Mit Waffe im Zug hantiert: Wie der Polizeieinsatz in Höxter ablief

Höxter. Schneller Einsatz der Polizei in voller Schutzmontur mit Waffen im Anschlag: Für Aufregung bei Fahrgästen und Zaungästen sorgte am Dienstagabend am Bahnhof Höxter ein Fahrgast, der in einem Zug mit einer Waffe hantierte. &bdquo;Einen Fahrgast, der ausgerastet mit einer Machete im Zug – das hatten wir schon einmal“, sagt Steffen Högemann, Sprecher der Nordwestbahn. &bdquo;Aber Schusswaffen – das ist in meinen fünf Jahren, die ich dabei bin, noch nicht vorgekommen.“ Was war passiert? Während gegen 19.15 Uhr ein Zug von Lüchtringen in Richtung Höxter fuhr, beobachtete ein Fahrgast, wie ein Mann in einem Abteil mit einer Langwaffe hantierte, berichtet die Polizei. Der Zeuge informierte am Bahnhof Höxter den Lokführer, der verständigte daraufhin die Polizei. Innerhalb weniger Minuten war eine größere Anzahl an Einsatzkräften der Polizei Höxter vor Ort und evakuierte die noch im Zug befindlichen Fahrgäste. Wie Polizeisprecher Jörg Niggemann ausdrücklich betont, war kein Spezialeinsatzkommando vor Ort. Nach einer ersten Lage- und Gefährdungseinschätzung habe man sich für den schnellen Zugriff durch örtliche Polizeikräfte entschieden. Diese hätten aufgrund der Meldungen natürlich Schutzausrüstung getragen. Auf mehreren Videos, die nw.de vorliegen, ist zu sehen, wie mehrere Einsatzfahrzeuge und Streifenwagen der Polizei am Bahnhof stehen. Ein Mann wird anschließend von zwei Polizisten abgeführt, zahlreiche Schaulustige sehen dabei zu. Vorher kniet ein Beamter am Bahnsteig auf dem Boden, ein anderer steht mit Waffe im Anschlag neben ihm und schaut ebenfalls Richtung Boden. Ruhiger Einsatz Der Einsatz ist nach erster Einschätzung der Polizei zufriedenstellend und ruhig abgelaufen. Das zeigen auch die privaten Videos aus dem Zug und vom Umfeld des Bahnhofes, die im Internet kursieren, zeigen. Zu sehen ist auch, wie Polizisten mit geladenen Waffen durch den Zug gehen und die Fahrgäste schnell nach draußen gebracht werden. Als auch der Waffenbesitzer den Zug verließ, wurde er am Bahnsteig festgenommen und zur Polizeiwache Höxter gebracht. Er führte laut Angaben der Polizei unter anderem zwei schwarze Luftdruckwaffen und weitere Gegenstände mit sich. Die Waffen und Gegenstände wurden sichergestellt. Bei dem Mann handelt es sich um einen 24-Jährigen aus dem Kreis Paderborn, die weiteren Ermittlungen dauern noch an. Unklar ist auch, inwieweit andere Fahrgäste tatsächlich gefährdet waren. Ob der Mann nun auch in U-Haft kommt, stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Klar ist nach nw.de-Informationen offenbar, dass es sich bei mindestens einer Waffe um eine Luftdruckwaffe gehandelt hat, die eine maximale Leistung von 7,5 Joule nicht überschreitet. Joule beschriebt dabei die maximale Mündungsenergie, die mit einer Waffe möglich ist. Waffen, deren maximale Mündungsenergie 7,5 Joule nicht überschreitet und die mit F in einem Fünfeck gekennzeichnet sind, dürfen von Menschen ab 18 Jahren frei erworben werden. “Die dürfen dann gekauft werden, aber nicht öffentlich geführt werden“, sagt Polizeisprecher Jörg Niggemann auf Nachfrage der NW. Da der Mann, der im Zug der Nordwestbahn mit Waffen rumgefuchtelt hatte, bereits 24 Jahre alt war, hätte er zumindest auf legalem Weg in den Besitz von