch etwas die Sehnsucht der jungen Jahre ausdrückt. Ein Sehnsuchtsort von Uli Kros ist auch ein wunderschönes altes Haus am Hallstädter See in den Alpen Oberösterreichs. Zweimal war er schon dort. Unvergessliche Momente, zumal auch das Wandern zu seinen Freizeitaktivitäten gehört. Gern auch mal in der Region, am liebsten aber in den Alpen. &bdquo;Denn dort ist jeder Schritt ein Perspektivwechsel. Ständig verändert sich die Aussicht“, sagt Kros. Auch wenn es bergauf ein bisweilen sehr schwieriger, manchmal quälender Weg sei – er lohne sich. Ähnlich sieht er seine Bundestagskandidatur. Er will das Ziel erreichen. Direktkandidat für den Wahlkreis Höxter und Lippe II werden. Eine andere sichere Chance gibt es auch nicht – mit dem NRW-Landeslistenplatz 58 hat er keine realistische Absicherung über die Zweitstimme bekommen. Deshalb sein Appell an die Wähler: &bdquo;Wer wirklich eine neue, zukunftsgewandte Politik will, muss mich wählen“.

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