Kommune im Kreis Höxter lehnt Bezahlkarte für Geflüchtete ab

Borgentreich/Warburg. Die Bezahlkarte für Personen im laufenden Asylverfahren: Das NRW-Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beabsichtigt die landesweite Einführung der Karte für Asylbewerberleistungen. &bdquo;Mithilfe dieser Karten sollen Verwaltungsprozesse vereinfacht und Geldtransfers ins Ausland unterbunden werden“, erklärte Bürgermeister Nicolas Aisch beim entsprechenden Tagesordnungspunkt in der jüngsten Sitzung des Stadtrates knapp. Landesweit sei beabsichtigt, eine zentrale Ausschreibung über das Ministerium zu veranlassen. Um sich an der Ausschreibung zu beteiligen, sofern die Einführung des Systems in der Gemeinde geplant ist, wurden alle 396 Kommunen in NRW angeschrieben. Die Anschaffung eines solchen Systems würde für die Städte und Gemeinden bedeuten, Bezahlkarten in ausreichender Menge vorzuhalten und für die Programmierung der Karten zu sorgen. Die Ausschreibung stehe aktuell noch aus, die Kosten seien nicht abschätzbar, merkte Aisch an. Die Personen, die einen Asylantrag gestellt haben, erhalten ab ihrem Aufenthalt in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) bereits eine Bezahlkarte und können diese auch bei ihrem Transfer in eine Kommune beibehalten. Doch ist nicht die Stadt, sondern das Land zuständig. Denn die ZUE ist eine Landeseinrichtung. Auch interessant: Borgentreich erwirbt im Ortsteil Borgholz ein Haus für Geflüchtete Borgentreich setzt auf Vertrauen Die Stadt Borgentreich sei in der besonderen Situation, dass lediglich der Aufnahmepool der anerkannten Asylbewerber bedient werden müsse, erklärte der Verwaltungschef. Sämtliche zugewiesene Geflüchtete könnten die Karte lediglich in einem einmonatigen Übergangszeitraum behalten. &bdquo;Es gibt im Stadtgebiet aktuell fünf Fälle, die mit einer solchen Karte ausgestattet werden könnten“, hielt Aisch im Rat fest. Dabei seien die Kosten für die Einführung des Kartensystems derzeit unklar. Weil sich das bestehende System der Scheckausgabe in monatlicher Präsenz bewährt habe, &bdquo;sollten wir uns nicht an der Ausschreibung des Ministeriums beteiligen und weiter auf das bestehende Schecksystem vertrauen“, schlug der Verwaltungsleiter vor. Die Ratsmitglieder sahen es ebenso und votierten einstimmig gegen die Einführung. Die Ausgabe der existenzsichernden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz: In Warburg hatte der Rat auf Vorschlag der Verwaltung mehrheitlich der Einführung einer Bezahlkarte zugestimmt. Wohingegen die Bündnisgrünen in einem Antrag die sogenannte Opt-out-Regelung ins Spiel gebracht hatten, nach der jede Gemeinde selbst entscheiden kann, ob sie die Karte ausgeben möchte oder nicht. Die grüne Ratsfraktion vermisste die politische Diskussion zum Thema. Lesen Sie auch: Bezahlkarte für Geflüchtete: Warburger Grüne warnen vor den Folgen Umstrittenes System der Bezahlkarte für Geflüchtete Die Karte selbst, vor zwei Jahren von der damaligen Bundesregierung beschlossen, ist nicht unumstritten. Unter anderem wird in Kommunen vermehrt der Vorwurf laut, die Maßnahme nicht zielgerichtet genug sei. Auch die grünen Lokalpolitiker in Warburg halten die Regelung weder für sinnvoll noch für zielführend. Auch wenn NRW die Karte bereits in den Sammelunterkünften eingeführt habe, halten sie es für besser, die Leistungen wie bisher per Überweisung auszuhändigen. Denn sie fürchten, die Bezahlkarte habe erhebliche negative Auswirkungen auf die Integration. Außerdem weisen sie auf eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten hin: Die Karteninhaber wären beispielsweise vom Kauf gebrauchter, günstiger Waren oder vom Online-Shopping ausgeschlossen. Auch würde die Debitkarte für die Verwaltungen keinesfalls einen geringeren Aufwand bedeuten. Ebenfalls lesenswert: Integration in Paderborn: Der Streit um die Bezahlkarte für Geflüchtete Das Gegenteil sei der Fall, melden landesweit einige Rathäuser: Unter anderem wegen der Bestellung und Aushändigung der Karten, Fragen zu Sperrungen, Ersatzkarten und PINs, die neu zu beschaffen seien, der erneuten Freischaltung von PINs, der Freigabe von externen Zahlungsempfängern wie Vermietern und Stadtwerken, den Entscheidungen im Einzelfall zur Höhe des verfügbaren Barbetrages und Ähnlichem. Zudem sei die Einführung der Bezahlkarte mit Folgekosten verbunden, etwa für Personal, die durch das Land nicht gegenfinanziert seien. Landtag diskutiert Pro und Contra Bisher haben sich mehr als 70 NRW-Kommunen dafür entschieden, weiterhin Geldleistungen als Regelfall auszuzahlen. Darunter die meisten der größten Städte wie Köln, Düsseldorf, Dortmund oder Aachen. Dass die Umsetzungsbedingungen in der derzeitigen Form auf Vorbehalte stoße, werde im Ministerium sehr ernst genommen, heißt es in Medienberichten. Bemängelt wird zudem der &bdquo;Flickenteppich“, der durch die Opt-out-Option entstanden sei. Dabei könnte sich die Bundesgesetzgebung bald ändern: Nach dem Koalitionsvertrag der schwarz-roten Regierung in Berlin ist die Bezahlkarte allerdings derzeit die eindeutige Option.

Meistgelesen