Real, Rewe, Röther: Vom Beginn des Brakeler Bauprojekts bis zur Klage

Brakel. Der Real an der Warburger Straße in Brakel ist seit geraumer Zeit ein Rewe und soll bald zusätzlich ein Röther sein. Doch das vielleicht wichtigste Einzelhandelsprojekt in der jüngeren Vergangenheit der Nethestadt scheint zu wackeln. Die Nachbarn aus Höxter klagen, befürchten wohl, das Fachmarktzentrum rund um den Modehändler Röther könne Kundinnen und Kunden und damit Kaufkraft auch aus der Kreisstadt abgraben. Unumstritten war das Thema allerdings nie. Eine Rückschau. Das Aus für Mein-Real Anfang Oktober 2023 steht es fest: Für die meisten Mein-Real-Märkte, erst 15 Monate zuvor aufgrund der Real-Insolvenz aus der Taufe gehoben, gibt es keine Zukunft. Was am Brakeler Standort passieren wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch völlig unklar. Der Mode-Knaller 19 Tage später erreicht die Nethestadt eine wahre Knaller-Nachricht. Die Röther-Gruppe streckt ihre Fühler aus und will am Mein-Real-Standort ein Fachmarktzentrum errichten. Neben einem Röther-Modemarkt sollen auch eine Drogerie und ein Supermarkt einziehen. Eigentlich wäre es nicht möglich, ein solches Projekt an der Warburger Straße zu realisieren. Ein Fehler im Bebauungsplan allerdings soll verantwortlich sein, dass das Vorhaben doch gelingen könnte. Ratsherr Stefan Heilemann (Liste Zukunft) will, dass das Projekt breit und vor allem öffentlich diskutiert wird. Er beantragt deshalb eine Änderungssperre – die würde das Bauprojekt auf Eis legen. Bedenken der Kaufleute Brakels inhabergeführter Einzelhandel sitzt im Großen und Ganzen in der Innenstadt. Gegenüber der &bdquo;NW“ berichten einige, was sie von einem Fachmarktzentrum an der Warburger Straße halten. &bdquo;Ich mache mir ernsthafte Gedanken über die Auswirkungen, die das Ganze haben könnte“, sagte beispielsweise Rainer Schäfers, Inhaber vom Schuhgeschäft Schäfers, Ende Oktober 2023. Generell befürchtet die durch Online-Handel und Discounter ohnehin gebeutelten Kaufmannschaft, ein Fachmarkt außerhalb könne der Innenstadt und damit ihren Geschäften schaden. Der Rat danach Zwei Tage später: Der Brakeler Stadtrat kommt zusammen, auf der Tagesordnung steht das Thema Modepark Röther und die von der Liste beantragte Veränderungssperre. Vor Ort ist auch ein Vertreter des Kreises, der bestätigt: Ein Bauantrag wurde gestellt. Viel mehr Informationen kann er aufgrund des laufenden Genehmigungsverfahrens damals nicht mit den Ratsmitgliedern teilen. In der Sitzung wird das Dilemma deutlich: Das Mein-Real-Gebäude ist ein wichtiger Standort, hat mit rund 9.000 Quadratmetern eine Größe, die kaum jemand komplett bespielen wollen würde, und 80 Arbeitsplätze hängen auch daran. Gleichzeitig will niemand, das betonen alle, der Innenstadt und ihren Händlern schaden. Die Liste Zukunft wirbt für ihre Änderungssperre. Ad hoc will aber kaum jemand zustimmen. Das Gremium einigt sich auf Sondersitzungen von Bauausschusses und des Rates, die schnellstmöglich terminiert werden soll. Emotionale Debatte Rund drei Wochen später, Mitte November 2023, ist es so weit. Sondersitzung. Eingeladen dazu sind auch zwei Gesandte einer