Brakel. „Europa muss erhalten werden. Dafür setzen wir uns ein", bekräftigte Rainer Pauli, Initiator der Brakeler Initiative Puls of Europe, bei der vierten Kundgebung auf dem Brakeler Marktplatz und erläuterte den rund 80 Interessierten, was der Bewegung wichtig ist. Große Aufmerksamkeit galt dem Ehrengast Ralf Becker. Er ist Unternehmer in Brakel sowie Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer zu Bielefeld. Becker erzählte aus dem Alltag des mittelständischen Unternehmens und dessen Beziehung zu Europa.
Die Firma Becker Formholz ist ein typisches mittelständiges Unternehmen und Zulieferer der internationalen Möbelindustrie mit 300 Mitarbeitern in Brakel und 350 im zweiten Werk in Rumänien. Kleine und mittelständische Unternehmen seien Europas Motor für Wachstum und Beschäftigung, betonte Becker und sprach sich für ein offenes Europa aus. Dies heiße „eine Währung, offene Grenzen, offene Herzen, offener Mind".
Der Brakeler Unternehmer erinnerte an die vor 60 Jahren abgeschlossenen, schon sehr wirtschaftlich ausgerichteten Römischen Verträge. Diese und die in ihnen festgelegten „vier Freiheiten" hätten den Grundstein für den europäischen Binnenmarkt gelegt. Mit den vier grundlegenden Prinzipien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheiten seien die Rahmenbedingungen für das vom „Mittelstand" getragene Wirtschaftswunder in Deutschland und den Wohlstandszuwachs in Europa abgesteckt worden. „Was uns Europäer verbindet, sind die gemeinsamen Werte wie die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, auch Pressefreiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte", rief Ralf Becker in Erinnerung. Er nannte drei große Herausforderungen als Beispiele, warum die Europäische Union so stark wie eben möglich gemacht werden müsse: Polen profitiere im großen Maße von der EU. Es gebe hohe Subventionen für die dortige Möbelindustrie. China möchte die Auslandsmärkte erobern, beispielsweise in der Stahl- und Solarindustrie und setze seine Wirtschaft mit Skrupellosigkeit durch. Und in den USA werde Trump gewählt, der Amerika groß machen wolle. „Wir als Europa müssen wieder eine Rolle spielen, sonst werden wir erdrückt", mahnte Becker.
»Nur wenn alle zusammenarbeiten, können fantastische Sachen entstehen«
„Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass die Großmachtblöcke uns wohl gesonnen sind." Die EU müsse Marketing für Europa machen und den Zusammenhalt unterstützen und fördern, forderte er. „Wir wissen nicht genau, wie gut es uns mit der EU geht. Lassen sie uns Werbung machen in der Familie, bei Freunden, bei Kollegen, für eine der besten politischen Ideen, die in den letzten 60 Jahren geboren wurde", wandte er sich an die Kundgebungsteilnehmer. „Wir dürfen nicht dahin kommen zu sagen, es läuft ja alles gut."
Becker verglich die EU mit zwei Händen. Nur wenn alle Finger zusammenarbeiteten, könnten fantastische Sachen entstehen. Sein Wunsch: Dass möglichst in allen europäischen Ländern der Euro gelten würde. „Wir brauchen da weitere Schritte nach vorne. Auch als Zeichen der Gemeinschaft", so Becker. Neben dem Vortrag des Brakeler Unternehmers nutzten auch einige Teilnehmer das offene Mikrofon, um über ihre Erfahrungen zu sprechen. Musikalisch begleitet wurde die Kundgebung von drei Mitgliedern des Bläser-Ensembles „The Woodfällers".
Die Initiative Pulse of Europe Kreis Höxter veranstaltet am Mittwoch, 6. September, um 19 Uhr in der Stadthalle Brakel eine Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten des Wahlkreises 136 Höxter/Lippe. „Pulse of Europe hat sein Ziel im Namen. Wir wollen Europa für Bürgerinnen und Bürger wieder spürbar machen, um es erhalten zu können. Dabei geht es aber nicht darum, die EU kritiklos zu unterstützen. Sich für Europa auszusprechen reicht nicht aus, wenn unklar ist, welches Europa konkret seine Bürger eigentlich wollen. Die Bewegung will Europa gestalten, um Europa zu erhalten" so Rainer Pauli, Sprecher der Initiative.
Die Bewegung hat das Ziel, den Puls von Europa wieder spürbar zu machen. Sie will Bürger vor der Bundestagswahl informieren und eine Diskussion darüber anregen, wie Europa zukünftig aussehen soll. „Wir wollen objektiv wissen: Welche Partei steht für welches Europa?", so Pauli.
Deswegen hat Pulse of Europe Kreis Höxter im Juni den politischen Parteien CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/die Grünen, ÖDP, Die Linke und AFD und deren Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundestag durch einen offenen Brief aufgefordert, klare Positionierungen zu ausgewählten Fragen zu beziehen.
Antworten liegen von Christian Haase (CDU), Petra Rode-Bosse (SPD), Hermann Graf von der Schulenburg (FDP), Robin Wagener (Bündnis90/Grüne) und Wolfgang Seemann (ÖDP) vor, berichtet Pauli. Vertreter der Parteien, die geantwortet haben, nehmen an der Podiumsdiskussion teil.
Die Podiumsdiskussion habe folgende Themenblöcke:
1. Eurokrise und die damit verbundenen wirtschaftlichen Probleme
2. Flüchtlingskrise
3. Erstarken nationaler Tendenzen in einigen Ländern Europas und die Antworten der Politik darauf
4. Was können die Kandidaten des Wahlkreises Höxter/Lippe für die Bürger der Kreise auf europäischer Ebene bewegen, soll zu einer kritischen Auseinandersetzung führen.