Für Sternenkinder und Frühchenwunder

Höxter. Hier rattern die Nähmaschinen, dort werden Perlen aufgefädelt oder geklebt. Hinterm Regal klappern die Stricknadeln. Und zwischendrin laufen Xenia (7), Joanne (8) und Aimée (10) hin und her, verteilen Schnittchen und Kaffee, helfen und basteln selbst mit. Geschäftiges Gewusel nach Geschäftsschluss im Stofflädchen &bdquo;Stoffträume" an der Westerbachstraße. 35 Frauen sind an diesem Nachmittag bei der ehrenamtlichen Näh- und Bastelaktion der Initiative &bdquo;Sternenzauber und Frühchenwunder" dabei. Sie basteln, nähen, stricken und fertigen Kleidung und kleine Erinnerungsstücke an Kinder, die zu früh geboren werden oder schon während der Schwangerschaftswochen sterben. &bdquo;Zu den Sternen gehen", sagen die Frauen, von denen viele selbst solche Situationen erlebt haben. &bdquo;Wildfremde Menschen sind heute zu uns reingekommen und machen mit oder unterstützen uns mit Stoff- oder Wollespenden, haben Kuchen gebacken, bringen Süßigkeiten vorbei", berichtet begeistert Alexandra Müller, die in ihrem Stofflädchen zur Aktion mit der Initiative eingeladen hat. &bdquo;Das Thema hat getroffen. Und wir haben heute echt etwas geschafft." Sie nähen winzig kleine Kleidungsstücke für Frühchen, die in keinen Babystrampler von der Stange passen. Oder kleine Einschlagtücher und winzige Stoffschiffchen, in denen die totgeborenen Babys begraben werden können. Oder auch paarweise kleine Sterne, von denen eines das totgeborene Baby mit ins Grab bekommt, das andere bleibt bei den Eltern. Genau wie die kleinen Perlenengel, die Alexandra Müller gebastelt hat. &bdquo;Damit etwas bleibt, eine greifbare Erinnerung und eine Verbindung. Viele Eltern gehen aus dem Krankenhaus nach Hause mit nichts in den Händen", sagt die Mutter von drei Töchtern. 150 bis 200 Paare von den kleinen Sternen oder Herzen und von den Perlenengeln braucht sie allein jedes Jahr in Höxter, erzählt die Höxteranerin. Alle drei Monate würden dort etwa 40 zu den Sternen gegangene Kinder beerdigt. Die Stimmung ist locker, auch wenn das Thema schwer und ernst ist. Und noch immer ein Tabu, sagen Nadine Boger und Mareike Neuhaus. Sie haben beide Kinder während der Schwangerschaft verloren. Und mussten mit Sprüchen wie &bdquo;Du bist doch noch jung, du kannst noch viele Kinder bekommen" oder &bdquo;das wird schon" klarkommen. Worte, die sie in ihrem Schmerz vor den Kopf gestoßen haben. »Eine Sternenmama ist man ein Leben lang« &bdquo;Eine Sternenmama ist man ein Leben lang. Die Gruppe hat mich aufgefangen, sonst wäre ich beim Psychiater gelandet", sagt Nadine Boger. &bdquo;Ich bin im Internet auf die Initiative gestoßen und mache das jetzt seit eineinhalb Jahren. Hier weiß ich, dass ich offen sprechen kann. Mit Gleichgesinnten." Auch Mareike Neuhaus spricht von Traumabewältigung und Therapie durch die Gespräche mit den anderen Frauen. &bdquo;Wir hatten damals nichts für das Kind. Wir mussten etwas tun." Mittlerweile, so Alexandra Müller, arbeitet die Initiative mit 170 Krankenhäusern zusammen, will die Menschen sensibilisieren, das Thema in die Öffentlichkeit bringen, versorgt die Frühgeborenenstationen kostenlos, hält Kontakte zu Frauenärzten oder Bestattern. Alles ehrenamtlich. &bdquo;Ich habe selbst zwei Kinder und hatte damals Probleme in der Schwagerschaft", erzählt Christine Jacobs beim Basteln. Sie hilft, weil sie dankbar dafür ist, &bdquo;dass meine Kinder gesund sind". Nebenan zertrennt Ulrike Judaschke ihr Brautkleid und näht daraus neue sogenannte Taufaufleger mit Spitze und aus schönem Stoff. Für Nottaufen und auch als Erinnerungsstücke, wenn das Baby stirbt, sagt Alexandra Müller. Jede Spenderin der Brautkleider bekomme ein Paar genähte Flügel aus dem Stoff als Dankeschön. &bdquo;Wir haben sogar Schützenfestkleider dafür gespendet bekommen." Gabriele Brinker aus Dalhausen ist zum ersten Mal dabei: &bdquo;Ich hatte vorher noch gar nichts von der Initiative gehört. Aber ich finde die Aktion so toll, dass ich sie einfach unterstützen muss", sagt sie beim Stricken. Und Annette Aelker nennt das Anliegen von &bdquo;Sternenzauber und Frühchenwunder" eine &bdquo;Herzensangelegenheit", die so wichtig sei. Weil in der Gesellschaft noch immer nicht oder viel zu wenig darüber gesprochen werde. Weitere Informationen Viele weitere Informationen gibt es unter www.facebook.com/sternchenundfruehchen und per E-Mail an sternenzauber.fruehchenwunder@gmail.com.

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