Weihnachten im Kreis Höxter geht in den Fluten unter

Kreis Höxter. Es hörte einfach nicht mehr auf zu Regnen: Überflutete Keller und Straßen, gesperrte Brücken, umgefallene Bäume, Rettungskräfte, die kaum mehr zum Schlafen kommen und einige Autofahrer, die Absperrungen ignorieren und damit der Feuerwehr viel zusätzliche Arbeit bereiten. Das Hochwasser hat im Kreis Höxter für ein sehr unruhiges Weihnachtsfest gesorgt und einige Schäden angerichtet. Die wichtigste Nachricht aber ist: Bis Dienstagabend gab es keine Verletzten infolge der Wassermassen. Trotz der mehr als 150 Einsätze im Kreisgebiet infolge von Sturm und Hochwasser hatten die Feuerwehrleute die Lage weitestgehend unter Kontrolle. Vor allem bis Heiligabend hatten die Einsatzkräfte kaum eine Atmenpause. Es galt, Sandsäcke zu füllen, Keller auszupumpen und Autos aus den Fluten zu holen. Auch für den Bahnverkehr ergeben sich Einschränkungen, weil im Bereich zwischen Ottbergen und Brakel ein Bahndamm unterspült worden ist. Der ständige Blick auf die Pegelstände gehörte bei diesem Weihnachtsfest für viele dazu. Nicht nur direkt an der Weser. Denn immer weiter stiegen die Pegel auch der Nebenflüsse wie Diemel, Nethe, Emmer und Bever. Gab es mal ein paar Stunden scheinbare Entlastung, führte weiterer Regen zu neuen Höchstständen. Regenpause zum Durchatmen Und auch wenn es am zweiten Weihnachtstag kaum noch Niederschläge in der Region gab, wirklich spürbare Entlastung war noch nicht an den Pegeln ablesbar. &bdquo;Das wird vermutlich auch noch etwas dauern“, sagt der stellvertretende Kreisbrandmeister Jürgen Schmits im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Denn die Böden sind voll, können neuen Regen überhaupt nicht mehr aufnehmen. Es dauert, bis alles abgelaufen ist. Zwar erwarteten Experten der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes den Höchststand an der Weser in dieser Region im Laufe des zweiten Weihnachtsfeiertages – doch bis zum späten Dienstagnachmittag stieg der Pegel an der Messstelle in Corvey noch an. Er wurde mit 6,22 Meter angegeben und damit deutlich über der höchsten Hochwasserwarnstufe für den Fluss. An der Messstelle in Bad Karlshafen hingegen sank der Wasserstand seit Mittag leicht um gut elf Zentimeter auf 5,63 Meter. Pegel der Nebenflüsse An den Nebenflüssen sind aktuell kaum Bewegungen zu beobachten: Die Pegel verharren am späten Dienstagnachmittag auf einem hohen Niveau. Der Diemelwasserstand lag an der Messstelle in Westheim nach dem Höchststand in der Nacht des 24. Dezember von 1,75 Meter bei 1,38 Meter – wie schon am Abend zuvor. Die Emmer liegt inzwischen wieder unter der zweiten Hochwasserwarnstufe. Der Wasserstand wird an der Messstelle Nessenberg mit 2,66 Metern angegeben, der Höchststand lag am frühen Morgen des 24. Dezember bei 3,17 Metern. Der Pegel der Nethe bei Ottbergen wird mit 3,04 angegeben – unterhalb der ersten Hochwasserwarnstufe. Der Höchststand wurde auch hier am frühen Morgen des Heiligabends bei 3.24 Metern gemessen. Viele gesperrte Straßen Weil die Pegelstände weiterhin enorm hoch sind, ist die Liste der gesperrten Straßen weiterhin lang. Aktuelle Sperrungen am Sonntagmorgen sind nach Angaben der Polizei: Die Bundesstraße 83 zwischen Godelheim und Wehrden in Fahrtrichtung Beverungen - ist laut Polizei am Mittwoch wieder frei. Die Landesstraße 890 von Bruchhausen bis Drenker Kreuz - ist laut Polizei am Mittwoch wieder frei. Die Kreisstraße 46 Höxter zwischen Höxter und Lüchtringen (Weserbrücke) Die Kreisstraße 32 zwischen Stahle und Holzminden (Weserbrücke Innenstadt Holzminden) In Steinheim die Schiederstraße und die und Nieheimer Straße In Brakel die Brakeler Märsch, die Kreisstraße 39 in Rheder in Richtung Riesel sowie in Beller in Richtung Hembsen