Matthias Hein ist neuer Ansprechpartner an der Klus Eddessen

Borgentreich. Matthias Hein stellt das Babyfon auf das Küchenbord, drückt den Knopf, greift zum Stuhl am Tisch und nimmt sich Zeit fürs Gespräch. Seit vier Monaten lebt der Religionspädagoge mit seiner jungen Familie an der Lehmtorstraße in Borgentreich. &bdquo;Eine halbe Stelle als Gemeindereferent in der St.-Johannes-Baptist-Gemeinde, eine halbe auf der Klus Eddessen", sagt er. Die kleine Eremitage zwischen Bühne und Haarbrück gehört zum Sprengel des Pastoralverbunds. &bdquo;Ein besonderer Ort", sagt Hein. Ein &bdquo;Andersort", habe damals im Studium ein Professor gesagt. Familienvater, Gemeindemitarbeiter und Teilzeit-Eremit, er bastele &bdquo;am eigenen Reich", sagt der 34-Jährige und meint damit Beziehung, Beruf und Berufung. Im Nebenzimmer ist Sohn Tomass eingeschlafen. Dass der Name gleichermaßen auf deutsch und lettisch ausgesprochen werden kann, war ihm und seiner Ehefrau Ilze wichtig. &bdquo;Außerdem ist er katholisch, und man kann ihn auf beiden Tastaturen schreiben", sagt er. Ilze ist gebürtige Lettin. Hein hatte nach dem Anerkennungsjahr in Soest 2012 eine Auszeit genommen, um für ein Jahr in Riga für das Bonifatiuswerk freiwillig zu arbeiten. Kennengelernt hatten sich die Journalistin und der Religionspädagoge allerdings in Rom. Vor eineinhalb Jahren kam Tomass hinzu. Die Jahre in Lettland weiteten ihm den Blick Gestern hielt Hein in der Orgelstadt die Rede am Ehrenmal zum Volkstrauertag. Er erzählte aus der lettischen Hauptstadt Riga. Der Stadt, in der er nach den Berufsjahren im Pastoralverbund Corvey, die vergangenen drei Jahre verbracht hatte. Diesmal als Referent für Religionspädagogik vom Bonifatiuswerk angestellt. Viele Spuren deutscher Geschichte seien in der Stadt zu finden, sagt er. Er erinnert an den Komiker Heinz Erhardt, der dort aufwuchs, oder an den Vater des Nationaltorwarts Oliver Kahn, der aus Riga stamme. Doch in der Erinnerungskultur überwiegen die dunklen Seiten: die Naziopfer im Wald von Bikernieki nahe der Stadt. Dort fand auch ein Teil der Juden, die 1942 aus dem Warburger Land deportiert wurden, den Tod. Soldatengräber erzählen von Schrecken der beiden Weltkriege. Hein stieß immer wieder in der Stadt auf eine deutsche Vergangenheit. Seine Arbeitsbereiche am Religionspädagogischen Institut der Vatikan-Uni in Riga: Er erarbeitete Material für Firmvorbereitung und Seminare, bereitetet im Westen des Landes für die 14 Priester eines Bistums Konferenzen vor und organisierte Fortbildungstreffen. Projektbezogen stellte er ein Jugendbauernkonzept zusammen und dachte über &bdquo;Kultur-Exerzitien für Deutsche in Riga" nach. &bdquo;Mein Baby", sagt er stolz. Drei Jahre lang in Lettland Er wollte sich mit der Geschichte der Rigaer Kultur auseinandersetzen. Sie sei eine spezielle, betont er. &bdquo;Besucher aus der Bundesrepublik haben immer wieder erzählt, dass sie in Riga diese vielen Bezüge nach Deutschland nicht erwartet hätten." Rund 100.000 Deutsche ließen in beiden Weltkriege in der Rigaer Region ihr Leben, schätzt der ehemalige Zivildienstleistende. Gräber zeugen davon. Die drei Jahre in Lettland &bdquo;haben mir den Blick geweitet", sagt Hein. &bdquo;Sie haben Lebenseinstellungen hinterfragen lassen." In Studienzeiten hatte er die Bassgitarre in einer Punkband gespielt. Jetzt sei er naturverbundener geworden. Für den aus Neuenheerse stammenden jungen Mann ist die Rückkehr in den Kreis Höxter aber ebenso zum Kulturschock geworden, wie einst der Wechsel ins Baltikum. &bdquo;Land, Leute und Kirche sind schon anders", bemerkt er. Von der Börde, auf deren Fußballplätze er sich in Jugendtagen genauestens auskannte (&bdquo;und im Warburger Krankenhaus") sei er vielleicht mehr überrascht gewesen als seine Frau. &bdquo;Ich entdecke in der Landschaft und bei den Menschen neue Seiten, die mich begeistern." »Einige sagen, die Klus Eddessen sei ein Kraftort« Die Klus Eddessen sei kein typischer Ort fürs Gemeindereferenten-Dasein. Nach und nach begreife er, wie der Ort, in dem viel Arbeit und Mühe stecke, funktioniere. &bdquo;Ein eigener Kosmos", sagt Hein. Die Begegnungen mit den Besuchern findet er spannend. Dienstags und mittwochs sind seine Klustage, dann ist er von morgens bis abends dort erreichbar. &bdquo;Aber auch an anderen Tagen", sagt er. Ein Schild am Eingang weise es aus. &bdquo;Einige sagen, es sei ein Kraftort", sagt er. Für ihn kommen im Rund der Kapelle Glaube und Leben zusammen. &bdquo;Die Natur, das Für-sich-Sein, das Wahrnehmen biografischer Bezüge", das könne eremitsches Leben bedeuten. Die Klus biete große Wahlmöglichkeiten, betont er. &bdquo;Der Mountainbiker wirft einen kurzen Blick auf die Anlage. Andere ruhen sich auf der Bank aus oder entzünden in der Kapelle eine Kerze." Der Eselstand sei ein wunderbarer Raum für Kleingruppen. "Kirche ist mittendrin" Sehen, urteilen, handeln: Noch gibt sich Hein Zeit und schenkt Zeit. Er habe für die Klus viele Gedanken, sagt der Religionspädagoge. Hören, schauen, Ideen entwickeln: Nicht im Labor oder Schreibtisch werde Kirche lebendig, sagt er und verweist auf den Überblick, der an der Klus gefunden werden könne. &bdquo;Zeit für Gastfreundschaft, für Stille und Gebet, für Einfachheit und Klarheit", bringt er es auf den Punkt. Mit allen Besuchern und Beteiligten möchte er &bdquo;auf Augenhöhe" kommunizieren und nach Lebenswertem suchen. &bdquo;Kirche ist mittendrin", sagt der Seelsorger. Man könne zusammen schauen. Gott in allen Dingen suchen und finden, ab und an mal durchschnaufen, ob in der Kirche oder in der Küche. Aktuell habe er seinen Standort im Leben gefunden, sagt Matthias Hein. Borgentreich und die Klus gefallen allen in seiner jungen Familie.

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