Nach Übergriffen: Reaktionen von Flüchtlingen, Vereinen und Polizei

Kreis Höxter. Organisierte Angriffe von ausländischen Mitbürgern auf deutsche Frauen in Köln in der Silvesternacht: Die Ereignisse werden auch im Kreis Höxter intensiv diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Karnevalsveranstaltungen mit einer großen Menge ausgelassen feiernder Menschen. So soll am Mittwochnachmittag am Stadthaus am Petritor mit einer Aktion ein deutliches Zeichen gegen sexuelle Gewalt gegenüber Frauen gesetzt werden. Ganz offensiv will der Verein Steinheim International mit der Situation umgehen. "Wir haben in unserem Café mit den Flüchtlingen gesprochen und dabei deutlich gemacht, dass es für solche Übergriffe wie in Köln keinerlei Toleranz gibt", sagt die neue Flüchtlingsbeauftragte von Steinheim, Stephanie Flake, im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Dabei sei der Verein auf große Zustimmung bei den Asylbewerbern gestoßen - sie wollen nicht mit kriminellen Flüchtlingen in einen Topf geworfen werden. Über die Vorfälle und die aktuelle Diskussion darüber wüssten die Steinheimer Asylbewerber gut Bescheid. "Deshalb planen sie, einen offenen Brief an unseren Bürgermeister zu schreiben, in dem sie sich klar von den Vorfällen distanzieren", berichtet Flake. Das Schreiben soll beim Besuch des Steinheimer Verwaltungschefs im Café International am Mittwoch überreicht werden. Zum gegenseitigen Verständnis haben es sich die Ehrenamtlichen des Vereins außerdem zur Aufgabe gemacht, den neuen Mitbürgern die Gepflogenheiten des närrischen Treibens und auch die Grenzen näherzubringen. Auch das Team des Projekts Welcome in Höxter will den Flüchtlingen die Verhaltensweisen im täglichen Leben näherbringen, wie Annette Hesse betont. Denn es ist jetzt besonders wichtig, dass das bislang positive Miteinander von Einheimischen und Asylbewerbern nicht beschädigt wird. Dafür sei vor allem das persönliche Kennenlernen mit Gespräch und Begegnung wichtig. Zugleich betont sie ganz deutlich: "Es gibt eine klare Grundlage unseres Zusammenlebens. Und die ist das Grundgesetz, das für alle uneingeschränkt Gültigkeit hat." Sie spielt damit auf den ersten Artikel an, der die unantastbare Würde eines jeden Menschen betont. "Ich möchte, dass die Würde der Flüchtlinge geachtet wird. Genauso möchte ich, dass die Würde aller Menschen, insbesondere die aller Frauen, geachtet wird", unterstreicht Hesse. Männer aus anderen Kulturkreisen müssten die in Deutschland geltende "Freiheit der persönlichen Lebensgestaltung" akzeptieren. »Respekt gerade gegenüber Frauen ist unabdingbar« Auch die Kreispolizeibehörde in Höxter beobachtet intensiv die Ereignisse von Köln und will daraus ihre Schlüsse ziehen. Allerdings betont Polizeisprecher Andreas Hellwig ganz klar: "Wir haben hier nicht solche Verhältnisse wie in der Großstadt." Neue Sicherheitskonzepte für den Straßenkarneval in den Hochburgen Beverungen, Steinheim und Nieheim seien aus derzeitiger polizeilicher Einschätzung nicht notwendig. Gleichwohl sagt Hellwig: "Wir werden das Thema natürlich in unseren internen Dienstbesprechungen ansprechen und ein besonderes Auge auf die Entwicklung haben." Straftaten, egal von wem begangen, würden natürlich verfolgt. In Brakel ist man "ein Stück wütend" auf die Geschehnisse in Köln. "Besonders deshalb, weil Polizei und ZDF zunächst Informationen zurückgehalten haben. Wir stehen für einen offensiven Umgang in solchen Fragen", sagt Hans-Georg Harrer vom ökumenischen Arbeitskreis Flüchtlingshilfe in Brakel. Es dürfe nicht verschwiegen werden, welche Schwierigkeiten es gebe. Harrer fürchtet, dass die aktuelle Diskussion zu einem Rückschlag für die Akzeptanz der Flüchtlingsarbeit führen könnte. "Aber wir lassen uns davon nicht beirren", sagt Hans-Georg Harrer. Auch mit den Flüchtlingen selbst würden die Entwicklungen besprochen. "Wir haben das bereits in der vergangenen Woche in unserem Beratungscafé thematisiert", berichtet Harrer. Dabei werde auch unmissverständlich deutlich gemacht, dass Respekt - gerade gegenüber Frauen - unabdingbar sei. "Wir wollen, soweit möglich, auch mit den Asylbewerbern darüber diskutieren", sagt Harrer. Am kommenden Freitag soll zudem ein Film gezeigt werden, der über das richtigen Verhalten beim Karneval aufklärt. Eines steht aber auch für Harrer unumstößlich fest: Verstöße und Straftaten müssen geahndet werden. Und das fange nicht erst bei schweren Übergriffen, sondern schon beim Schwarzfahren an. "Das machen wir unseren Asylbewerbern deutlich und drängen darauf, dass sie ihre Strafe auch bezahlen", sagt er. Zugleich unterstreicht er, welch großer Herausforderung die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit gerade gegenüberstehen. Rund 100 Helfer engagieren sich in Brakel - allein in einem Heim wohnen hingegen aktuell 168 teilweise stark traumatisierte Flüchtlinge aus 27 Nationen. Und es gibt einen ständigen Wechsel. Es sei positiv bemerkenswert, dass unter diesen Umständen so wenig passiere.

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