In Nieheim die Landestaße 951 von Merlsheim in Richtung Oeynhausen, die Kreisstaße 3 von Oeynhauen in Richtung Nieheim In Willebadessen die Kreisstraße 20 von Helmern in Richtung Fölsen, die Kreisstraße 14 in Löwen in Richtung Engar sowie die Kreisstraße 33 von Eissen in Richtung Lütgeneder In Warburg die Kreisstraße 14 Ossendorf in Richtung Wethen. Hinweis: Laut Polizeisprecher werden nicht alle Straßenfreigaben auch der Kreispolizei mitgeteilt. Einschränkungen bei der Eggebahn Auch der Zugverkehr wurde durch die Fluten beeinträchtigt: So wurde der Bahndamm zwischen Ottbergen und Brakel von einem Gewässer nahe der Gleise unterspült, bei der Eggebahn hatte das bereits am Zweiten Weihnachtstag zu Problemen und Verspätungen geführt, aktuell meldet die Nordwestbahn viele Totalausfälle, ein Schienenersatzverkehr ist bislang nicht eingerichtet. Wann die Schäden an den Schienen behoben sind, ist unklar. Viele Einsätze Überall im Kreis Höxter werden die Feuerwehren immer wieder angefordert, um vollgelaufene Keller leer zu pumpen. So musste die Feuerwehr Beverungen beispielsweise den Maschinenraum des Klärwerkes in Amelunxen auspumpten - mehr als zweieinhalb Stunden hat das gedauert. Weil es gleichzeitig stürmt, müssen immer wieder auch umgefallene Bäume beseitigt werden, die Straßen blockieren. Das Einsatzaufkommen war vor allem am 23. und 24. Dezember enorm hoch. Kreisweit sollen mehr als eintausend Feuerwehrleute immer wieder im Einsatz gewesen sein. Allein die Feuerwehr Höxter zählte seit Beginn von Sturm und Hochwasser am 21. Dezember 39 Einsätze, die teils viele Stunden dauerten. Die Feuerwehr Brakel war seit 21. Dezember bereits 18 Mal im Einsatz und die Feuerwehr Warburg 32 Mal. Am ersten Weihnachtsfeiertag wurden bis zum Abend aber weniger Einsätze registriert. Einen größeren Feuerwehreinsatz gab es in Höxter in der Nacht zu Sonntag in der Höxteraner Ortschaft Godelheim, wo ein Wohnhaus am Rande der Ortschaft durch die Fluten eingeschlossen war. Mit kleineren Fahrzeugen war das Haus, in dem sich drei Menschen befanden, nicht mehr erreichbar. Deshalb wurde auch das Katastrophenschutzfahrzeug der Löschgruppe Amelunxen angefordert. Schließlich gelang es, mit einem landwirtschaftlichen Fahrzeug zum Haus zu gelangen. Die Bewohner wollten aber trotz der Überflutung im Gebäude bleiben. Hilfe an vielen Orten gefordert Es gab viel zu viele Einsätze, als das sie alle aufgezählt werden könnten. Beispielsweise in Brakel-Istrup, wo mehrere Häuser vom Hochwasser bedroht waren, die mit Sandsäcken gesichert wurden. Am Bredenweg in der Kernstadt wurden sogenannte Hochwasserschläuche aufgebaut, damit das Wasser nicht in die Stadt fließen kann, wie die Feuerwehr berichtet. Ärgerlich neben all diesen Hochwassereinsätzen: Die Feuerwehren werden immer wieder alarmiert, weil Autofahrer Absperrungen missachten, umfahren und plötzlich in den Fluten feststecken. Ein solcher Fall ereignete sich beispielsweise auf der Bundesstraße 83 bei Höxter-Godelheim am Sonntagmittag. Dort fuhr eine Frau trotz Absperrung in die Fluten und war im Auto eingeschlossen. Die Feuerwehr Höxter holte die Frau mit einem Boot aus dem Fahrzeug, das Auto selbst wurde mit einem Trecker aus der Nethe gezogen. Schon in der Nacht zuvor, so berichtet die Feuerwehr Höxter, war genau an dieser Stelle ein Autofahrer trotz Absperrung in die Fluten gefahren und musste herausgezogen werden. Wasser in Warburg wird weiter gechlort In Warburg teilte die Stadtverwaltung unterdessen mit, dass das Trinkwasser in der Kernstadt und den Ortsteilen nicht abgekocht werden muss. &bdquo;Das Wasser, das aus dem vom Hochwasser betroffenen Brunnen stammt, wird von den Verantwortlichen der Stadtwerke Warburg GmbH vorsorglich gechlort. Dies ist eine