Finanziell desaströse Lage: Der Kreis Höxter ist weitgehend fremdbestimmt

Kreis Höxter. Staatstragend war die Rede von Landrat Michael Stickeln zum neuen Haushalt. Und es lohnt sich, die 16 Seiten noch mal nachzulesen. Stickeln versucht, die desaströsen Zahlen in den Kontext nationaler und internationaler Politik zu stellen. Und da dreht sich fast alles um dramatische Krisen und Kriege. Krisen, die auch vor dem Kreis Höxter nicht haltmachen und deutliche Auswirkungen zeigen. &bdquo;Verunsicherung und Zukunftssorgen greifen um sich. Die Erfolge populistischer und extremistischer Parteien bei nationalen und europäischen Wahlen, das sinkende Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger in die Problemlösungsfähigkeit politischer Akteure und die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft zeichnen das Bild einer Demokratie, die von den immensen Herausforderungen der Zeit überfordert zu sein scheint“, beschreibt Stickeln. Es kommt aber noch dicker: &bdquo;Und als wäre all das Übel auf der Welt derzeit noch nicht genug, verdunkeln sich die Zukunftsaussichten weiter. Denn sicherlich war es für die allermeisten von uns ein böses Erwachen am Mittwoch. Die erneute Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten wird – das ist leider sicherlich keine Übertreibung – die Weltordnung weiter ins Wanken bringen.“ Welche Rolle spielt das Ampel-Aus? Mit Blick auf das Ampel-Aus in Berlin, dessen Konsequenzen noch nicht abzuschätzen seien, appellierte er dringend an alle politischen Verantwortlichen, jetzt die Parteipolitik hinten anzustellen. Wenig hoffnungsvolle Worte, und dabei ist er noch gar nicht auf die konkrete Situation in Kreis Höxter eingegangen. Er brachte es gleich zu Beginn auf den Punkt: Die aktuelle Situation der kommunalen Finanzen insgesamt sei dramatisch. 356 Millionen Euro will der Kreis im kommenden Jahr ausgeben – das sind rund 21 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Warum ist der Kreis Höxter fremdbestimmt? Wobei von wollen keine Rede mehr sein kann. Denn die Ausgaben des Kreises seien weitgehend fremdbestimmt. Nur noch knapp zwei Prozent der Ausgaben sind freiwillige Leistungen, auf die der Kreis rein rechtlich verzichten könnte. &bdquo;Das ist der Gestaltungsspielraum, in dem sich die Verwaltung und insbesondere der Kreistag bewegen“, unterstreicht Stickeln. Er warnte davor, dort unbedacht den dicken Rotstift anzusetzen. Denn &bdquo;betrachtet man die freiwilligen Aufgaben genauer, so handelt es sich zumeist um die Förderung von allseits anerkannten, sinnvollen und bewusst auf der Kreisebene effektiv verankerten Maßnahmen, die sich unmittelbar positiv auf die Lebenssituation der Bürgerinnen und Bürger auswirken.“ Lesen Sie auch: Dem Kreis Höxter fehlen 18,1 Millionen Euro Wo wird der Rotstift angesetzt? Den Rotstift setzte die Kreisverwaltung nach der vehementen Kritik der Städte im vergangenen Jahr dennoch an. Dazu arbeitete bereits seit April eine Arbeitsgruppe. 