Silberbeschichtung fürs größte Auge der Welt kommt aus der Region

Lauenförde. Es ist das Mega-Projekt der Europäische Südsternwarte (ESO): In der chilenischen Atacama-Wüste soll das bisher größte optische Teleskop der Welt entstehen, das ELT (Extremely Large Telescope). Damit das künftig größte Auge am Himmel auch neue Planeten entdecken sowie die Entstehung und Entwicklung der ersten Sterne und Galaxien ergründen kann, braucht es auch spezielle Maschinen aus Lauenförde. Die Firma AGC Interpane stellt die Anlagen her, um die überdimensionalen Spiegel vor Ort zu beschichten. Die Größte der drei Anlagen macht sich nun auf den Weg an die chilenische Pazifikküste. Im Kreis Höxter steht somit der nächste nächtliche Schwertransport auf der Straße an. Diesmal wird aber kein 325 Tonnen schwerer Trafo zum Umspannwerk nach Würgassen gebracht, oder 80 Meter lange Rotorblätter werden zu einer Windkraftanlage transportiert. Diesmal verlässt eine Anlage die Region. Der Transport beginnt am späten Abend des 8. April gegen 22 Uhr und endet gut zwei Monate später in der Atacama-Wüste in Chile. &bdquo;Bei uns am Standort Lauenförde haben wir die Anlage nun nach den Fabrikabnahme-Tests wieder demontiert und sind bereit für den nächsten Schritt. Hierzu ist ein Schwerlast-Transport mit außergewöhnlicher Überbreite bestellt. Der Großteil der Anlage wird in drei riesigen Holzkisten transportiert“, berichtet Abteilungsleiter Marc Ewers. Zwei der Kisten haben eine Länge von 6,43 Meter, was noch nicht außergewöhnlich wäre. Speziell wird der Transport, da die Breite der Kisten 6,18 Meter beträgt. Mehr aus der Industrie: Beverunger Konzern Lewag knackt die 100-Millionen-Marke Viel Vorbereitung für den langen Weg nach Chile Für die Genehmigung des Straßentransportes in dieser Dimension musste vorab eine Streckenbefahrung in Auftrag gegeben werden. Nach einem längeren Prüfungsverfahren konnten alle beteiligten Landkreise der Streckenführung zustimmen. Die Route führt von Lauenförde bis zum Mittellandkanal-Hafen Bückeburg-Berenbusch. Von dort werden die Kisten zum Seehafen in Antwerpen verschifft. Von Belgien werden die Kisten schließlich per Stückgutschiff zum Zielhafen Puerto Angamos in Chile verfrachtet. Erwartete Ankunft dort ist Anfang Juni. Anschließend warten noch einmal rund 220 Straßenkilometer, bis die Anlage am vorläufigen Installationsort, dem Paranal-Observatorium angekommen ist. &bdquo;Die Installations- und Inbetriebnahmearbeiten für die Beschichtungsanlage wird das Team von AGC Interpane, mit Kollegen aus Belgien, zwischen Juni und August durchführen. Wir können damit einen entscheidenden Beitrag im Gesamtprojekt des größten Teleskopes der Welt leisten“, freut sich Marc Ewers, &bdquo;auch wenn die Arbeiten vor Ort herausfordernd werden, allein schon durch die Höhe“. Die Beschichtungsanlage wird auf einer Höhe von circa 2.600 Metern errichtet werden. Spiegel hat Durchmesser von mehr als 39 Metern Zwei Beschichtungsanlagen, deutlich kleinere, hat die Interpane Entwicklungs- und Beratungsgesellschaft zusammen mit Ihrer Konzernmutter AGC Glass Europe bereits für das ELT vor Ort im Einsatz. Sie beschichten die einzelnen Segmente des Primärspiegels. Mit einem Durchmesser von mehr als 39 Metern ist der Primärspiegel der mit Abstand größte Spiegel, der je für ein Teleskop hergestellt wurde. Viel zu groß, um aus einem einzigen Stück Glas hergestellt zu werden. Er besteht aus insgesamt 798 sechseckigen Glaskeramiksegmenten, jedes etwa fünf Zentimeter dick und 1,5 Meter breit. Lesen Sie auch: Mega-Generator kommt in Beverunger Ortsteil an Die Beschichtungsanlage versieht jeden der 798 Einzelspiegel mit einer dünnen Silberschicht und einer Schutzschicht. Durch die Verwendung der stärker reflektierenden Silberschicht, statt einer Aluminiumschicht, wird das ELT in der Lage sein, mehr Licht zu sammeln, was wiederum bessere und detaillierte Beobachtungen zulässt. Die nun zu verschiffende Beschichtungsanlage ist deutlich größer, denn sie ist für die vier weitere Spiegeleinheiten des Teleskopes zuständig. &bdquo;Diese sind in der Gesamtheit deutlich kleiner, bestehen aber aus nur einem Stück und haben völlig unterschiedliche Geometrien“, erklärt Ewers. Zum Beispiel der Sekundärspiegel. Er weist eine extreme Krümmung auf und besitzt einen Durchmesser von 4,25 Metern, bei einer Dicke von zehn Zentimetern. &bdquo;Für diesen Spiegel gibt es keinen Ersatz. Da darf nichts passieren“, so Ewers. Anlagen sollen in Chile bleiben Doch warum können die Spiegel nicht einfach in Deutschland beschichtet werden? &bdquo;Die Anlagen werden vor Ort gebraucht, da die Spiegelbeschichtung über die Einsatzdauer ihre Reflexionseigenschaft verliert. Die Beschichtung muss demnach in regelmäßigen Zyklen neu aufgetragen werden“, erläutert Sebastien Adans (AGC Interpane Belgien), Projektleiter für die LCP-Anlage. Das ELT wird bereits seit 2014 Jahren von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Südamerika gebaut. Neben Deutschland sind 15 weitere europäische Staaten Mitglied der ESO. Zudem wird die ESO vom Gastland Chile und Australien als strategischem Partner unterstützt. 2028 soll das neue Super-Teleskop an den Start gehen und nie da gewesene Einblicke in das Universum ermöglichen. Interpane gehört nach eigenen Angaben zu den bedeutendsten europäischen Glasherstellern. Das breite Spektrum an Funktionsgläsern kommt in weltweiten Architekturprojekten, bis hin zum privaten Wohnungsbau, zum Einsatz. Daneben hat das Unternehmen aber auch ein eigenes Forschungs- und Entwicklungscenter für Anwendungstechnik, Schichtentwicklung, Maschinen- und Anlagenbau.

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