reine Vorsorgemaßnahme“, so die Stadtverwaltung. Außerdem, so die Bitte der Stadtwerke, sollen die Bürger Wasser sparen, bis sich die Lage entspannt. Es könne kurzfristig zu Problemen in der Wasserversorgung kommen. Die Stadt will informieren, sobald sich die Lage entspanne. Details zur aktuellen Hochwasserlage an der Diemel gibt es auf der Internetseite der Stadt: www.warburg.de Experten rechnen mit anhaltend hohen Pegeln Die Experten des Wasserschifffahrtsamtes Weser (WSA) rechnen aufgrund der vorhergesagten Niederschläge mit weiter steigenden Pegeln an der Weser. Dennoch haben sie die Abgabemenge der Edertalsperre zu Heiligabend nochmals leicht erhöht, auf jetzt 105 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Hintergrund ist, dass die Talsperre wegen der enormen Wassermengen sehr schnell vollläuft und auch in den kommenden Tagen noch als Hochwasserschutzraum dienen soll. &bdquo;Der Einstau in die Talsperren steigt stark an, um die Flusssysteme bei den stark ansteigenden Wasserständen zu entlasten“, heißt es vom Wasserschifffahrtsamt. Dort kündigte man an, eventuell die Abgabemenge der Diemeltalsperre nochmals zu erhöhen. Sie liegt aktuell bei neun Kubikmetern pro Sekunde. Prognosen für die kommenden Tage seien schwierig. &bdquo;Aufgrund der sich dynamisch verändernden Wettervorhersagen sind die Prognosen ab 28. Dezember allgemein unsicher. Für die Mittelweser sind aufgrund der dynamischen Wetterlagen bereits ab heute Unsicherheiten in den Vorhersagen vorhanden“, so das WSA an Heiligabend. Unkalkulierbare Gefahren Die Feuerwehr Höxter stellt aufgrund der Lage die Gefahren des Hochwassers heraus: &bdquo;Die steigenden Pegel der Gewässer sind unkalkulierbar und bieten viele Gefahren. Deshalb passen Sie auf sich auf und meiden Sie Uferbereiche, damit das Weihnachtsfest nicht ins Wasser fällt“, warnen sie auf ihrer Facebook-Seite die Bürger. Auch die Feuerwehr Beverungen wendet sich mit einer Mitteilung an die Bevölkerung. Sie warnt davor, bei einem schnell volllaufenden Keller dort noch hinein zu gehen. Es droht Lebensgefahr. Hauseigentümer sollten zudem ihre Rückstauklappen prüfen, die im Ernstfall ein Zurückfließen von Kanalwasser verhindern. Außerdem sollten Autos aus bekannten Gefahrenbereichen weggebracht werden. Die Stadt Beverungen habe zudem einige Uferbereiche bereits gesperrt, teilte Wehrleiter Sebastian Ewen mit. Vorgegebener Alarmplan Die Warnstufen sind vor allem für die Behörden wichtig, weil mit ihnen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. So gibt es in Höxter einen internen Einsatz- und Alarmplan, wenn der Pegel weiter steigt. Die erste Hochwassermeldestufe bei 4,40 Meter ist für die Stadt noch kein Problem. Dann wird der Radweg gesperrt, entsprechende Schilder werden aufgestellt. Bei 5 Metern – der zweiten Meldestufe – baut der Bauhof die Spundwände unter den Bahnunterführungen in der Kernstadt auf. In Lüchtringen übernimmt das die Feuerwehr – allerdings schon bei vier Metern. Richtig kritisch würde es ab sechs Metern Weserpegel in Höxter. Dann stünden erste Wohnbereiche zum Beispiel im Brückfeld unter Wasser. Außerdem müsste dann der Regenwassersammler an der Stummrigen Straße über die Spundwand leergepumpt werden, weil er nicht mehr allein leerläuft. Für alle Notfälle liegen beim Kreis und der Stadt zudem mehr als 70.000 Sandsäcke bereit – die schnell gefüllt werden müssten. In den Einsatz- und Alarmplan sind die örtlichen Rettungsdienste eingebunden. Steigt die Weser über 6 Meter wie – die dritte Hochwasserstufe – wird in der Stadt zudem ein Krisenstab eingerichtet, der die Aufgaben koordiniert. Hinweis: Stand Dienstag, 26. Dezember, 17.30 Uhr. Der Artikel wird laufend aktualisiert.

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