Frankfurter Privatbank, die den Eigentümer der Real-Immobilie vertritt, sowie der Marktleiter in Brakel. Patrick Brinker von der Frankfurter Bank Hauck Aufhäuser Lampe (HAL) kündigt an, dass der Mein-Real am 31. März 2024 ein letztes Mal öffnen wird. Dass mindestens ein hoher einstelliger Millionenbetrag in das in die Jahre gekommene Gebäude investiert werden soll. Und dass so viele wie möglich, wenn nicht alle Arbeitsplätze erhalten werden sollen, indem ein Fachmarktzentrum rund um Röther, DM und einen Vollsortimenter an gleicher Stelle entsteht. Jonas Schmidt, Geschäftsleiter des damaligen Mein-Real, gibt diesem Punkt noch einmal mehr Gewicht: &bdquo;Die Belegschaft hat Zukunftsängste.“ Die 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Zukunft sind es schließlich, die für die meisten Fraktionen den Ausschlag geben. Abgesehen von den zwei Vertretern der Liste Zukunft, lehnen Bauausschuss und Rat eine Änderungssperre ab. Politisch steht dem Modepark Röther erst mal nichts mehr im Wege. &bdquo;Expansionskurs“ Ein Modepark Röther – was erwartet die Brakeler da eigentlich? Herren- und Damenmode aus dem mittelpreisigen Segment, dazu Schuhe. So jedenfalls kündigte Patrick Brinker das Sortiment in Brakel zuvor an. Interessant: Im Juli 2023 hatte Röther Anteile an der Ahlers AG aus Herford übernommen. Das hiesige &bdquo;Haller Tagblatt“ zitierte anlässlich des 50. Geburtstags der Gruppe 2022 eine Mitarbeiterin der Marketingabteilung wie folgt: &bdquo;Wir sind auf Expansionskurs.“ Die Röther-Gruppe sitzt in Schwäbisch Hall. 1972 hatte Martin Röther mit seiner Ehefrau sein erstes Modegeschäft eröffnet. Zuletzt beschäftigte die Gruppe dann rund 2.300 Menschen und erwirtschaftet einen Umsatz von knapp 278 Millionen Euro. Knapp 50 Modemärkte – der größte in Teltow nahe Berlin hat eine Fläche von knapp 10.000 Quadratmetern – gehören zur Gruppe. Und bald wohl noch einer mehr. Aus Real wird Rewe Januar 2024: Patrick Brinker bestätigt: Aus dem Mein-Real wird ein Rewe. Das erste Drittel des geplanten Fachmarktzentrums, der Vollsortimenter. Zunächst soll der Supermarkt den Großteil der Gebäudefläche sogar alleine bespielen. Genehmigung liegt vor Anfang Februar ist es offiziell. Die HAL-Privatbank bestätigt, dass die Genehmigung für den Modepark vorliegt. Mein-Real, &bdquo;Dein Rewe“ Am 21. Februar um 16 Uhr endet das kurze Kapitel von Mein-Real in Brakel. Nur fünf Tage später, am 26. Februar, öffnet der Rewe an der Warburger Straße 38 erstmals seine Türen. Marktleiter Jonas Schmidt und Brakels Bürgermeister Hermann Temme schneiden – schnipp-schnapp – das symbolische Band durch. Scharfe Kritik Mitte Juni macht OWL-Handelsverbands-Chef Johannes Beverungen mit ungewöhnlich deutlicher Kritik am Projekt Fachmarktzentrum auf sich aufmerksam. Nicht nur Brakel sei &bdquo;von dieser fatalen Planung“ betroffen. Auch Nachbarstädte wie Höxter müssten mit rund 20 Prozent Umsatzverlust bei ihren innenstadtprägenden Bekleidungsanbietern rechnen. Die Klage Während sich die Zeichen verdichten, dass an der Warburger Straße schon im Juli gebaut werden könnte, platzt am 28. Juni die Bombe: Die Stadt Höxter klagt.

Meistgelesen