Sturmtief im Kreis Höxter: "Die nächsten Tage werden heftiger"

Kreis Höxter. Florian Brand hat in der Nacht zu Donnerstag wenig Schlaf gefunden: &bdquo;Die Wände haben gewackelt und wir hatten Angst, dass die Fensterscheiben herausfliegen.“ Um 4.30 Uhr war es vorbei mit der Nacht für Familie Brand. Der Wind riss das Kupferdach herunter. &bdquo;80 Prozent davon liegen jetzt am Boden“, sagt Brand. Heißt: Teile der Konstruktion sind noch oben und können jederzeit runterkommen. Deshalb bittet Brand eindringlich darum, dem Gebäude fernzubleiben. Aber genau das machen einige nicht: &bdquo;Ich musste heute schon mehrere Schaulustige verscheuchen, die um das Haus herumgelaufen waren.“ Wie es jetzt mit dem Köterberghaus ohne Dach weitergeht? Dachdecker können im Sturm jedenfalls nichts machen. &bdquo;Wenn es jetzt Starkregen gibt, haben wir auch noch einen Wasserschaden“, fürchtet der Sohn der Gastwirtsfamilie. "Niemand ist zu Schaden gekommen" Das Orkantief Ylenia hat nicht nur auf dem 500 Meter hohen Köterberg Schäden angerichtet. Teilweise Starkregen mit Gewitter in Verbindung mit Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke hat Ylenia mit im Gepäck gehabt auf dem Weg von Westen in Richtung Osten. Vielerorts stürzten Bäume auf die Fahrbahnen oder Wege. Dächer wurden beschädigt, Baustellenklos flogen davon. &bdquo;Das Wichtigste ist jedoch, dass niemand zu Schaden gekommen ist“, sagt Kreisbrandmeister Rudolf Lüke erleichtert. Doch noch immer ist die Gefahr nicht vorüber. Und noch immer sind einige Straßen im Kreis gesperrt, vor allem in Waldgebieten der Egge. Auch punktuell müssen die Straßenmeistereien noch eingreifen, um Bäume von Straßen und Wegen zu beseitigen und zu sichern, so die Polizei. Wetterstation misst NRW-Spitzenwert &bdquo;Es war beträchtlich“, bilanziert Hermann-Josef Sander. Die erste starke Windböe sei an der HVV-Wetterstation in Drenke in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um zwei Uhr gemessen worden: 118,5 km/h. Dann um fünf Uhr: 135 km/h. Damit wurde in Drenke den Berichten verschiedener Medien zufolge der NRW-weite Spitzenwert gemessen. Zum Vergleich: Sturm Friederike fegte im Januar 2018 in der Spitze mit 144,5 km/h über das Land. Das ist der bisherige Höchstwert in Drenke. Daneben ist Sander die Entwicklung der Temperaturen aufgefallen. Die seien von Mittwochmorgen bis Mitternacht kontinuierlich auf etwas mehr als 13 Grad gestiegen. &bdquo;Solche Temperaturen nachts Mitte Februar – das ist schon was“, betont Sander, der die Wetterstation betreut. Weniger außergewöhnlich waren laut Sander hingegen die Regenfälle. 23 Liter pro Quadratmeter wurden binnen 24 Stunden in Drenke gemessen. Die Wetteraussichten sind nicht gut &bdquo;Es bleibt stürmisch, und der Deutsche Wetterdienst hat für die nächsten Tage weitere Warnmeldungen auch für den Kreis Höxter herausgegeben“, erklärt der Krisenstabsleiter des Kreises Höxter, Matthias Kämpfer. Kreis, Städte, Polizei und Feuerwehren würden gemeinsam die Lage genau beobachten und sich auf weitere Einsätze einstellen. &bdquo;Ich bitte alle Bürgerinnen und Bürger eindringlich darum, weiter vorsichtig und achtsam zu sein“, sagt Landrat Michael Stickeln. &bdquo;Zudem danke ich allen Einsatzkräften sowie den Mitarbeitern der Bauhöfe von Herzen, die mit ihrer Bereitschaft unsere Sicherheit gewährleisten.“ Sein Holzmindener Kollege, Landrat Michael Schünemann, appelliert an alle Bürger, am Freitag speziell ab dem frühen Nachmittag lieber zuhause zu bleiben und wird dabei sehr deutlich: &bdquo;Nach allem, was wir hören, wird es zum Wochenende noch heftiger“, so der Landrat. &bdquo;Darum sollte jeder Gang und jede Fahrt wohl überlegt und wo möglich, vermieden werden.