2G-Plus in der Gastronomie: Die Branche wird sich "gesund schrumpfen"

Kreis Höxter. Noch bis vor einigen Tagen galt in der Gastronomie 2G - also Einlass nur mit Corona-Impfung oder nach durchgestandener Infektion. Doch seit dem 13. Januar ist die neue Corona-Schutzverordnung des Landes in Kraft. Damit hat die Politik die Einlassregeln noch einmal verschärft. Nun gilt 2G-Plus. Das heißt: Geimpft oder genesen zu sein, reicht nicht. Rein kommt nur noch, wer neben der Grundimmunisierung - in der Regel zwei Spritzen - einen aktuellen Corona-Test oder eine Booster-Impfung vorweisen kann. Auch, wer sich nach vollständiger Impfung vor nicht mehr als drei Monaten infiziert hat, darf weiterhin ins Restaurant. Die neue Regelung soll zum Boostern animieren. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sagt das ganz offen. Die Menschen sollten sehen, "dass es gut ist, eine Auffrischungsimpfung zu haben." Die Gastronomen im Kreis Höxter rechnen derweil mit wirtschaftlichen Konsequenzen. Neue Einschnitte"Es wird noch mal der ein oder andere Gast weniger kommen", sagt Bernd Weber. Er betreibt das Hotel und Restaurant Klosterkrug an der Abtei Marienmünster. Zwar seien gut 80 Prozent seiner Gäste geboostert; das weiß Weber von den Kontrollen der Impfausweise. Von den übrigen Geimpften ohne Booster würden nun aber vermutlich einige wegbleiben. Vor allem jene, sagt Weber, "die spontan unterwegs sind."Denn als Geimpfter ohne Booster und ohne Test mal eben ins Restaurant: Das geht nicht mehr. Weitere Gäste würden aus "allgemeiner Verunsicherung" nicht mehr kommen, befürchtet der Gastwirt. Schlicht, weil sich im Corona-Winter ihr Risikoempfinden regt, sie vor einer Infektion Angst haben und deswegen lieber nicht ins Restaurant gehen.Mehr Aufwand durch 2G-Plus "Ob die Gastro-Branche wirklich der Treiber der Corona-Zahlen ist, sei dahingestellt", sagt Dominique Kirchhoff vom Gasthaus Kirchhoff in Beverungen-Amelunxen. "Ich kann mir natürlich Besseres vorstellen, als die Leute jetzt noch genauer zu kontrollieren." Immerhin kommt nun zur Kontrolle der Impfzertifikate und Genesenennachweise in manchen Fällen noch der prüfende Blick auf Testzertifikate. Klar ist aber auch für Kirchhoff: "Das Spontangeschäft ist komplett weg." Da hilft es aus seiner Sicht wenig, dass die Corona-Schutzverordnung beaufsichtigte Selbsttests vor Betreten des Restaurants erlaubt. "Das finde ich prinzipiell gut", sagt Kirchhoff. "Aber nicht wirklich praktikabel. Denn dann müsste ich draußen extra eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter abstellen und der Gast darf erst rein, wenn sein negatives Ergebnis vorliegt." Ein neuer Lockdown? Für neuen Unmut sorgt die Situation auch bei Marita Dickgreber. Seit 1987 mache sie das, sagt die 64-Jährige, und meint damit die Arbeit als Gastronomin. 21 Jahre lang betreibt sie eine Gastwirtschaft in Warburg-Rimbeck, davor schon in Scherfede. Wie die anderen Gastronomen im Kreis Höxter ist sie mit Herzblut dabei: Gäste empfangen, sie bewirten und willkommen heißen. "Aber was wir momentan machen, ist gegen die Natur der Gastwirte", sagt Dickgreber und meint damit, bestimmte Menschen nicht reinlassen zu dürfen.Die Gastronomin will nicht missverstanden werden. "Ich will auch mithelfen, dass die Corona-Situation ein Ende nimmt", betont sie. Gleichwohl stört Dickgreber, dass erneut bei der Gastro-Branche der Hebel angesetzt wird. Und das auch mit Blick auf die Booster-Kampagne. "Wir sollen jetzt helfen, dass sich die Impflücke schließt, weil einige Menschen, sich nicht impfen lassen wollen."Das kritisiert auch Bernd Weber. "Man gibt der Gastronomie die Aufgabe, den Druck für das Boostern aufzubauen." Die Wahl der Mittel - 2G-Plus - verschleppt dabei seiner Ansicht nach aber nur einen erneuten Lockdown. "Ich glaube, dass 2G-Plus nichts bringt und sich die Sache dadurch nur länger hinzieht", sagt Weber. "Meine Befürchtung ist, dass die Gastronomie jetzt gegängelt wird und dann doch wieder ein Lockdown kommt." Höhen und Tiefen In den vergangenen Monaten ging es wirtschaftlich auf und ab. "Wir hatten einen richtig guten Sommer", sagt Bernd Weber. "Super Betrieb im Biergarten und im Restaurant", schwärmt der Gastronom beim Blick zurück. "Da war Corona fast vergessen", sagt er. "Wer aber ein reines Innenlokal hat, der konnte den Sommer nicht mitnehmen", gibt er zu bedenken.Doch zugleich folgte auf den Sommer irgendwann der Winter und das Jahresendgeschäft. Und dem hatte Corona die wirtschaftliche Wucht genommen. "November und Dezember waren eine Katastrophe", sagt Weber mit Blick auf viele Feierabsagen. Das bestätigt auch Dominique Kirchhoff. "Das À-la-carte-Geschäft war gut. Aber die Feiern haben gefehlt. Es wurde viel storniert."Gerade beim Party-Service hat die Nachfrage laut Marita Dickgreber nachgelassen. "Der Schützenverein braucht keine 100 Schnitzel mehr. Parties finden nicht statt." Gleichzeitig laufen die Kosten weiter, zum Beispiel für die Kühlung. Hinzu kommt die planerische Unsicherheit. "Kaufe ich frische Champignons oder kommt keiner?" Sie könne auch keine Torte von gestern anbieten. "Damit machen wir uns den Namen kaputt, den wir über Jahre aufgebaut haben", sagt Dickgreber. Doch wie schauen die Gastronomen vor diesem Hintergrund in die Zukunft?Gemischte Aussichten für die Zukunft Dominique Kirchhoff will erstmal keine Prognosen wagen. "Sehen wir mal, was in den nächsten Wochen passiert", sagt er. Marita Dickgreber ist überzeugt, dass ihr Betrieb die wirtschaftlichen Widrigkeiten übersteht. "Ich habe kein geleastes Auto und keine geleaste Kaffeemaschine. Was ich habe, besitze ich auch", sagt Dickgreber und zeichnet das Bild eines sparsamen Lebensstils. "Deswegen werde ich es schaffen." Auch Bernd Weber zeigt sich optimistisch. "Wir kommen klar, das ist nicht das Problem", sagt er. "Es ist eine schwierige, nervige Zeit. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir gut durchkommen werden und danach eine bessere Zeit kommt." Für das gesamte Gastro-Gewerbe zeichnet er ein anderes Bild. "Ich befürchte, dass sich die Branche gesund schrumpfen wird."

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