JU-Vorsitzender im Kreis Höxter: "Söder sollte zur Beichte gehen"

Kreis Höxter. Der Bundesvorstand des christdemokratischen Nachwuchses hat den Finger in die Wunde der Mutterparteien gelegt: "Plakate, Programm, Team und Termine kamen zu spät und haben ihre Wirkung dadurch verfehlt." Oder: "Viele Wähler haben der Union wegen des Personalangebots die Stimme nicht gegeben." Die Lage sei "beschissen", sagte zum Beispiel der Bundesvorsitzende Tilman Kuban, statt Volkspartei drohe die "Versenkung". Gleichzeitig winkt die Junge Union (JU) mit deutlich mehr als einem Zaunpfahl, dass sie künftig mehr mitreden will. Die JU sieht sich selbst als "Motor der personellen und inhaltlichen Erneuerung unserer Partei". So sieht das auch Leonard Rexhepi, 25, Vorsitzender der Jungen Union im Kreis Höxter: "Gerade jetzt nach der Wahl wird deutlich, dass die CDU sich erneuern muss." Und zwar, wenn es nach dem gebürtigen Natinger geht, strukturell, inhaltlich und personell. Strukturen Manches innerhalb der CDU kommt dem JU-Vorsitzenden altbacken vor. "Die digitale Kommunikation in der Partei ist von vorgestern. Wir schreiben immer noch Briefe, aber diese Zeit ist vorbei, die Welt ist schnelllebiger geworden, da muss man sich umorientieren." Statt Post plädiert er für Messenger oder Apps, von denen es ja zahlreiche gebe. "Auch die Parteitage sind teilweise sehr langwierig, wenn da gefühlt 30 Minuten Stimmen ausgezählt werden", sagt er. Mit digitalen Lösungen könnte ein Ergebnis binnen Sekunden stehen. Er wirbt außerdem für einen Mix aus Präsenz- und Onlineveranstaltungen. Das komme den Lebensumständen gerade von jungen Menschen deutlich näher. Zudem müssten die Parteigremien verschlankt werden, findet der Student. "Es gibt den Kreisverband, die Stadtverbände, die Ortsverbände; Vorstandssitzungen, Mitgliederversammlungen und das in allen Instanzen - für jemanden von außerhalb wirkt das sehr unübersichtlich." Und ist mit viel Aufwand verbunden. Zudem bekäme die CDU ja nicht einmal überall Vorstände zusammen. Neuenheerse nennt er als Beispiel. Der dritte Punkt, der dem 25-Jährigen wichtig ist: mehr Flexibilität. Statt nur Mitgliedschaften fürs Leben sollten auch Modelle für eine projektbezogene Zusammenarbeit möglich sein. Inhalt Maskenaffären ("Korruption geht gar nicht"), Machtspielchen ("Leute wie Markus Söder haben uns sehr geschadet, der sollte wirklich mal zur Beichte gehen"), mangelnde Inhalte ("Das war ein schlechter Wahlkampf"): Das Ergebnis ist das historisch schlechteste Wahlergebnis auf Bundesebene für die Union. Die JU will den Erneuerungsprozess der Mutterparteien deshalb in Schwung bringen - auch inhaltlich. Was hat der Nachwuchs denn zu bieten? Leonard Rexhepi setzt drei inhaltliche Schwerpunktthemen, sein "Dreieck der Nachhaltigkeit". "Nachhaltigkeit nicht im Sinne des Klimaschutzes, auch wenn der mit dazu gehört." Eher: nachhaltig wie beständig, verlässlich, sicher. An der Spitze des Dreiecks: Finanzen. "Dazu gehört die Wirtschaft, aber auch die zum Beispiel die Renten." Zweite Ecke: Gerechtigkeit. "Damit ist Soziales gemeint, der Klima- und Umweltschutz, aber auch Law and Order." Und: Europa. "Es geht um mehr europäischen Patriotismus, wenn man das so ausdrücken kann. Was können wir tun, um mehr Europa zu bekommen, mehr europäische Integration?" Von den drei Schlagworten verästeln sich in Rexhepis Kopf weitere Themengebiete, ohne dass sie anderen untergeordnet sind, das ist ihm ganz wichtig. Die JU ist die Stimme der Jungen in der Union. CDU und CSU haben aber bei den jungen Wählern kaum überzeugen können. Die Gewinner dort sind FDP und Grüne. Mögliche Interpretation: Die Jugend will Digitalisierung und Klimaschutz? Rexhepi stimmt dem grundsätzlich zu. Bei der FDP sei aber mit Blick auf den Wahlkampf in den sozialen Medien noch hinzugekommen: "Die waren einfach cool." Die Digitalisierung sei aber sicherlich der Hauptgrund für den Wahlerfolg der Liberalen bei den Erstwählern. Und sie ist auch ein drängendes Thema im Kreis Höxter - wie soll sie hier gelingen? "Im Kreis Höxter ist die Grundlage sicher der Ausbau und mein Vorschlag ist: Nicht warten auf eine Potenzialanalyse der Telefonanbieter, sondern es selber machen." Beim Klimaschutz "geht der Kreis Höxter voran". Rexhepi zählt den Sustainable Campus der TH OWL auf, den Status als Ökomodellregion, die gute Müllverwertung. Aber, Hand aufs Herz, reicht das wirklich? "Nein, das wird nicht reichen", sagt der Masterstudent des Studiengangs Risikoabschätzung und Nachhaltigkeitsmanagement der Uni Darmstadt. "Das ist eine Querschnittsaufgabe, wir brauchen nachhaltige Städte, autoarme Städte, nachhaltige Unternehmen, Kreislaufwirtschaft." Und geht das mit technischer Innovation oder durch Richtlinien? "Ich glaube, eine Mischung ist da gefragt." Mit Technologieoffenheit könne viel gelingen, es gehörten aber auch "Deadlines" dazu. Deadlines sind wohl die neuen Verbote. Und dann ist da noch das "C" in CDU, das in der Vergangenheit hart gelitten hat. "Ich kann schon nachvollziehen, dass einige Menschen uns das nicht mehr glauben", sagt Rexhepi mit Blick auf Korruptionsfälle in den Unionsparteien. Dabei sei das Christliche bei vielen Herausforderungen der Zukunft sehr wichtig. Wertschätzung, Rücksichtnahme, Nächstenliebe, Ethik - all das müsse sich in den Entscheidungen widerspiegeln. Etwa, wenn es um Künstliche Intelligenz ginge. Dass diese Werte aus der Mode sein könnten, glaubt der 25-Jährige nicht. "Für viele Menschen spielt eine gewisse Spiritualität eine Rolle." Statt in der Kirche fänden sie diese aber zum Beispiel beim Yoga. Personal Personell müsse sich die Union neu aufstellen. "Man muss die Jüngeren ranlassen", fordert Rexhepi, "die gibt es, die kandidieren auch." Das gilt nicht nur für die Spitzenpositionen, aber doch auch, oder? Wer ist denn der Jüngste, der sich jetzt um den Vorsitz bemüht? Jens Spahn? "Kann sein, dass Spahn jünger ist, aber Carsten Linnemann sieht jünger aus." Rexhepi macht aus der seiner Sicht und der seiner Mitstreiter im Kreis Höxter keinen Hehl. "Friedrich Merz ist raus für mich." Spahn ebenfalls. "Für uns kommen eigentlich nur noch Carsten Linnemann oder Ralph Brinkhaus infrage." Ersterer sei politisch erfahren, aber unverbraucht, Zweiterer habe seinen Job als Fraktionsvorsitzender gut gemacht.

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