Viel Steuergeld für neues Tretbecken im Kreis Höxter: Ist das gut angelegt?

Kreis Höxter/Beverungen. Es soll, bei regelmäßiger Anwendung, nicht nur Schlaflosigkeit und Migräne lindern, sondern auch erhöhten Blutdruck positiv beeinflussen: das Wassertreten wie es Sebastian Kneipp erfunden hat. Und weil der Kreis Höxter sehr gesundheitsbewusst ist, gibt es zwischen Weser, Diemel und Emmer nach Angaben der Stadt Beverungen gleich 22 der bekannten Kneipp-Becken. Nicht alle sind in einem Zustand, dass man beim Blick hinein an eine gesundheitsfördernde Wirkung glauben mag. In Beverungen ist, wie Bürgermeister Hubertus Grimm bestätigt, gleich gar kein Wasser mehr drin. Und in Amelunxen sorgen Pläne für die blaue Betonwanne bei einigen Bürgern gerade nicht für heilsame Entspannung, sondern ziemlich hohen Puls. Und das, obwohl Amelunxen ein neues Becken bekommen soll. Allerdings kleiner als bisher. Das ärgert die Amelunxerin Kerstin Rox, die einen offenen Brief an den Heimat-und Verkehrsverein Amelunxen geschrieben hat. Der Verein hat sich in den vergangenen Jahrzehnten intensiv um das Becken gekümmert, gepflegt und geflickt – allen voran der im vergangenen Herbst überraschend verstorbene HVV-Vorsitzende Günther Humann. Tretbecken im Kreis Höxter werden gut angenommen Das kam gut an. &bdquo;Viele Amelunxer und Radfahrgäste aus der Nähe besuchen unser Tretbecken regelmäßig und freuen sich über die angenehme Wassertemperatur, die unser großes Tretbecken zu bieten hat“, berichtet Rox in ihrem Brief. Und das auf einem &bdquo;wunderschönen Grundstück im Naturschutzgebiet, wo ein stimmreiches Vogelkonzert täglich herrscht, was seinesgleichen sucht.“ Verdreckt: Lüchtringer ärgern sich über den Verfall des Tretbeckens Sie betont auch, dass es voll funktionsfähig sei und keinerlei Anzeichen von Baumängeln aufweise. Nur die Wasserqualität sei in der jüngeren Vergangenheit nicht optimal gewesen und habe zu einer schnellen Veralgung geführt. Ein Problem, das mittlerweile behoben sei. Dem widerspricht Bürgermeister Hubertus Grimm. Das Tretbecken sei in die Jahre gekommen, eine permanente Sanierung mache, wie auch in Beverungen, dauerhaft keinen Sinn. 70 Prozent Förderung für Neubau Deshalb die Idee für einen Neubau beider Becken, der dank einer Förderung durch das europäische Leaderprogramm die Stadt nicht allzu viel kostet. Franziska Tegetmeier vom Leader-Regionalmanagement spricht gegenüber der &bdquo;NW“ von 130.000 Euro Projektkosten, von denen 70 Prozent gefördert werden. Heißt, 39.000 Euro muss Beverungen selbst aufbringen. Auch andere Städte des Kreises Höxter hätten sich für das Programm interessiert, berichtet Tegetmeier. So wurde in Godelheim mit Leader-Mitteln schon 2023 der Boden erneuert, weil die alljährlichen, eigentlich untypisch blauen Farbanstriche und die wöchentliche Reinigung sehr aufwendig waren. Zudem wurde eine rollstuhlgerechte Zuwegung geschaffen, ein Industrie-Hochdruckreiniger angeschafft und ein neuer Wasseranschluss gelegt. Andere Städte im Kreis Höxter handeln anders Am Ende nutzten aber nur wenige das Fördergeld. Es habe vornehmlich an Verantwortlichen gefehlt, die sich für das Projekt zuständig fühlen, heißt es aus dem Leader-Büro. In Marienmünster wurde auch diskutiert, ob man die Kneipp-Becken in Vörden, Kollerbeck und Altenbergen erneuern sollte. Letztlich, so berichtet Bauamtsleiter Stefan Niemann, habe sich die Politik dagegen entschieden – auch wegen der Kosten. Sie sind dennoch in Betrieb – nur in Kollerbeck sollen noch ein paar Fugen ausgebessert werden. In Brakel beispielsweise war das Tretbecken ebenfalls nicht mehr ganz im Neuzustand, um es zurückhaltend zu formulieren. Es musste also etwas passieren. Doch die Verantwortlichen waren der Meinung, dass die Kneipp-Ideen nicht mehr zum Zeitgeist passe – gerade junge Leute ließen sich dafür wohl nicht begeistern. Anders, so die Hoffnung, ist das mit dem Natureinstieg in die Brucht. Der Bach führt kühles Wasser und lockt auch Kinder an. Dass die Kosten für die Errichtung zudem geringer ausfallen, als die für ein neues Tretbecken, spielte bei der Entscheidung womöglich auch eine Rolle. Lesen Sie auch den Kommentar: Sinnlose Förderprogramme für den Kreis Höxter – Steuerverschwendung mit System Vorwurf der Steuerverschwendung Um die Kosten geht es auch Kerstin Rox mit Blick auf das Tretbecken in Amelunxen, dessen Neubau kleiner wird, aber immerhin auch neue Handtauchbecken, Infostehlen und Fahrradanlehnbügel umfasst. Rox hält ihn dennoch für überflüssig, auch wenn der Heimat- und Verkehrsverein der Erneuerung zugestimmt hat. Weil es eine Vereinslage ist, wurde die Frage nicht in den politischen Gremien diskutiert. Dennoch: &bdquo;Für mich ist das Steuerverschwendung und gehört auf die schwarze Liste. Ein Schildbürgerstreich. Denn Amelunxen wird ein schlechteres und kleines neues Tretbecken angeboten“, erklärt Rox in aller Deutlichkeit. Das Geld sei bei anderen Projekten besser aufgehoben. Das grundsätzliche Problem beim Fördersystem Ein Gedanke, den Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm zumindest nachvollziehen kann. &bdquo;Natürlich kann man immer der Meinung sein, dass man mit dem Geld was anderes machen kann“, sagt er und ergänzt, dass hinter dieser Frage etwas Grundsätzliches stecke. Viel Geld: So profitieren die Städte im Kreis Höxter von EU-Subventionen &bdquo;Da sind wir wieder bei dem Grundproblem, das ich seit zig Jahren anprangere: Man sollte uns das Geld pauschal geben, dann werden wir schon vor Ort das richtige damit machen. Und nicht über tausend Fördertöpfe, die uns darauf festnageln, was wir damit machen.“ Und doch steht in Beverungen das Geld für die Tretbecken inzwischen bereit, sagt Leader-Koordinatorin Tegetmeier.

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