“ Die Lage auf Straßen und Schienen Insgesamt zählte die Feuerwehr im Kreis Höxter zwischen 22 und 6.45 Uhr im Kreis 88 Einsätze – fast alles umgestürzte Bäume. Um kurz nach 8 Uhr am Morgen liefen noch immer zehn Einsätze, meldet die Feuerwehrleitstelle in Brakel. In Gehrden fiel ein Ast auf ein geparktes Auto, in Stahle ein Baum auf ein Wohnmobil, berichtet Polizeisprecher Jörg Niggemann. Am Donnerstag waren im Kreisgebiet wegen umgestürzter Bäume und Gefahren Straßen gesperrt: die L 763 von Willebadessen nach Kleinenberg, K 26 von Willebadessen nach Lichtenau, L 763 von Fölsen nach Peckelsheim, L 755 von Langeland nach Altenbeken, K 40 von Rheder nach Hampenhausen, K 23 von Hardehausen nach Blankenrode, L 828 von Schwaney nach Neuenheerse, K 18 von Bad Driburg nach Brakel und K 57 von Löwendorf nach Hohehaus., dazu laut Landesbetrieb Straßen NRW die L 953 von Natzungen nach Frohnhausen, L 838 von Bühne nach Haarbrück und L 837 von Löwen nach Ikenhausen. Die letzten Fünf sollten laut Landesbetrieb bis zum Abend wieder frei sein. Gerade die Straßen in der Egge blieben wohl auch noch länger gesperrt. Wieder frei waren am Donnerstagnachmittag laut Polizeisprecher auch die K 40 und die L 828. Trotz des hohen Einsatzaufkommens – auch die Leitstelle der Polizei war mit zusätzlichem Personal besetzt, weitere Kräfte in Bereitschaft – sei die Situation händelbar, erklärte der Sprecher. Auch der Zugverkehr der Nordwestbahn im Kreis Höxter war eingestellt. Das betrifft die Strecken von Paderborn über Brakel nach Höxter und nach Göttingen. Gleiches galt für die RB 89 im Südkreis. Aktuelle Infos für Zugreisende unter: www.nordwestbahn.de und www.bahn.de Hier waren Höxters Feuerwehren beschäftigt Los ging es im Kreis Höxter bereits kurz vor 1 Uhr, da stürzten Bäume auf die Landesstraße 763 und die Kreisstraße 26 in Willebadessen in Richtung Kleinenberg. Nach 1 Uhr drehte der Orkan dann richtig auf. Sämtliche Freiwilligen Feuerwehren der Städte im Kreisgebiet Höxter waren nach NW-Informationen die Nacht über im Einsatz oder hielten Bereitschaft. Es mussten dutzende Einsätze abgearbeitet werden. Besonders traf es die Mitte des Kreises, insbesondere das Stadtgebiet Brakel, wo mehrere Bäume die Verkehrswege versperrten. Die Sägearbeiten waren für die Feuerwehrleute nicht ungefährlich, da der Orkan während der Einsätze noch immer mit Windgeschwindigkeiten bis zu 120 Kilometer pro Stunde tobte. Im Einzelnen verteilen sich die Einsätze der vergangenen Nacht bis 6.45 Uhr auf die einzelnen Stadtgebiete wie folgt: Bad Driburg: 8 Einsätze Beverungen: 10 Einsätze Borgentreich: 21 Einsätze Brakel: 13 Einsätze Höxter: 15 Einsätze Marienmünster: 4 Einsätze Nieheim: 3 Einsätze Steinheim: 1 Einsatz Warburg: 7 Einsätze Willebadessen: 9 Einsätze Feuerwehr Holzminden stark gefordert Auch im Landkreis Holzminden war die Feuerwehr die ganze Nacht im Einsatz: 320 Kräfte der Feuerwehr waren im gesamten Kreisgebiet in insgesamt 100 Einsätzen in der Nacht von Donnerstag auf Freitag unterwegs. Die Kreisfeuerwehr hatte vorsorglich schon am Donnerstagabend einen Krisenstab zusammengerufen, um schnell handeln zu können. Die Einsatzleitung sprach von seiner &bdquo;Sonderlage“, bei der die Löschgruppen in Einsatzbereitschaft gehalten werden. In der Stadt Holzminden wurden bis 8.30 Uhr 23 Einsätze gezählt, in der Samtgemeinde Boffzen 7. Bei Meinbrexen musste ein Baum von Bahngleisen entfernt werden.Nach dem Sturm ist vor dem Sturm Matthias Kämpfer, Leiter des Fachbereichs Öffentliche Sicherheit swa Kreises Höxter, und Krisenstabsleiter, wandte sich mit einer eindringlichen Bitte an die Bevölkerung im Kreis Höxter: &bdquo;Alle nicht unbedingt notwendigen Wege im Straßenverkehr – insbesondere, wenn sie durch Waldgebiete führen – sollten in den kommenden Tagen unterlassen werden. Bleiben Sie nach Möglichkeit zuhause. Versuchen Sie, Verabredungen oder Termine zu verschieben und, falls es möglich ist, Homeoffice-Regelungen in Anspruch zu nehmen. Und sichern Sie alle beweglichen Gegenstände im Außenbereich gegen Sturmböen, beispielsweise Gartenmöbel oder auch Baugerüste.“ Auch wenn der Orkan sich am Donnerstag und Freitag abschwächt, so rechnen die Meteorologen schon in der Nacht von Freitag auf Samstag mit einem erneuten, sehr heftigen Sturm, der über Deutschland hinweg fegen soll. Denn nach dem Sturm ist bekanntlich vor dem Sturm.

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