7,9 Millionen Euro Entlastung beziehungsweise Kürzungen sind dabei herausgekommen. Bei der Unterhaltung- und Instandsetzung der Kreisstraßen nimmt die Verwaltung diesmal Rückstellungen der vergangenen Jahre in Anspruch, die Gebühreneinnahmen bei der Genehmigung von Windkraftanlagen sollen um eine auf drei Millionen Euro steigen. Dass sich der Kreis aus 600.000 Euro mehr bei Einnahmen bei den Blitzern erwartet, verschweigt er allerdings bei seiner Aufzählung. Bei allen Bemühungen bleibt dennoch ein Defizit von 16,6 Millionen Euro, von denen drei Millionen Euro aus der bald aufgebrauchten Ausgleichsrücklage genommen werden sollen. Wer zahlt den Rest der Summe? Den Rest müssen die Städte zahlen, weil der Kreis selbst nicht über eigene Steuereinnahmen verfügt. Dort ist man naturgemäß wenig begeistert von der geplanten Erhöhung der Kreisumlage. Dennoch seien die Gespräche mit Kämmerern und Bürgermeistern konstruktiv und sachlich gewesen. &bdquo;Ich sage ausdrücklich: Vor dem Hintergrund der derzeitigen Finanzlage aller kommunalen Haushalte ist das nicht selbstverständlich.“ Insgesamt müssen die zehn Städte im kommenden Jahr mehr als 163 Millionen Euro an den Kreis überweisen. Knapp 73 Millionen Euro davon allein für die Jugendamtsumlage – ein Anstieg um 9,5 Millionen Euro. Auch Stickeln wies darauf hin, dass die wesentlichen Ursachen für die anhaltende negative Haushaltsentwicklung die Tarif- und Besoldungsanpassungen, der Anstieg der Landschaftsumlage und der Anstieg der Jugendamtsumlage seinen. Worauf ist die Kreisverwaltung stolz? Allein die Abgaben an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe steigen um knapp vier Millionen Euro auf 49 Millionen Euro. Wie Kämmerer Gerhard Handermann dazu ergänzend in einer Tabelle zeigte, stieg diese Umlage in den vergangenen sechs Jahren um 16 Millionen Euro an. Damit wird vor allem die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen finanziert – auch im Kreis Höxter. Stolz ist die Kreisverwaltung darauf, dass erstmals die Kosten für Beamte und Angestellte nicht mehr steigen werden, weil kaum neue Stellen besetzt werden. Insgesamt weist der Stellenplan des Kreises für 2025 887 Stellen aus – davon 194 Beamtenstellen und 693 tariflich Beschäftigte. Die Personal- und Versorgungskosten für sie betragen rund 72,2 Millionen Euro. Lesen Sie auch: Haushalt 2023 im Kreis Höxter: Kritik am und Zustimmung zum kommenden Etat In was wird im Kreis Höxter investiert? Investiert wird deutlich weniger, wie Kämmerer Gerhard Handermann in seiner letzten Haushaltseinbringung vor dem Ruhestand erläuterte. Knapp 45 Millionen Euro stehen im Plan. &bdquo;Die wesentlichen geplanten Investitionen sind in den Bereichen Kreisstraßen, Rettungsdienst, Schulen, den Abfallentsorgungsanlagen und der IT vorgesehen“, so Handermann, der darauf hinwies, dass sich einige Zahlen noch ändern werden. Nennenswerte Verbesserungen sind allerdings nicht zu erwarten. Also nur düstere Aussichten? Das wollte Landrat Michael Stickeln dann doch nicht so stehen lassen und zählte neben vielen gelungenen Projekten auch &bdquo;gute Gründe für den Kreis Höxter auf: Nirgendwo in NRW gebe es mehr Ehrenamtliche. Im Kreis Höxter sinkt die Zahl der Straftaten, die Aufklärungsquote steigt sogar und ist landesweit spitze. Unsere Arbeitslosenquote liegt bei nur 4,8 Prozent und sinkt aktuell trotz schwierigem Umfeld weiter. Die Lebenshaltungskosten sind niedrig, die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger ist vergleichsweise hoch. Menschen im Kreis Höxter gehören zu den Glücklichsten in ganz Deutschland. Nirgendwo in NRW produzieren die Menschen weniger Müll, als im Kreis Höxter.“ Warum gibt es Grund zum Feiern? Und er kündigte an, dass im kommenden Jahr kräftig gefeiert wird – denn der Kreis Höxter wird runde 50 Jahre alt. &bdquo;50 Jahre nach der Gebietsreform feiern wir unsere gewachsene Gemeinschaft, unseren Zusammenhalt und das Gefühl, Zuhause zu sein“, ist er überzeugt.

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