Dürfen Kreuze an den Straßen im Hochstift nun doch stehen bleiben?

Kreis Höxter/Paderborn. Sie sind Mahnmale. Aber für jene, die sie aufgestellt haben, sind sie auch eine Möglichkeit, den Schrecken und die Trauer zu bewältigen. Doch bei den Aufstellern so genannter Erinnerungskreuze für Unfallopfer ist in den vergangenen Monaten die Verunsicherung stetig gewachsen. Denn der Landesbetrieb Straßen NRW hat an die Gedenk-Kreuze an den Straßen Zettel geklebt: Die Behörde fordert die Aufsteller dazu auf, die hölzernen Gedenkorte wieder abzubauen. Zuletzt hatte Straßen NRW aber mehr Offenheit angedeutet – und auch das Ministerium beantwortet eine Anfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“ so, dass daraus abgeleitet werden kann, dass die Kreuze bleiben dürfen. Auch der heimische Landtagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Matthias Goeken, spricht sich für klare Regeln für Betroffene aus. Eine Rückfrage der &bdquo;NW“ beim Landesbetrieb macht aber deutlich, dass es wohl noch Klärungsbedarf zwischen den Behörden gibt. Verkehrsministerium spricht kein Verbot aus Zuerst ist da die Antwort des Sprechers des NRW-Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“: &bdquo;Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW verbietet Angehörigen von Menschen, die durch einen Verkehrsunfall ums Leben gekommen sind, grundsätzlich nicht das Aufstellen von Gedenkkreuzen an den jeweiligen Unfallstellen“, sagt Sprecherin Rosali Kurtzbach. Von temporär aufgestellten Unfallkreuzen aus Holz von geringer Größe und geringem Gewicht gehe ein geringes Gefährdungspotenzial für die Verkehrsteilnehmenden aus. &bdquo;Diese Objekte werden daher in der Regel nicht entfernt“, stellt sie klar. Davon abzugrenzen seien massive Gedenkeinrichtungen auf Straßengrundstücken, von denen aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichtes potenziell eine Gefährdung ausgehen könne. &bdquo;Vor diesem Hintergrund hat Straßen NRW bereits einzelne massive Kreuze und Bildstöcke entfernt, versetzt oder gesichert“, so die Sprecherin des Ministeriums. Straßen NRW zeigt sich wenig verständnisvoll Eine ganz andere Erfahrung hat indes Mario Kunstein gemacht. Er hat vor 22 Jahren auf einen Schlag drei seiner Freunde bei einem Unfall verloren. Um ihnen zu gedenken, hat er ein Kreuz gebaut und aufgestellt. Es ist aus Holz und mutet nicht sonderlich massiv an. 22 Jahre lang war das kein Problem. Anfang November hat er das Gedenkkreuz an der Landesstraße 755 zwischen Nieheim und Merlsheim wieder abgebaut. Der Landesbetrieb Straßen hatte ihn zuvor mit einem Zettel am Kreuz dazu aufgefordert, wie er sagt. Bei einer ersten telefonischen Kontaktaufnahme mit der Behörde habe man sich wenig verständnisvoll oder gesprächsbereit gezeigt, schließlich sei ihm per Zettel auf dem Kreuz ein Ultimatum zum Abbau gestellt worden. Mit einem unguten Gefühl im Magen habe er schließlich den schweren Weg zum Holzkreuz erneut auf sich genommen. &bdquo;Ich habe es abgebaut, weil ich das Thema aus dem Kopf haben wollte“, sagt Kunstein. Noch liege das hölzerne Kreuz in seiner Garage. Nach der Antwort des NRW-Verkehrsministeriums denkt er zunächst darüber nach, das Kreuz wieder aufzustellen. Behörde prüft jeden einzelnen Fall Das ist laut Christiane Knippschild, Sprecherin von Straßen NRW, keine gute Idee. Die Behörde prüfe jeden einzelnen Fall auf Verkehrssicherheit. &bdquo;Kann die Verkehrssicherheit nicht gewährleistet werden oder wird kein Anlagenverantwortlicher für die Pflege des Gedenkkreuzes ermittelt, wird die Anlage vom Straßengrundstück entfernt.“ Dies musste in diesem Fall ja gar nicht passieren, weil der Aufsteller das Kreuz selbst entfernt hat. Es nun wieder aufzustellen, ist laut Knippschild für ihn keine Option: &bdquo;Wir prüfen jeden Einzelfall, aber in der Regel heißt eine Duldung nicht – ohne Prüfung – oder – unbefristet. Daher: Nein, die Kreuze können nicht wieder aufgebaut werden.“ Der heimische Landtagsabgeordnete Matthias Goeken zeigt im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“ sowohl Verständnis für die Belange der Behörde: &bdquo;Es darf keine Verkehrsgefährdung geben“. Aber auch für die Aufsteller der Kreuze hat er Verständnis – auch mit Blick auf die Wirkung der Kreuze auf andere Verkehrsteilnehmer: &bdquo;Das ist doch eine niederschwellige Möglichkeit, dort auf Risiken auf der Strecke hinzuweisen.“ Zugleich wünscht er sich aber für die Betroffenen Klarheit: &bdquo;Es wäre schön, wenn es einheitliche Regeln gibt.“ Handlungsleitfaden und Richtlinien Womöglich gibt es die bereits, wie die Ministeriumssprecherin ausführt: &bdquo;Entsprechend dem Handlungsleitfaden sowie den Richtlinien für die Benutzung der Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes, die sinngemäß auch für Landesstraßen gelten, wird dabei zunächst geprüft, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen die Benutzung des Straßengrundstücks durch die betreffende Gedenkanlage weiterhin gestattet werden kann.“ In diesem Fall werde mit den Anlagenverantwortlichen ein Nutzungsvertrag geschlossen, der insbesondere Bestimmungen über die Unterhaltung und Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht für die Anlage enthalte. Zumindest Mario Kunstein wurde zu keinem Zeitpunkt über jene Bestimmungen aufgeklärt, die sein Holzkreuz an der Fahrbahn erfüllen muss, damit es weiterhin stehenbleiben darf.

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