Seelische Stütze für Schwangere: Das ist die einzige Doula im Kreis Höxter

Kreis Höxter. Der werdende Vater schwächelt, hält sich aber noch wacker neben seiner Frau. Die diensthabende Hebamme hat in dieser Nacht noch drei weitere Damen zu versorgen und wechselt oft das Zimmer. So wundervoll die Geburt eines Kindes ist: Für die werdende Mutter ist es ein schmerzhafter Kraftakt, bei dem sie jede Art von Beistand gebrauchen kann. Um während der Geburt nie auf die Hand einer vertrauten Person verzichten zu müssen, wenden sich Frauen an Marina Hein. Die 29-Jährige ist nach eigener Aussage die einzige Doula im Kreis Höxter. &bdquo;Frei aus dem Altgriechischen übersetzt, bedeutet Doula Dienerin der Frau", verrät die zierliche Bergheimerin. &bdquo;Meine Aufgabe ist es, die Frauen während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett mental und psychisch zu unterstützen. Bei der Geburt fungiere ich vor allem als Ruhepol." Hein übernimmt also keine medizinischen Funktionen, ersetzt weder Hebamme noch Arzt, die das Kind zur Welt bringen. Mit ihnen arbeitet sie aber eng zusammen und ist dabei Sprachrohr der werdenden Eltern. "Eine vertraute Person an ihrer Seite" &bdquo;Im Fall der Fälle ist Beistand da. Die Frau hat dann eine vertraute Person an ihrer Seite." Um dieses Vertrauen aufbauen zu können, betreut Marina Hein nicht zu viele Frauen gleichzeitig. Denn 14 Tage vor Geburtstermin befindet sie sich in Rufbereitschaft – Tag und Nacht. Ihre Doula-Tasche mit LED-Kerzen, Massageöl und einem Notizbuch steht dann auch schon bereit. Außerdem trifft sie sich im Vorfeld mindestens drei Mal mit der Schwangeren. Gespräche und Massagen im Steinheimer und Höxteraner Krankenhaus sorgen für Bindung und Entspannung. Außerdem wird ein Geburtsplan ausgearbeitet. Darin ist festgelegt, was die Frau während der Geburt von Hein erwartet: ob Massage, Handhalten oder einfach nur Dasein. &bdquo;Während der Geburt kann sich das natürlich ändern." Die vier Geburten, die sie bisher begleitet hat, verliefen ohne Komplikationen. &bdquo;Doch jede Geburt ist anders", bemerkt die Doula. Auch wenn das Berufsbild mit 280 im entsprechenden Verein organisierten Mitgliedern im Vergleich zu 24.000 Hebammen und Entbindungspflegern, die vom Statistischen Bundesamt bis 2017 gezählt wurden, nicht allzu verbreitet scheint – Doulas hat es im Grunde schon immer gegeben. &bdquo;Das ist nichts Neumodisches. Früher bei Hausgeburten gab es Tante, Mutter oder Großmutter, die der Gebärenden Beistand leisteten." Neunmonatige Ausbildung in Karlsruhe Um sich nach heutigem Stand der Dinge Doula nennen zu dürfen, musste Marina Hein seit Oktober 2018 – wie passend – eine neunmonatige Ausbildung in Karlsruhe absolvieren. An 24 Wochenenden lernte sie zusammen mit 16 anderen alles rund um das Thema Geburt. 15 dicke Bücher habe sie wälzen müssen. Weitere Bedingungen für den Berufseinstieg betrafen sie ganz persönlich: Denn eine Doula-Anwärterin muss mindestens 25 Jahre alt sein und selber schon Kinder haben. Marina Heins sind mittlerweile vier und sechs Jahre alt. Von Mutterschaft als Berufsbedingung hält sie allerdings nichts. &bdquo;Eine Frau muss keine schlechte Doula sein, nur weil sie keine Kinder hat", sagt sie. Wichtig sei die charakterliche Eignung. Zunächst brauche es Geduld. Denn bis ein neuer Erdenbürger das erste Mal ins Tageslicht blinzelt, könnten zwischen vier und zwölf Stunden vergehen. Ansonsten ist Einfühlungsvermögen gefragt und ein insgesamt gutes Gespür im Umgang mit der Frau. "Es war ein bisschen wie ein Luxus-Wellness-Programm" Von Doula Marinas Qualitäten konnte sich Alena Alteheld aus Wehren bei Bad Meinberg überzeugen, als sie vor einigen Wochen Töchterchen Maya zur Welt brachte. Noch bei der Geburt der mittlerweile zweijährigen Emma hatte sich Alteheld allein gelassen gefühlt. Bei Maya habe sie eine andere Geburtserfahrung machen wollen. &bdquo;Die Geburt war sehr entspannt. Es war ein bisschen wie ein Luxus-Wellness-Programm." Mit Entspannungsmusik im Ohr, die sie auch schon durch die Übungen im Vorfeld begleitet hat, habe sie sich wunderbar fallen lassen können. Dazu eine tolle Massage von Ruhepol Marina. &bdquo;Am nächsten Tag wusste ich, woher ich den Muskelkater habe", ergänzt diese im Rückblick auf die fünfstündige Geburt schelmisch und betont: Das Wohlbefinden der Mutter hat auch Einfluss auf das Kind. Dabei ist die Doula nicht nur für das Wohlbefinden der werdenden Mutter zuständig. &bdquo;Setz dich mal für ein paar Minuten hin und mach die Augen zu", verteilt sie manchmal auch klare Ansagen an die werdenden Väter. &bdquo;Während der Vater kurz Pause macht, frische Luft schnappt oder sich was zu trinken holt, hat trotzdem noch eine vertraute Person einen Blick auf die baldige Mama." Atem- und Visualisierungstechniken Die Väter gehören auch zur Zielgruppe ihrer Hypnobirthing-Kurse, die Hein seit Anfang 2017 gibt. Dabei lernen die Männer, welche Rolle sie während der Geburt übernehmen können und die Frauen, wie sie selbstbestimmt und angstfrei in die Geburt gehen und dabei auf ihren Körper vertrauen. Dabei nutzt Hein Atem- und Visualisierungstechniken, bringt die Frauen unter anderem dazu, sich vorzustellen, wie das Kind tiefer ins Becken rutscht. Zu einem ihrer Arbeitsmittel gehören außerdem die ursprünglich aus Mexiko stammenden Rebozo-Tücher. Mit deren speziell-gewebtem Stoff massiert Hein ihre Kursteilnehmer oder lockert durch Zugtechniken während der Geburt das Becken. Das alles ist nicht umsonst. &bdquo;Wegen der Preise können mich Paare gerne ansprechen." Sie würden aber weit unter der Marke von 1.000 Euro liegen, die Doulas andernorts für ihre Leistungen nehmen würden. Die Kosten werden von der Krankenkasse nicht übernommen. Wenn das Kind erfolgreich zur Welt gebracht wurde, schreibt Hein ihre Eindrücke nieder – in einem Brief an das Neugeborene, das eines Tages lesen kann, wie die Doula seine Geburt erlebt hat. &bdquo;Frauen glücklich zu sehen und dazu beizutragen, dass die Geburt ihres Kindes eine wunderschöne Erinnerung hinterlässt – das bringt mir Erfüllung", sagt Doula Marina Hein mit Vorfreude auf kommende Geburten.

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