Die Meisterpflicht kehrt bei zwölf Berufen zurück

Berlin/Bielefeld. Der Bundestag hat die Rückkehr zur Meisterpflicht in vielen Berufen beschlossen. Das Parlament verabschiedete eine entsprechende Änderung der Handwerksordnung, die im ersten Quartal 2020 in Kraft tritt. Viele Experten sehen den Schritt kritisch. Die Meisterpflicht wird für zwölf Gewerke wieder eingeführt – darunter Fliesen- und Parkettleger, Rollladentechniker, Glasveredler, Raumausstatter oder Orgelbauer. In Anhörungen hatte sich die große Mehrheit der 53 Gewerke für eine Rückkehr zur Meisterpflicht ausgesprochen. Diese ist 2004 für mehr als 50 Berufe abgeschafft worden. Mit der Reform der Handwerksordnung wollte die damalige Bundesregierung einfachere Tätigkeiten für Selbstständige öffnen. Mehr Qualität und mehr Nachwuchs Die schwarz-rote Koalition argumentiert nun, die Rückkehr zur Meisterpflicht stärke das Handwerk. &bdquo;Unser Ziel ist, mehr Qualität für die Kundschaft und mehr Nachwuchs im Handwerk durch eine bessere Ausbildung", argumentieren etwa Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann und SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Derzeit bleiben jährlich 20.000 Lehrstellen im Handwerk unbesetzt. Die Auslastung der etwa eine Million Betriebe ist mit 84 Prozent aber auf einem Rekordhoch, so der Zentralverband des Handwerks. Nach Auffassung der Handwerkskammer OWL sorgt die Meisterpflicht für mehr Nachhaltigkeit. &bdquo;Betriebe, die von Meistern geführt werden, sind bestandsfester, liefern ,Meisterqualität ab und bilden aus", sagt OWL-Handwerkspräsident Peter Eul. Warnung vor negativen Folgen für die Kunden Warum kommt die Meisterpflicht nun ausgerechnet in zwölf Bereichen zurück? Karl Holmeier (CSU) nannte im Bundestag die entscheidenden Kriterien: &bdquo;Erstens: die Gefahrengeneigtheit, also die Frage, ob bei Fehlern Auswirkungen für Leben und Gesundheit drohen. Zweitens: die Frage nach dem kulturellen Erbe und der technischen Einzigartigkeit des Gewerbes. Drittens: ob eine Rückkehr zur Meisterpflicht für das Gewerbe vereinbar mit Verfassungs- und Europarecht ist." Die Monopolkommission allerdings warnt vor negativen Folgen für Kunden: &bdquo;Aus Sicht der Verbraucher wird der Zugang zu Handwerksleistungen schwieriger. Die Wartezeiten und die Preise können steigen", erklärte der Vorsitzende Achim Wambach. Zwar genössen die bereits gegründeten Nicht-Meisterbetriebe Bestandsschutz. Der Markteintritt werde für neue Betriebe aber deutlich schwieriger. &bdquo;Dieses Gesetz ist ein Schritt zurück", sagte Wambach. CONTRA Rückkehr in die Regulierungs-Steinzeit Berlin. Es ist gut, dass wir den Meister haben. Andere Länder beneiden uns um die mehrstufige und gründliche Handwerksausbildung. Eine Prüfung der Ausbildungsqualität in Berufen wie Elektrotechnik leuchtet komplett ein. Aber eine Rückkehr zur Meister-Pflicht für mehr und mehr Berufe? Wäre ein Rückschritt.Die Regierung hat es sich 2004 nicht leicht gemacht, die Berufe zur Deregulierung auszuwählen. Wo es drauf ankommt, etwa in der Elektrotechnik, blieb der Meisterzwang bestehen. Aber warum sollten Bürger jetzt wieder vor inkompetenten Raumausstattern, Glasveredlern oder Böttchern geschützt werden? Wer die Arroganz von Handwerkern bei der Terminsuche erlebt hat, der wünscht sich mehr Wettbewerb. Dem Autor dieser Zeilen wurde unlängst von einem Handwerker beschieden, er könne im Frühjahr wieder anrufen – vielleicht ließe sich dann einen Termin für den kommenden Sommer vereinbaren. Da ist selbst ein Termin beim Facharzt leichter zu bekommen. Die Rückkehr in die miefige Regulierungs-Steinzeit fordert geradezu dazu auf, künftig doch die Nummer des schwarz arbeitenden Osteuropäers zu wählen. Dem Vernehmen nach sind die sehr fleißig und wissen, was sie tun. Wenn doch mal eine Fliese minimal schief ist, muss und kann der Kunde damit leben. Er hat ja die Wahl. Wenn er erste Qualität will, kann er ja Arbeit durch einen echten Meister verlangen. Außerdem gibt es heute das Instrument von Bewertungsportalen für Dienstleister, die eine Aussage über die Qualität des Angebots zulassen.Finn Mayer-Kuckuk PRO Masse ist nicht Klasse Je weniger reguliert wird, desto größer wird das Angebot. Die Preise sinken und die Verbraucher sind zufrieden. So simpel ist die Argumentation häufig, wenn Kritiker die Rückkehr zum Meisterzwang für ein Dutzend Berufe verteufeln. Nur der erste Teil des Arguments stimmt. Wenn ein Handwerker keine sonderlich ausgewiesene Kompetenz für die Eröffnung eines Betriebs braucht, versuchen sich naturgemäß mehr in der Selbständigkeit. Ob er oder sie das Metier auch beherrschen, ist zweitrangig. Ob sie ihre Fähigkeiten als Ausbilder an die nächste Generation weitergeben, ebenfalls. An diesen beiden Punkten scheitert die zweite These der Gegner der Meisterpflicht. Kunden, die ihr Bad neu fliesen lassen, wollen sicher sein, dass die Arbeit auch ordentlich ausgeführt wird. Verlässlich ist diese Annahme nicht, wenn sich Hinz und Kunz als Anbieter auf dem Markt tummeln dürfen. Genau aus diesem Grund hat die Bundesregierung ja nun für wenige Berufe die Rückkehr zur Meisterpflicht, die ein Qualitätsmerkmal darstellt, beschlossen. Schludrigkeiten werden für den Verbraucher erfahrungsgemäß am Ende teurer und sorgen gewiss nicht für Zufriedenheit. Es ist eine Mär, dass eine Arbeitsstunde beim Meisterbetrieb zu teuer ist. Bürokratiekosten und Abgaben in Deutschland sind eher die Ursache für hohe Stundensätze als eine vermeintliche Marktabschottung. Schließlich erhöht die Meisterpflicht auch die Attraktivität der Berufe, weil mit dem Meisterbrief gutes Geld zu verdienen ist. Es gibt also gute Gründe für einen kleinen Rückschritt bei der Liberalisierung.Wolfgang Mulke

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