Soll die telefonische Krankschreibung im Kreis Höxter abgeschafft werden?

Kreis Höxter. Sieben Prozent der Berufstätigen im Kreis Höxter waren im ersten Quartal des Jahres 2024 mindestens einmal krank gemeldet - ein Höchststand. Das geht aus einer Auswertung der Zahlen der Versicherten der AOK hervor. Bundesweit ist der hohe Krankenstand der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ins Visier der Wirtschaft geraten - zum Teil wird die Möglichkeit der telefonischen Krankmeldung verantwortlich gemacht. Laut eines Sprechers der AOK-Nordwest liegen der Krankenkasse keine Zahlen darüber vor, wie viele der als krank gemeldeten Arbeitnehmer mit dem Arzt nur per Telefon Kontakt aufgenommen haben. Genaue Aussagen dazu will die Krankenkasse mit 20.100 Versicherten im Kreis Höxter daher auch nicht treffen. Erkältung, Corona, Husten, auch in der Weserbergland-Praxis von Jens Grothues in Beverungen sitzen derzeit viele Patienten im Wartezimmer, die von diesen Erkrankungen heimgesucht worden sind. Viele von ihnen sind arbeitsunfähig, wie das offiziell heißt, aber nur in Ausnahmefällen erfolgt die Krankschreibung bei ihm per Telefon, erläutert Grothues. Lesen Sie auch: Krankschreibung: Was Sie trotzdem machen dürfen und was nicht Es geht um die ärztliche Verantwortung Dabei erleichtere die Option den Ärztinnen und Ärzten &bdquo;natürlich die Arbeit“. Allerdings mache er relativ selten davon Gebrauch. Wenn, dann gehe es um Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von zwei bis drei Tagen Dauer, &bdquo;danach müssen die Patienten in die Praxis kommen“. Dabei hat der Mediziner nicht die Interessen der Arbeitgeber im Visier, sondern seine ärztliche Verantwortung: Auch bei scheinbar harmlosen Erkrankungen können behandlungsbedürftige Komplikationen auftreten. Die telefonische Krankschreibung nutzt Grothues nur bei Patienten, die er persönlich kennt - und bei denen die Erkrankung absehbar nicht mit einem Risiko verbunden ist. 10,4 Tage sind Menschen im Kreis Höxter im Schnitt krank Andere, etwa neue Patientinnen und Patienten, müssen zunächst in die Praxis kommen - Grothues bietet auch eine Infektionssprechstunde an, damit gesunde Patienten und infizierte Patienten sich möglichst nicht in die Quere kommen. Das habe sich bereits seit der Corona-Pandemie als sinnvoll erwiesen. Die durchschnittliche Krankheitsdauer je Arbeitsunfähigkeit lag, laut AOK-Erhebung im Kreis Höxter im ersten Halbjahr 2024 bei 10,4 Tagen. Besonders Atemwegserkrankungen sorgen für hohe Fehlzeiten. Dass es dabei einen Zusammenhang mit der telefonischen Krankschreibung gibt, zieht die Gewerkschaft Verdi in OWL in Zweifel. Die Gewerkschaft Verdi sieht keinen Zusammenhang &bdquo;Wir können nicht bestätigen, dass es aufgrund der telefonischen Krankmeldung höhere Krankmeldungen gibt“, sagt Walburga Erichsmeier, stellvertretende Bezirksgeschäftsführerin. Sie betont: &bdquo;Der Arzt entscheidet, der Entscheidung ist Folge zu leisten.“ Sie betont, dass die Gewerkschaft die telefonische Krankmeldung gut und richtig findet, sie sei ein Instrument, das dabei helfe, dass Patienten sich &bdquo;schniefend und triefend in übervolle Wartezimmer“ setzen müssten. Lesen Sie auch: Hausärzte verteidigen telefonische Krankschreibung Während Arbeitgeber bundesweit gegen die telefonische Krankschreibung wettern, blickt die Industrie im Kreis Höxter differenzierter darauf. &bdquo;Die telefonische Krankschreibung kann ein sinnvolles Instrument sein, das Arztpraxen und Sprechstunden von akuten Infektionspatienten entlastet“, sagt Heiko Stoll von der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld auf Nachfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Worauf der Arzt laut IHK achten muss Stoll betont aber ausdrücklich, dass die Patientin oder der Patient der Ärztin oder dem Arzt bekannt sein muss, &bdquo;damit eine solche Krankschreibung ausgestellt werden kann“. Die IHK stellt klar, dass die Zahl der Krankschreibungen aktuell gestiegen ist, &bdquo;angesichts der Erkältungszeit und einer neuen Corona-Variante ist dies auch nicht verwunderlich“, betont Stoll. Einen Zusammenhang mit der Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung können die Kammer aus ihren Daten nicht herleiten. Grothues, der auch im Hausärzteverband die Interessen seiner Berufskollegen vertritt, äußert durchaus Verständnis für die Position der Wirtschaft und die Kritik am Krankenstand, der bundesweit so hoch wie nie ist. &bdquo;Wir sind dafür aber nicht dafür verantwortlich, die wirtschaftliche Lage in Deutschland zu verbessern“, sagt er. Sich über Alternativen zur aktuellen Regelung zur Arbeitsunfähigkeit Gedanken zu machen, ist in seinen Augen Sache der Politik.

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