Muss Höxters Geflüchteten-Hilfe bald die Türen schließen?

Höxter. Es ist morgens kurz vor 9 Uhr, als die Tür aufgeht und ein Mann mit einem Zettel in der Hand und einem fragenden Blick sich umschaut: &bdquo;Können Sie mir helfen?“ Ja, sie können, auch wenn die Beratung erst ab 14 Uhr beginnt. Das Licht drinnen war an. Die Tür stand offen. Im realen und im übertragenen Sinne. Ehrenamt im Welcome-Café, das ist vor allem Flexibilität, Pragmatismus und Spontaneität. Doch es gibt einen Hilferuf und eine klare Aussage: &bdquo;Wenn es finanziell so weitergeht, dann schließt Welcome Ende des Jahres die Türen.“ Das sagt der Vorsitzende Marian Staubach und spricht damit das deutlich aus, was den Ehrenamtlichen des Geflüchteten-Hilfe-Vereins unter den Nägeln brennt: Es fehlt an einer gesicherten Finanzierung. Und es fehlt an Menschen, die sich im Ehrenamt kümmern. Im zehnten Jahr des Vereinsbestehens steht die Zukunft derer auf der Kippe, die einen wesentlichen Teil der Flüchtlingsarbeit direkt an der Basis in Höxter auf die Beine gestellt haben und koordinieren – im Ehrenamt. Dabei rennen ihnen die Hilfesuchenden gerade die Türen ein: Fragen zum aufwendigen Ausfüllen von Anträgen und stundenlange Bewerbungsschreiben im vielfachen Dutzend, Schulischem, Jobvermittlung, Rechtsberatung – das gesamte Alltagsleben. Einfach Integration. Als erster Anlaufpunkt in der Stadt. Das sind ihre Pläne für die nächsten Wochen Oftmals in Verbindung mit Hauptamtlichen, sei es beispielsweise von Beratungsstellen oder von der Arbeitsagentur. Das große Netzwerk von Welcome ist ein dickes Pfund, das mittlerweile auch andere zu schätzen wissen und ihnen Klienten weiterleiten. &bdquo;Jetzt wird’s ernst“, fasst Staubach jedoch die Situation zusammen. Mal drei Monate zumachen? Keine Option. Denn sie haben noch viel vor, Pläne und Ideen, bei denen die Renovierung der Räumlichkeiten an der Grubestraße nur eine sichtbare von vielen ist. Und es soll wieder ein Get-together-Festival Ende März stattfinden. Wie es dann weitergeht? In der nächsten Woche steht ein Gespräch mit dem Höxteraner Bürgermeister an, weitere andere folgen. Zahlreiche Anträge für Fördermittel werden ausgefüllt und abgeschickt. Aber: Oftmals klemmt es an der Stelle, dass Welcome mittlerweile ein etablierter Verein ist. Und nur der Aufbau von Neuem überhaupt noch gefördert wird, sagt Staubach. Lesen Sie auch: Warum das Café Welcome wichtig für Höxter ist Landesmittel wurden in der Größenordnung von 14.000 bis 17.000 Euro gestrichen oder gekürzt, auch städtische Mittel sind angesichts der prekären Haushaltslage der Stadt – sie ist die Erste kreisweit, die dieses Jahr in die Haushaltssicherung gehen wird – rar gesät. Was finanziell da künftig noch geht? Große Fragezeichen. Aber: Die Kosten laufen Welcome davon. Finanziell langfristige Planungen? Derzeit unmöglich. So hoch sind die monatlichen Fixkosten &bdquo;Wir haben rund 2.000 Euro monatlich an Fixkosten allein für die Räumlichkeiten und eineinhalb Minijobs“, sagt der Vorsitzende. Ohne das Herzblut und den persönlichen Einsatz jedes einzelnen ginge es schon jetzt nicht mehr. Und der Unterstützung von Firmen wie dem Malerbetrieb Schöning in der Nachbarschaft oder den Gebrüdern Becker. Da geht es nicht nur um einen neuen Wandanstrich, neuen Teppich oder das neue Waschbecken, sondern auch darum, junge Menschen in Arbeit zu bringen, ihnen Jobs oder Ausbildungsplätze zu besorgen. Dann sind es diese Erfolgsgeschichten, sagt Klaus Becker, mit 86 Jahren der Älteste, die ihn motivieren, die Schwung geben, um trotz Engpässen weiterzumachen. &bdquo;Wenn ich hier bin, dann weiß ich, wofür ich das mache“, betont auch Marian Staubach. &bdquo;Wer ihnen zuhört, der weiß, wer die Geflüchteten sind. Dass ihnen geholfen werden muss.“ Wie sie Alltagsrassismus erfahren haben Und die persönliche Verbindung zum Menschen, die man mit der Zeit aufbaue. Das Vertrauen und auch das Verantwortungsgefühl, ergänzt Evelyn Schaffors, mit 23 Jahren die Jüngste. Sie hat während der Arbeit schon den Alltagsrassismus erfahren müssen, der sie erschreckt hat. Als ein vierjähriges Mädchen mit dunkler Hautfarbe ihr erzählte, sie, das Kind, sei so hässlich. Auf die erstaunte Nachfrage nach dem Warum habe die Kleine geantwortet: &bdquo;Mein Gesicht ist so braun. Wie Kacka.“ Evelyn Schaffors war geschockt. Alltagsrassismus, der immer häufiger formuliert und ausgesprochen werde. Für Sie auch interessant: Höxteraner Verein Welcome hat ein neues Gesicht an der Spitze Ja, sagt Staubach, man habe bei Welcome in der Vergangenheit auch nicht alles richtig gemacht, wolle wieder verstärkt an die Öffentlichkeit gehen. Mit dem Festival am 29. März zum Beispiel. Mit neuen Flyern. &bdquo;Gute Werbung machen.“ Mit neuer Optik im und am Café, das nach außen unscheinbar daherkommt. &bdquo;Damit Welcome wieder in der Öffentlichkeit einen Namen hat und Präsenz zeigen kann.“ Wie alles im April 2015 begonnen hat Und mit neuen Menschen, die sich für andere Menschen einsetzen wollen. Dafür werden Interessierte dringend gesucht. Sie können sich melden auf Facebook oder Instagram, per E-Mail an: welcome-hoexter@web.de oder einfach dienstags und donnerstags zwischen 15 und 19 Uhr ins Welcome-Café an der Grubestraße kommen und live erleben. Das passt zum Thema: Welcome-Vorsitzende Heike von Broock verlässt Höxter Gegründet wurde der Verein Welcome übrigens im April 2015. Im Februar zuvor war man als Arbeitskreis Integration im Bündnis für Familien in Höxter gestartet. Erste Vorsitzende war Heike von Broock, danach folgte Malalai Ansari. Marian Staubach – von Beginn an im Verein dabei – übernahm im Herbst 2020.

Meistgelesen