Rassistische Äußerung eines Brakeler Arztes jetzt bekannt

Brakel. Ein deutschstämmiger Arzt aus Brakel soll sich rassistisch geäußert haben - der genaue Inhalt der Aussage war bisher allerdings nicht bekannt. Nun sind Vertreter des Arbeitskreises Ökumenische Flüchtlingshilfe in die Offensive gegangen und haben den Inhalt der Äußerung veröffentlicht. Nach ihren Schilderungen hat sich der Vorfall schon am 30. Januar zugetragen. An diesem Tag sei der Arzt zur Flüchtlingsunterkunft in der Märsch gerufen worden, um zu begutachten, ob ein Flüchtling, der andere angegriffen und beleidigt hatte, nach dem "Psychisch-Kranken-Gesetz" (PsychKG; siehe Info-Kasten) eingewiesen werden müsse. Laut Marion Benzait, der für die Stadt Brakel zuständigen Flüchtlingsberaterin der Caritas, habe der Arzt festgestellt, dass "eine mögliche Minderbegabung bei den Braunen" genetisch sei, da diese immer unter sich innerhalb der Familie heiraten würden. Mehrfach psychiatrisch auffällig Wie Benzait schilderte, seien sie und ihre Kollegin Gertrud Bouzaina am 30. Januar von dem Hausmeister der Flüchtlingsunterkunft darüber informiert worden, dass es dort Probleme mit einem Flüchtling gebe und auch die Polizei bereits vor Ort sei. Bei ihrer Ankunft habe sich der Flüchtling in einem aufgeregten Zustand befunden und sich "situations-unangemessen" verhalten. Wie die Diplom-Psychologin bemerkt, habe er bereits am 28. Januar das Büro der Caritas aufgesucht und wiederholt davon gesprochen, dass etwas in seinem Kopf sei und sich alles drehe. "Und auch davor ist der Flüchtling schon mehrfach psychiatrisch auffällig gewesen", so Benzait. Ihre Kollegin habe das Ordnungsamt angerufen, um eine Einweisung nachPsychKG einzuleiten. Daraufhin seien ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes sowie der betreffende Arzt am Ort des Geschehens eingetroffen. Eine Richterin folgte später. "Der Arzt nahm mit dem Betroffenen keinen Kontakt auf" "Wir berichteten dem Arzt von unserem Erfahrungshintergrund mit dem Flüchtling und dem aktuellen Geschehen. Der Arzt nahm mit dem Betroffenen jedoch keinen Kontakt auf", so Benzait. Er habe sich nach dem Herkunftsland des Betroffenen erkundigt und - nach Auskunft der Caritas-Mitarbeiterinnen - auch danach, warum er noch nicht abgeschoben worden sei. "Wir verneinten die Möglichkeit, daraufhin wandte der Arzt ein, dass der Flüchtling nur mit einem Schlepper gekommen sein könne. Dafür hätte er eine sehr hohe Summe zahlen müssen. Für diesen Betrag könne man sich dort ein Geschäft kaufen und gut leben." Daraufhin habe er sich bei dem Mitarbeiter des Ordnungsamts erkundigt, wie es um Abschiebungen in das Land bestellt sei. Dieser Mitarbeiter teilte mit, dass dies sehr schwierig sei. Daraufhin habe der Arzt mit Blick auf die Einweisung eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt. Sein Ergebnis: Mit dem Geld könne man Besseres tun, denn ohnehin sei die Behandlung sinnlos, weil der Flüchtling seine Medikamente nicht dauerhaft einnehme. Dabei entstünden immense Kosten. Man solle ihn lieber abschieben. Als Benzait und ihre Kollegin auf eine "mögliche Minderbegabung" des Patienten hinwiesen, sei es zu der offensichtlich rassistischen Diagnose gekommen. Während der Unterredung habe er den Patienten nicht beachtet. "Auch im Beisein der Richterin nahm der Arzt keinen Kontakt zum Patienten auf, um zu eruieren, ob eine Selbst- beziehungsweise Fremdgefährdung auszuschließen sei." Erst auf Nachfrage der Richterin habe er sich gegen eine Einweisung entschieden - ohne den Gefährdungsaspekt geklärt zu haben. "Nach Zureden unsererseits erklärte sich der betroffene Flüchtling schließlich bereit, freiwillig in die Psychiatrie zu gehen", so Benzait. "In Brakel sind Flüchtlinge willkommen" "Der Vorfall zeigt, dass Rassismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Gerade vor dem Hintergrund von Hass und Hetze in den sozialen Medien sagen wir: Stopp! Wir leben in einer menschenwürdigen und offenen Gesellschaft", sagt Hans-Georg Harrer, Sprecher des Arbeitskreises Ökumenische Flüchtlingshilfe, und betont: "In Brakel sind Flüchtlinge willkommen." Man habe in diesem Falle auch ein gerichtliches Vorgehen in Erwägung gezogen, sich dann aber dafür entschieden, mit dem Vorfall an die Öffentlichkeit zu gehen. Bürgermeister Hermann Temme bescheinigte dem Arbeitskreis, sich richtig entschieden zu haben und bedankte sich mehrfach bei den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern und den Sozialarbeitern. In diesem Zusammehang betonte Thomas Rudolphi, Vorsitzender des Caritas-Verbandes für den Kreis Höxter, dass jeder Mensch von der Caritas Hilfe bekomme und ermunterte seine Mitarbeiter, bei rassistischen Äußerungen nicht wegzuhören. Arzt zeigt keine Reue Der betreffende Flüchtling befindet sich derzeit nicht in Brakel. Wie Norbert Loermann vom Ordnungsamt der Stadt Brakel gegenüber nw.de erklärte, werde mit dem Arzt bei Einsätzen mit Flüchtlingen in Zukunft sehr sensibel umgegangen. Am 24. September hatte unter anderem in Anwesenheit von Bürgermeister Temme, Thomas Rudolphi und Hans-Georg Harrer ein Gespräch mit dem Arzt stattgefunden. Die Initiative dazu sei von dem Arzt ausgegangen. "Dabei hat er eingeräumt, sich in dieser Form geäußert zu haben. Allerdings bewertet er seine Wortwahl selbst nicht als rassistisch und zeigte sich erschrocken, was er Schlimmes gesagt haben soll", schildert Harrer. Reue habe er aber keine gezeigt.

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