Windkraft: Heimatpfleger sieht massive Bedrohung für den Kreis Höxter

Kreis Höxter. Hans-Werner Gorzolka ist ein Mann, der seine Worte für gewöhnlich sehr genau abwägt. Diplomatisch formuliert. Auch, um sich die Gesprächsbasis zu erhalten. Mit Blick, was dem Kreis Höxter in Sachen Windkraftausbau droht, holt der Kreisheimatpfleger, der als ehemaliger Bauamtsleiter des Kreises Höxter auch fachlich Experte ist, zur Generalabrechnung aus – und weiß dabei alle Heimatpfleger zwischen Steinheim, Brakel und Warburg hinter sich. Es mache ihm Angst, was auf die Menschen im Kreis Höxter zukomme. &bdquo;Eine massive Bedrohung“ nennt er das, was sich in nackten Zahlen so liest: 175 Anlagen drehen sich hier, 138 weitere sind genehmigt oder bereits im Bau. Dazu haben die Projektoren noch Anträge für 310 weitere Windräder gestellt, die inzwischen Gesamthöhen von fast 300 Metern erreichen können. Die Projektoren seien, so Gorzolka in seinem Rundumschlag weiter, &bdquo;die Totengräber des Kulturlandes Kreis Höxter.“ Der Kreisheimatpfleger wirft ihnen &bdquo;Goldgräbergehabe vor“. Eine Formulierung, die er sich wohl überlegt habe. Und hinter der eine weitere Zahl steckt: Denn von den 310 Anträgen, die beim Kreis Höxter als Genehmigungsbehörde derzeit geprüft werden, würden nach Angaben der Verwaltung immerhin 124 Anlagen außerhalb von Flächen entstehen, die im kommenden Regionalplan Wind oder in kommunalen Windenenergieflächen vorgesehen sind. Todesstoß für den Tourismus im Kreis Höxter? Kommt alles so, wie es sich derzeit abzeichnet, sei das nicht nur eine massive Belastung für die Menschen, sondern wohl auch der Todesstoß für den sanften Tourismus, dem sich die Region unter dem Label Kulturland einst verschrieben hat, meint Gorzolka. Lesen Sie unseren Kommentar: Bei der Windkraft ist im Kreis Höxter vieles schiefgelaufen Er zeichnet ein düsteres Bild von den Wahrzeichen der Region. Wenn die neuen Anlagen bald eine Höhe von mehr als 300 Metern erreichen, wirke beispielsweise &bdquo;der Desenberg bei Warburg daneben wie ein Maulwurfshügel.“ Immerhin überragt der die Landschaft &bdquo;nur“ um etwa 150 Meter. Ebenso würden der Köterberg und das Eggegebirge künftig zwischen den unzähligen Anlagen verblassen. Urlauber werden aus dem Kreis Höxter verschwinden &bdquo;Wer will denn dann hier noch Urlaub machen?“, fragt Gorzolka rhetorisch und antwortet gleich selbst darauf: &bdquo;Die Touristiker können ihre Prospekte dann einstampfen, da sie derzeit noch eine heile Welt versprechen, die es dann nicht mehr gibt.“ In einer Konferenz gab er den Bürgermeistern des Kreises vor einiger Zeit den Rat eines Experten der Bezirksregierung weiter, die Landschaft rund um die Städte jetzt noch mal zu fotografieren. Solche Bilder würden bald nicht mehr möglich sein. Ehrenamtliches Engagement werde zunichtegemacht Zudem würde jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement zunichtegemacht, denn viele hätten sich für den Erhalt der Landschaft, von Wanderwegen und Natur- und Kulturgütern eingesetzt. &bdquo;Viele sind frustriert“, schildert Gorzolka das, was ihnen die Ortsheimatpfleger zurückspiegeln. &bdquo;Noch haben wir im Kreis Höxter eine Landschaft. Sie droht aber zu einer tristen, von Technik völlig überlagerten Gegend zu werden.