97 Prozent: Die vielleicht höchste Wahlbeteiligung im Kreis

Hohehaus. Wahlsonntag, 16.03 Uhr in Hohehaus: Die Stimmung ist gelöst. Die Spätschicht des Wahlvorstands, Josef Schwarze, Klaus Multhaupt und Heinz Vossebein, wartet bei Kaffee und selbstgebackenen Nussecken auf die letzten acht Wähler. &bdquo;So viel Süßes wie heute esse ich sonst in einem Vierteljahr nicht", sagt Vossebein. Ein Motorroller fährt am Feuerwehrgerätehaus, dem Hohehäuser Hohehaus der Demokratie an diesem Sonntag, vorbei. Die Männer stehen gleichzeitig auf, um aus dem Fenster sehen zu können. Ist der Fahrer einer, der im Wählerverzeichnis noch fehlt? &bdquo;Nee", seufzen sie und lassen sich aufs Polster zurückfallen. Zwei Stunden vor Urnenschluss liegt die Wahlbeteiligung schon bei rund 95 Prozent, wie Multhaupts Taschenrechner stolz verkündet. Ja, auf dem Dorf, da geht man noch wählen, sagen sie. Die Wahlbeteiligung in dem 170-Seelen-Dorf habe immer schon hoch gelegen, bei mehr als 80 Prozent. Aber diesmal – &bdquo;eine Wahnsinnswahlbeteiligung", sagt Klaus Multhaupt. &bdquo;Ich weiß auch nicht, was diesmal los ist", fügt Josef Schwarze hinzu. &bdquo;Klima und Kraftstoffpreise", sagt Vossebein, das seien die Themen, die Hohehaus arg bewegten. Wie die Hohehäuser entscheiden werden, können die Wahlhelfer schon vermuten. &bdquo;Die Älteren hier haben seit 40 Jahren nichts anderes als CDU gewählt", sagt Vossebein. Hohehaus ist mehrheitlich schwarz – wie der gesamte Kreis Höxter. Vielleicht könnten die Grünen diesmal ein bisschen was reißen, meint Multhaupt. Bei den Landwirten nicht, sagt Schwarze. Die fürchteten die Vorschriften und Auflagen, die mit den Grünen kommen könnten. &bdquo;Und denen geht es eh schon schlecht", stimmt Vossebein zu. Zu wenig Geld für zu viel Fleisch. Aber haben das die Grünen zu verantworten? Wie man Wahlvorstand wird Dann die Windkraft. Die Wahlhelfer sind selbst betroffen von den schlanken, weißen Riesen, die aus der Nähe doch ganz schön wuchtig wirken. &bdquo;Man fühlt sich wirklich eingekesselt", berichtet Klaus Multhaupt. Zum Dorf seien es nicht die 1.000 Meter, die zu Wohnsiedlungen eingehalten werden müssten. &bdquo;Dabei sind wir doch die gleichen Menschen." Ein Auto fährt vorbei. &bdquo;Diesel-Automatik", sagt Vossebein mit Kenner-Miene. Er ist Kfz-Mechaniker. &bdquo;Wir haben alle in der Schule nicht aufgepasst und mussten Handwerksberufe erlernen", scherzt Josef Schwarze, &bdquo;und es ist trotzdem was aus uns geworden." – &bdquo;Ja, sogar Wahlvorstand", wirft Multhaupt ein. Um 17.25 Uhr haben 130 von 135 Wahlberechtigten ihre zwei Kreuzchen gemacht. Multhaupts Taschenrechner verkündet 96 Prozent. Das Wählen selbst geht fix. In Hohehaus kennt man sich. Alle sind per du. &bdquo;Wir haben eine tolle Dorfgemeinschaft", berichtet Schwarze. Viel im Dorf werde in Eigenleistung in Angriff genommen. Das Wahllokal zum Beispiel. Das Feuerwehrgerätehaus, das jetzt eigentlich nicht mehr gebraucht wird, weil die Löschzüge aus Hohehaus und aus Löwendorf zusammengelegt wurden. &bdquo;Die Lüftung, die Technik, das haben alles wir gemacht", erklärt Vossebein und deutet zur Decke und in den Raum nebenan. Was soll daraus werden? Keine Baugebiete, aber auch kein Leerstand &bdquo;Wir haben kaum Vereine", sagt Josef Schwarze dann. Da gibt es die Schützen, ein starker Verein im Dorf. Und dann eigentlich nur noch das Team Hohehaus. Eine Gruppe aus Radlern – ein paar aus den umliegenden Dörfern gehören auch dazu – fahren gemeinsame Touren durch den Kreis. Immer mittwochs. &bdquo;20 bis 40 Kilometer je nach Sonnenuntergang", erklärt Vossebein. Beim Stadtradeln hat das Team Hohehaus 13.305 Kilometer gerissen, den Topwert im Kreis Höxter. &bdquo;Pro Kopf sind wir aber nicht vorne gewesen", sagt Multhaupt. Denn die Kilometerzahl dividiert sich beim Team Hohehaus durch 37. &bdquo;Bei uns zählt sowieso die Gemeinschaft, da geht es nicht drum, mittwochabends noch Rekorde zu fahren." Ein Problem in Hohehaus, sagen die Drei, ist, dass es keine Bauplätze gibt. Bei gleichzeitigem Quasi-Nullleerstand. &bdquo;Nur das eine Haus vom Professor – war der überhaupt Professor?", fragt Multhaupt. &bdquo;Ja, war er", weiß Schwarze. Das Dorf ist in den vergangenen Jahren langsam geschrumpft. Durch Corona und das zwangsweise Home-Office könnte sich das ein wenig ändern, dass die jungen Leute nicht mehr abwandern oder, wenn doch, dann wenigstens zurückkommen. &bdquo;Denn Internet haben wir hier gutes durch die Sewikom." Erststimme, Zweitstimme Es geht in strammen Schritten auf die 18 Uhr zu. Die restlichen Mitglieder des Wahlvorstands, die die Frühschicht geschmissen haben, trudeln langsam ein. &bdquo;Und, wie sieht’s aus?", fragt Sandra Herwing. &bdquo;130 von 135." Staunen. Und dann kommt noch ein Wähler. Klaus Multhaupt hackt die aktualisierten Zahlen in die Rechenmaschine. 131 Wähler. 97 Prozent. &bdquo;Das muss doch der Topwert im Kreis Höxter sein." Die Kirchenglocken läuten. Multhaupt, Herwing und Nicole Loges tragen die Wahlurne zum Auszählungstisch. Ohne große Feierlichkeit purzeln die gefalteten Wahlzettel auf die Tischplatte. Nicole Loges greift den Ersten, glättet ihn und verkündet: &bdquo;CDU, CDU." Und dann wird gezählt.

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