solchen Langwaffen kommen können, die sich optisch für den Laien kaum von Waffen mit einer wesentlich höheren Mündungsenergie unterscheiden lassen. Auch in dem Fall hätte sich der Mann strafbar gemacht. Ermittlungen noch nicht abgeschlossen Denn in dem Moment, in dem eine legale Waffe, gekennzeichnet mit dem F im Fünfeck, in der Öffentlichkeit getragen wird, liegt ein Straftatbestand vor. Wenn die Waffe dazu einer Waffe mit höherer Mündungsenergie zum Verwechseln ähnlich sieht, spricht die Polizei von einer sogenannten Anscheinswaffe, ein Verstoß kann mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Niggemann betont ausdrücklich, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und dass er also zu solcherlei Details keine Angaben machen könne. Klar ist aber: Wer Waffen mit dem F im Fünfeck kaufe, soll in der Regel vom Händler, bei dem er die Waffen erwirbt, über die gültige Rechtslage aufgeklärt werden – und eben darüber, was er mit der Waffe darf oder nicht. Ob das im Falle des 24-Jährigen passiert ist, soll auch im Rahmen der Ermittlungen geklärt werden. "Schildern Sie die Situation" Sollte ein Bahnreisender oder ein Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs verdächtige Beobachtungen machen und etwa einen Fahrgast mit einer Waffe hantieren sehen, rät Niggemann dringend dazu, die Polizei zu kontaktieren. &bdquo;Rufen Sie die 110 und schildern Sie die Situation.“ Die Beamten würden dann eine Einschätzung vornehmen und sachgemäße Handlungsempfehlungen geben können. Insofern hat der Zeuge in diesem Fall alles richtig gemacht, indem er dem Lokführer Bescheid gab. Der Zug konnte seine Fahrt nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen fortsetzen. Für die Nordwestbahn in dieser Dimension eine Ausnahmesituation. &bdquo;Natürlich haben wir – wie auch bei den Bussen der Fall – keine Kontrolle darüber, wer unterwegs in die Züge als Fahrgast einsteigt. Anders als beim Flugzeug“, sagt Sprecher Högemann. Das Personal sei geschult, Situationen zu deeskaliere. Per Zugfunk zur Polizei Doch sobald eine Waffe, auch eine echt aussehende Waffenattrappe im Spiel und damit &bdquo;Gefahr für Leib und Leben“ da sei, werde nicht mehr deeskaliert, sondern gleich die Polizei gerufen. Das gehe vom Führerhaus aus per Zug-Funk als schneller und direkter Draht nach draußen. Schneller aus via Handy. Auch der Kundenbetreuer – so nennt die Nordwestbahn ihre Zugbegleiter – könnten da sofort handeln. Der Zugführer sei über die nicht von Fahrgästen zu öffnende Tür geschützt vor Randalierern oder Messerangreifern. Die Glastür biete natürlich keinen Schutz mehr, wenn Schüsse angegeben würden. Ja, sagt Högemann, insgesamt habe sich die Situation beim Zugfahren in den vergangenen Jahren deutlich verschärft, nähmen auch Übergriffe auf Kundenbetreuer zu. Auch forciert durch Mehrbelastungen aufgrund der Corona-Pandemie und dem 9-Euro-Ticket. &bdquo;Die Bereitschaft, Maske zu tragen, hat zudem gelitten. Auch weil im Ausland diese Reglung im ÖPNV nicht mehr gilt. Und viele jetzt aus dem Urlaub kommen und im ÖPNV wieder Maske tragen sollen.“ Er habe großen Respekt vor der Arbeit des Zugpersonals, betont Högemann. Zumal niemand wisse, wie sich die Situation im Herbst und Winter verändern oder zuspitzen könne.

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