“ Verbunden mit massiven Auswirkungen auf die Tier- und vor allem die Vogelwelt. Lesen Sie auch: Windkraftausbau: Lebensgrundlagen im Kreis Höxter werden zerstört Gorzolka erinnert an das Positionspapier des Westfälischen Heimatbundes – immerhin Dachverband für rund 600 Heimat-, Bürger- und Kulturvereine sowie 700 ehrenamtliche Heimatpfleger. Der Heimatbund fordert, die Lebensqualität auf dem Land zu gewährleisten und die Kulturlandschaften zu erhalten. Beides sieht Gorzolka in großer Gefahr. Es gebe nicht nur mit Blick auf die Deutschlandkarte ein massives Ungleichgewicht beim Windkraftausbau, sondern auch eine große Unwucht in NRW. Vorwurf der Blauäugigkeit in Land und Bund Verantwortlich für die Entwicklung sei dabei ausdrücklich nicht die Kreisverwaltung Höxter als Genehmigungsbehörde, sondern eine mangelhafte staatliche Strategie bei der Steuerung des Ausbaus, Blauäugigkeit in Bund und Land, Richter an Verwaltungsgerichten, Lobbyisten und verantwortungslos handelnde Projektierer und Windanlagen-Betreiber. Sie würden versuchen, aktuelle Gesetzeslücken schamlos auszunutzen. &bdquo;Hier sind keine Weltenretter am Werk, sondern Fonds und Konzerne, die Milliarden umsetzen“, wettert Gorzolka. Der Kreisheimatpfleger fürchtet, dass die Entwicklung antidemokratischen Populisten und ihren billigen Parolen in die Karten spielen könnte. Denn viele Menschen fühlten sich an der Nase herumgeführt, sehen einen &bdquo;enteignungsgleichen Eingriff in ihr Eigentum“, weil sie fürchten, dass ihre Einfamilienhäuser und Grundstücke im Angesicht naher Windräder kaum noch zu verkaufen wären und deutlich an Wert verlieren. Pure Verzweiflung und Hilflosigkeit mache sich breit, warnt der Höxteraner. Er glaubt zudem nicht, dass die aktuell notwendigen Rückstellungen für den späteren Rückbau der Anlagen ausreichen werden. Viele Betreiber, so fürchtet er, werden insolvent gehen und sich der Verantwortung entziehen. Auf den Kosten blieben dann die Menschen vor Ort sitzen. Diese strategischen Möglichkeiten sieht der Heimatpfleger Nun weiß Gorzolka aus langjähriger Erfahrung, dass schimpfen allein wenig bringt. Und er fürchtet, dass sich an der aktuellen Entwicklung nicht mehr wirklich viel ändern lässt. Dennoch hat der ehemalige Bauamtsleiter des Kreises Höxter ein paar Ansatzpunkte. &bdquo;Wir brauchen in dieser Hinsicht eine neue Allianz für die ländlichen Räume“. Er fordert nicht, nur Zurückstellungen unter Inkaufnahme eines gewissen Risikos und Naturschutz- sowie Kompensationsanforderungen möglichst umfassend auszuschöpfen, sondern auch die Erschließungsanforderungen gemäß Baugesetzbuch genau zu prüfen. Heißt: Es gibt erst eine Genehmigung, wenn auch der Stromanschluss da ist und eingespeist werden kann. Lesen Sie auch: Landrat warnt vor massiven Veränderungen durch Windkraft im Kreis Höxter Sonst könne es passieren, dass eine Anlage zwar fertig in der Landschaft steht, aber keinen Strom liefert. Aufgrund der schieren Menge an geplanten Windrädern sieht Gorzolka hier das größte Problem. Es gäbe längst nicht genug Leitungen, um den Strom abzutransportieren, sagt er. &bdquo;Wir bauen gerade einen Schnellzug, haben dafür aber gar keine Gleise“, zeichnet er ein Bild. Die Leidenschaft, mit der er für seine Region kämpft, ist im anzumerken. Die Verzweiflung auch. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Höxter.

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