
Kreis Höxter. Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts gilt seit Jahresbeginn für zwölf Handwerke wieder die Meisterpflicht. Damit müssen unter anderem Fliesen- und Estrichleger, Drechsler oder Holzspielzeugmacher wieder einen Meisterbrief vorlegen, wenn sie ihren Betrieb als Selbstständige führen wollen. Im Jahr 2004 hatte die rot-grüne Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder den Meisterzwang für 53 Berufe aufgehoben. Als Teil der Agenda 2010 sollte die Änderung für mehr Betriebsgründungen sorgen und den Wettbewerb anregen. Dass das Kabinett nun, zumindest in einigen Gewerken, eine Rolle rückwärts vollzieht, stößt im Kreis Höxter auf viel Zustimmung.
"Es ist dramatisch gewesen, dass die Meisterpflicht abgeschafft wurde", sagt Kreishandwerksmeister Martin Knorrenschild. "Jetzt hat man gemerkt, dass es ein Fehler war. Doch nun das Rad zurückzudrehen, wird sehr schwer." Für den Endverbraucher seien in den 15 Jahren ohne Meisterpflicht in den betroffenen Gewerken große Qualitätsverluste spürbar geworden. Außerdem hätten die neu gegründeten Betriebe keine große Lebensdauer gehabt. Nur drei bis fünf Jahre seien die meisten von ihnen aktiv gewesen und danach wieder vom Markt verschwunden.
"Eine gewisse Qualität dokumentiert"
Diesen Eindruck bestätigt auch Gerald Studzinsky. Über Nacht seien viele kleine Unternehmen in das Marktgeschehen getreten - und schon nach kurzer Zeit wieder verschwunden. "Von der Wiedereinführung der Meisterpflicht werden am Ende des Tages alle profitieren", befindet der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg. Denn zunächst sei der Meistertitel eine Art Gütesiegel, das eine gewisse Qualität dokumentiert. "Natürlich machen auch Handwerker mit Meistertitel Fehler." Dennoch würde mit dem Meisterzwang in den zwölf Gewerken wieder deutlicher der Verbraucherschutz in den Vordergrund rücken.

Aufkommende Befürchtungen, dass der Kunde für die Leistungen meistergeführter Betriebe tiefer in die Tasche greifen muss, lässt Studzinsky nicht gelten. Denn getreu dem Spruch "Wer billig kauft, kauft häufig zwei Mal" wird jemand, der zunächst Geld sparen wollte, letztlich doch tiefer in die Tasche greifen müssen - dann nämlich, wenn die geleistete Arbeit wiederholt Nachbesserungen erforderlich macht. "Auch außerhalb des Handwerks gilt, dass jemand, der Qualität erwartet, auch einen gewissen Preis zahlen muss."
200 Betriebe aus dem Boden geschossen
Bernd Simon ist Inhaber des Borgentreicher Orgelbauunternehmens "Lothar Simon & Sohn". Damit gehört sein Betrieb zu den Gewerken, die seit Jahresbeginn wieder der Meisterpflicht unterliegen. Im ganzen Bundesgebiet seien nach Abschaffung der Meisterpflicht etwa 200 Orgelbaubetriebe aus dem Boden geschossen. "Viele Firmen haben damals Leute entlassen müssen, weil es für die Orgelbaubranche schlecht aussah. Die haben dann eigene Betriebe gegründet. Ihre Werkstatt hatten sie zum Teil in VW-Bussen untergebracht. Doch im Orgelbau geht es um mehr als die reine Serviceleistung."
Die könne ein Geselle mit ausreichend Routine genauso gut erbringen wie ein Meister. "Aber auf dem Weg zum Meistertitel erwirbt man auch kaufmännische und pädagogische Kenntnisse." Wenn es aber an Qualifikation fehlt, könne es gefährlich werden. "Die Orgel im Trierer Dom hängt an einer Wand und Tausende Menschen gehen darunter her. Wenn man bei so einer Konstruktion pfuscht, besteht schlimmstenfalls die Gefahr, dass die Orgel herunterfällt", erklärt Simon.
Aus seiner Sicht habe Orgelbau auch mit Tradition zu tun. Alteingesessene Betriebe, die wie seiner schon seit 50 Jahren oder länger bestehen, könnten auf einen viel größeren Erfahrungsschatz zurückgreifen. "Ich-Gesellschaften fehlt hingegen das Fundament."
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