Experte über Atommülllager Würgassen: „Kein Problem mit Starkregen“

Beverungen-Würgassen. Starkregen-Ereignisse erhöhen nicht die Überflutungsgefahr am geplanten Atommülllager in Würgassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine zusätzliche Untersuchung des Hydrologen Jürgen Jensen. Der Experte von der Universität Siegen hatte auf Bitten der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung sein Gutachten zum Thema Hochwasser ergänzt. Anlass waren die katastrophalen Hochwasser im vergangenen Sommer in der Eifel und an der Ahr. Professor Jensen kommt zu dem Schluss, dass mögliche lokal auftretende massiven Regenfällen im Bereich des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen bereits von seinen Prognosen abgedeckt seien. Daher müssten die vorgelegten Berechnungen etwa für ein 10.000-jährliches Hochwasser am Standort nicht nach oben angepasst werden.Der Sachverständige sollte prüfen, ob nach Sturzfluten an der Ahr und in der Eifel umgedacht werden muss, was den Standort Würgassen angeht: Dort will die BGZ direkt in der Weseraue das bundesweit einzige zentrale Bereitstellungslager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle bauen. Die Bürgerinitiativen mahnten an, so etwas habe in einem Überflutungsgebiet nicht zu suchen. Er sei bei der Analyse konservativ vorgegangen, schreibt Jürgen Jensen. Dabei habe er auch das einzige lokale Starkregenereignis der vergangenen 100 Jahre berücksichtigt – das Hochwasser von 1946. Überhaupt habe es an der Weser die schlimmsten Überflutungen in den 1940er-Jahren gegeben. Seitdem habe sich so etwas aufgrund vieler Schutzmaßnahmen nicht mehr in der Dimension wiederholt.Am 10. Februar 1946 sei die Abflussmenge mit 1680 Kubikmetern pro Sekunde am Pegel Karlshafen seit Menschengedenken am höchsten gewesen – jedenfalls soweit verlässliche Daten vorhanden sind. Damals hatte nach der Schneeschmelze sechs Tage lang heftig geregnet.Ein wesentlich größerer EinzugsbereichJansen hat vorhandene Hochwasser-Karten ausgewertet: Ergebnis: Selbst bei einem extremen Starkregen, wie er alle 1.000 Jahre vorkommen kann, stünden laut Jansen nur Teilbereiche im Nordosten des Kraftwerksgrundstücks unter Wasser. &bdquo;Es sind lokal begrenzte Flächen mit Einstautiefen bis teilweise über einem Meter zu erwarten“, so der Experte. Weil das Gelände am ehemaligen Kernkraftwerk in Würgassen sehr eben ist, sei bei Starkregen auch nicht mit einer &bdquo;markanten Konzentration von Fließwegen beziehungsweise Abflüssen“ zu rechnen. Aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung der umliegenden Flächen würden sich seiner Einschätzung nach keine weiteren Fließwege abseits des eigentlichen Gewässers bilden. Die Weser habe mit fast 14.800 Quadratkilometer einen wesentlich größeren Einzugsbereich als beispielsweise die Ahr (900 Quadratkilometer) mit ihrer vergleichsweise dichten Uferbebauung. Dadurch würden an der Weser lokale Starkregenereignisse gedämpft beziehungsweise kompensiert, schreibt der Gutachter. Starkregenzellen seien meist nicht besonders groß, das Wesertal aber relativ weit und breit. Auch die vielen Nebenflüsse wie Diemel, Eder, Werra, Fulda und Schwalm erhöhten daher das Risiko nicht. Höchstens alle 10.000 Jahre Außerdem sei es extrem unwahrscheinlich, dass ein maximaler Scheitelwasserstand und ein extremer Starkregen zeitgleich an einer Stelle auftreten. Dies dürfte nach Jensens Schätzung höchstens alle 10.000 Jahre vorkommen.Überhaupt könnten die Folgen des Hochwassers von 2021 in der Eifel und im Ahrtal aufgrund der völlig anderen Topographie nur sehr eingeschränkt auf die Weser mit ihrem viel größeren Einzugsbereich übertragen werden, so der Experte abschließend.Insgesamt sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Katastrophe wie 2021 in Westdeutschland wiederholt, äußerst gering. Es sei jedenfalls eher ein Jahrtausend- als ein Jahrhunderthochwasser an Ahr und Erft gewesen.

Meistgelesen