Silberborn

Ausgefallenes vom Starkoch Stefan Marquard

Vier-Gänge-Menü: Stefan Marquard löst sein Versprechen ein und kocht im Silberborner Landgasthaus Sollingshöhe

Mit Fingerspitzengefühl: Der Sternekoch würzt die Ananastücke in der Pfanne, die später püriert werden, mit einer Prise Zucker. Carsten Macke rührt im Topf die Teriyaki-Sauce. | © Mathias Brüggemann

Mathias Brüggemann
13.06.2017 | 13.06.2017, 09:45

Silberborn. Er gilt als Punk der deutschen Spitzenköche, als Vater der "Jungen Wilden". Wild sind auch seine Kreationen, schrill, manchmal verrückt, immer ausgefallen. Jetzt rockte Sternekoch Stefan Marquard die Küche des Landgasthauses Sollingshöhe in Silberborn. Zusammen mit Inhaber Carsten Macke und dessen Küchencrew zauberte der Fernsehkoch, der sich selbst als "Freibeuter der Küche" bezeichnet, ein Vier-Gänge-Menü für 110 Gäste.

Der Starkoch und der Silberborner Restaurantchef Carsten Macke kennen sich seit zwölf Jahren. Damals war Marquard mit seinen Kochkollegen Martin Baudrexel und Mario Kotaska für die RTL-2-Sendung "Die Kochprofis" in Silberborn, um Carsten Macke zu unterstützen. Der hatte sich damals wegen sinkender Besucherzahlen hilfesuchend an die Kochprofis gewandt. Mit Erfolg. Die Speisekarte wurde aufgepeppt. Die Gästezahlen stiegen wieder. Die Gambas, die seinerzeit erstmals auf die Karte kamen, sind heute der Renner.

Popcorn von der Eisbeinschwarte

Die Küchencrew: Jennifer Schneider (v. l.), Ingo Schneider, Stefan Marquard, Iris Macke, Carsten Macke und Kevin Kroll bereiten in der Küche der Sollingshöhe das Pfannengemüse zu: Paprika, Auberginen, Tomaten Zwiebeln und Zucchini. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer, Zucker, Rosmarin und Thymian. Fotos: Mathias Brüggemann - © Mathias Brüggemann
Die Küchencrew: Jennifer Schneider (v. l.), Ingo Schneider, Stefan Marquard, Iris Macke, Carsten Macke und Kevin Kroll bereiten in der Küche der Sollingshöhe das Pfannengemüse zu: Paprika, Auberginen, Tomaten Zwiebeln und Zucchini. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer, Zucker, Rosmarin und Thymian. Fotos: Mathias Brüggemann | © Mathias Brüggemann

Inzwischen werden vier Tonnen Gambas pro Jahr in Mackes Küche verarbeitet. Seit dieser Zeit sind Carsten Macke und Stefan Marquard gute Freunde, treffen sich mindestens einmal im Jahr. Jetzt löste der Sternekoch sein Versprechen ein, einmal in der Sollingshöhe zu kochen.

Und getreu seiner Philosophie der fünf A?s - "alles anders als alle anderen" zu machen - wählte Marquard seine Produkte aus. Das Rindfleisch aus Irland kommt nicht vom Limousin oder Charolais, sondern vom Hereford-Rind. "Das Fleisch dieser Rasse hat mehr intramuskuläres Fett. Und das schmeckt man", sagt der gelernte Metzger. "Die Tiere leben das ganze Jahr über draußen. Durch die Meeresluft hat das Gras, das sie fressen, mehr Mineralien. Das wirkt sich auf den Geschmack aus", erklärt der Sternekoch im Gespräch mit der NW.

"Und ich werde den Gästen zeigen, dass gutes Fleisch nicht immer nur Filet und Steak sein muss." Flank aus dem Bauchlappen, Schaufelbug und hohe Rippe hat er geordert. "Das schmeckt viel geiler als Steak", sagt er. Zumindest wenn man es so zubereitet wie Marquard: Gegart wird bei Niedrigtemperatur. Eingeschweißt in Bratfolie gart das Fleisch im Wasserbad drei Tage lang bei 60 Grad. Kurz vor dem Servieren wird es für 20 bis 30 Sekunden auf jeder Seite scharf angebraten und dann aufgeschnitten. "Innen rosa und butterzart ist es dann", schwärmt er.

Zu dem Rindfleisch serviert Marquard Ofenkartoffeln, Grillgemüse und fünf verschiedene Grillsoßen: Eine Ananas-Sauce mit Butter, Zitronen, Chili und Koriander, eine Fat-Beef-Sauce aus Rinderfett und Weißwein, unter anderem mit Estragon, Wacholder und Lorbeer gewürzt, eine Nham-Yhim-Sauce mit Aquid-Sauce, Koriander, Ingwer, Knoblauch und Limonen, eine Miso mit Pflaumenwein, Misopaste, Sojasoße und Dashipulver sowie eine Teriyaki-Sauce aus Sojasoße, Sesamsaat, Weinessig, Chilischoten, Austernsoße und Ingwer. "Wichtig ist dabei, die richtige Balance aus süß, sauer, salzig und scharf hinzubekommen", erzählt er, während er die Teriyaki-Sauce abschmeckt.

Als Vorspeise gibt es Rindertatar und Gamba mit Spargel, Sellerie und roten Linsen. Ungewöhnlich auch der Zwischengang: "Krass und fein vom Schwein" soll es geben: Gepökeltes Eisbein, Schweinezunge und Filet - ebenfalls alles im Niedrigtemperaturverfahren gegart. Dazu gibt es Brennnesselsalat, Süßkartoffeln und als Clou Popcorn aus der Schwarte des Eisbeins. Und als Dessert serviert Marquard Holunderpudding mit Erdbeeren und Eis.

"Mit Diät hat das hier alles natürlich nichts zu tun", sagt Marquard und bringt ein Kilogramm Butter in zwei Pfannen für die Ananas-Sauce zum Schmelzen. Es ist 13 Uhr. Drei Stunden ist die Küchencrew bereits im Einsatz. Es geht erstaunlich ruhig und entspannt zu. "Das wird sich aber ändern", prophezeit Carsten Macke. "Spätestens ab 16.30 Uhr wird es hektischer. Und dann wird auch der Ton schon mal rauer. Aber hinterher ist dann alles wieder gut."

Noch sechseinhalb Stunden hat das sechsköpfige Team in der Küche Zeit, ein perfektes Vier-Gang-Menü zu zaubern. Dann werden die ersten Gäste in der Sollingshöhe eintreffen. "Das wird heute Abend richtig geil", ist sich Stefan Marquard sicher.