Kreis Höxter

Nilgänse verdrängen heimische Vögel

Wachsende Population: Die aus Afrika stammenden Vögel werden zunehmend zum Problem für heimische Tiere. Die aggressiven Nilgänse vertreiben sogar Storche und Greifvögel aus ihren Nestern

Besetzt: Eine Nilgans hat Störche aus ihrem Nest in Lüchtringen vertrieben. Jetzt brütet dort die ursprünglich aus Afrika stammende Vogelart. Die wachsende Population ist für heimische Vogelarten ein immer größer werdendes Problem. | © André Goldbohm

Amina Vieth
04.05.2018 | 04.05.2018, 09:32

Kreis Höxter/Höxter/Lüchtringen. Mit ihrem bunten Gefieder fallen sie auf, sind ein Hingucker und waren deswegen als Ziergänse beliebt – die Nilgänse. Jetzt verbreiten sie sich jedoch rasend schnell und werden ein Problem, gar eine Bedrohung für heimische Vogelarten. Denn die Nilgans vertreibt andere Brüter aus ihren Nestern – und das sehr aggressiv. Burkhard Beinlich, Leiter der Landschaftsstation im Kreis Höxter, blickt besorgt auf die Entwicklung.

Wie der Name der Tiere schon sagt, sind sie in Europa nicht heimisch. „Sie kommen aus Afrika", so Beinlich. „Die Engländer haben sie im 18. Jahrhundert als Ziergeflügel nach Europa gebracht. Dann wurden sie freigesetzt oder sind auch abgehauen und haben sich weiter verbreitet", erklärt der Diplom-Biologe und Ornithologe. In den 1980er Jahren seien sie noch eine Rarität hierzulande gewesen, seien von Vogelkundlern gerne beobachtet worden. Jetzt sind die „schon penetrant schnatternden" Nilgänse überall zu sehen. „Und sie vermehren sich sehr schnell."

Kampf ums Nest

Experte: Burkhard Beinlich. - © David Schellenberg
Experte: Burkhard Beinlich. | © David Schellenberg

Das Problem: Sie kämpfen um bereits besetzte Nester und vertreiben andere Vögel. Darunter neben der Stockente auch Störche, Wanderfalken und Schleiereulen. So haben Nilgänse erst jüngst Störche aus einem Nest in Lüchtringen verjagt. An der Kilianikirche in Höxter haben sie bereits vergangenes Jahr Wanderfalken vertrieben und an anderen Stellen auch Schleiereulen, denen es vom Bestand her momentan eh nicht gut gehe, so Beinlich. „Und bei den Wanderfalken haben wir einen Rückgang im Bestand."

Doch wie kann eine Gans sogar Greifvögeln die Nester streitig machen? „Die Nilgänse haben einen sehr ausgeprägten Nistinstinkt und gehen sehr aggressiv vor", weiß Beinlich. Häufig verlieren andere Vogelarten den Kampf. Und wenn die Nilgans erst mal ein Nest besetzt hat, geht es auch noch anderen nistenden Vögeln in unmittelbarer Nähe an den Kragen. „Das Nest und die Umgebung werden verteidigt. Alles in der Umgebung wird als Konkurrenz gesehen und deswegen vertrieben." Im schlimmsten Fall auch getötet, berichtet Beinlich. „Sie schlagen mit den Flügeln und beißen. Dabei kann es auch Verluste geben."

Viele Jungtiere bei den Nilgänsen

Verluste erleben die Nilgänse hingegen selten, „wegen des starken Mutterinstinkts, sie verteidigen mit ihrem Leben". Deswegen sei es nicht selten, dass die Tiere bis zu zehn Jungtiere haben. Die Population wächst schnell. Und das auch trotz der Prädatoren Waschbären und Füchse. Das liege aber nicht nur an dem aggressiven Verhalten der Tiere, „sondern sie sind auch schlau". So suchten sie sich eben gerne höher gelegene Nester wie von Falken und Co. Dort ist das Risiko, von einem Raubtier angegriffen zu werden, geringer.

Um Nester zu schützen, könnten beispielsweise die Eingänge bei den Nisthilfen verkleinert werden, damit die Nilgänse nicht mehr hinein können, so Beinlich. So habe man auch eine weitere Fremdbelegung des Wanderfalkennestes in der Kilianikirche verhindert. Nester wie für Störche könnten nicht davor geschützt werden.

Jagd ist vom 16. Juli bis 31. Januar erlaubt

Ein weiteres Problem: die Hinterlassenschaften. Da die Tiere keine Scheu vor dem Menschen haben – und wenn sie Jungtiere haben, auch dem Menschen gegenüber ihre rüde Art an den Tag legen – ist überall, wo die Nilgans ist, auch alles voller Hinterlassenschaften der Gänse. Das einzige, was gegen die wachsende Population und damitdie Bedrohung der heimischen Vögel helfe: das Bejagen der Tiere. „Das ist vom 16. Juli bis zum 31. Januar erlaubt", erklärt Kreisjagdberater Walter Rose. „Und sie müssen auch bejagt werden", betont Rose. Denn die Mitgliedsländer der Europäischen Union hätten sich verpflichtet, die invasiven Arten – also Pflanzen und Tiere, die nicht hier heimisch sind, aber heimische Arten verdrängen – zu bejagen, erläutert der Berater. „Die Stockente hat durch die Nilgans jetzt beispielsweise weniger Lebensraum."

Kontakt zum örtlichen Jagdpächter aufnehmen

Doch Gänse zu bejagen, sei nicht einfach. „Sie können den Jäger erblicken." Und wo sich Menschen aufhalten, in Ortschaften oder beispielsweise auch am Godelheimer See, ruhe die Jagd. „Es ist nicht einfach, die Gänse in solchen Mengen zu bejagen, dass eine Bestandsreduktion eintritt", so Rose.

Wenn die Population weiter zunehme, müssten andere Jagdmethoden in Betracht gezogen werden. Dabei spricht sich die Kreisjägerschaft aber deutlich gegen ein Vergasen der Tiere aus, wie es in Nachbarländern betrieben werde.

Wo Nilgänse vermehrt auftreten oder andere Vögel vertreiben, solle der zuständige Jagdpächter informiert werden, rät Rose.