„Wir geben nicht auf“: 500 Menschen protestieren gegen Atommülllager

Beverungen. Sibylle Rohe-Braun gibt sich noch nicht geschlagen: Ihr leuchtend-gelbes Atommüll-Fässchen ist frisch lackiert und beklebt. Auf einem Handkarren will es die Silberbornerin bei der Demo gegen das sogenannte Logistikzentrum Konrad (LoK) in Würgassen durch Lauenförde und Beverungen ziehen. Zu Beginn scheint es noch ein recht kleines Trüppchen zu sein, das sich da am Samstagmittag zum Protestzug zusammenfindet. Gegen die Pläne der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung, in Würgassen den gesamten schwach- und mittelradioaktiven Müll der Bundesrepublik zusammen zu fahren. Es ist die erste Aktion seit langem. Ruhig war es geworden um die Bürgerinitiative &bdquo;Atomfreies 3-Ländereck“. Nachdem der Regierungswechsel in Berlin nicht das erhoffte &bdquo;Aus“ für die Würgassen-Pläne brachte, drohte Resignation um sich zu greifen. &bdquo;Gut, dass endlich wieder was stattfindet“, sagt Sibylle Rohe-Braun. &bdquo;Wir geben nicht auf, wir müssen weitermachen“, ergänzt sie entschlossen und greift zu der gelben Rassel, die die Organisatoren verteilt haben. &bdquo;Laut gegens LoK“ soll es werden. Bildgalerie: Mehr als 500 Demonstranten sind in "laut gegens LoK" Ein symbolischer Atommüll-Tranport vorne weg, die Demonstranten hinterdrein: &bdquo;Lügen-Lobby-LoK-Würgassen Stopp“ skandieren sie angeheizt von BI-Chef Dirk Wilhelm mit seinem Megafon. Und: &bdquo;Würgassen – Seinlassen“. Auf seinem Weg über die Weserbrücke und über die Lange Straße wächst der Zug stetig und gewaltig an. Um zwei Hochzeiten im Rathaus nicht zu stören, wird kurzerhand die Zugstrecke umgelegt. Immer mehr Leute reihen sich ein. Am Ende blockieren schätzungsweise 500 Demonstranten die Bundesstraße.Polizei geht von 700 Teilnehmern aus &bdquo;Wo kommen die plötzlich alle her?“, fragt sich Dirk Wilhelm und strahlt. &bdquo;Der gemeine Ostwestfale hat es nicht so mit Emotionen. Das was wir heute hier erlebt haben, ist schon ein Brett“, wird er später bei der Abschlusskundgebung am Hakel sagen. Es ist weit mehr als ein Lebenszeichen der Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck. &bdquo;Wir haben einen langen und breiten Fußabdruck in die Stadt gesetzt“, jubelt die treibende Kraft bei &bdquo;Atomfreies 3-Ländereck“. Die Polizei gehe sogar von 700 Teilnehmern aus. Bundestagsabgeordneter Christian Haase (CDU) kennt solche großen Aufzüge auch sonst nur von Schützen oder Karnevalisten. &bdquo;Nicht den Kopf in den Sand stecken“ – ruft er den Zuhörern in den Weserwiesen zu. Gerd Henke, stellvertretender Landrat aus Holzminden, spricht von einer &bdquo;machtvollen Demo“ gegen das &bdquo;wahnsinnige Projekt“, das dringend begraben werden müsse. Oben auf dem Truck sind sich die Redner weitgehend einig: &bdquo;Wir haben öffentlich gezeigt, dass wir hier im Weserbergland, hier in Ostwestfalen, hier in Nordhessen und hier in Südniedersachsen kein Lager wollen“, beschwört Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm den überparteilichen Zusammenhalt in der Region. Stefan Tidow und Christian Kühn aus Berlin werden erwartet Er kündigt an, dass sich die Staatssekretäre Stefan Tidow und Christian Kühn aus Berlin auf den Weg nach Würgassen machen und Ende Mai mit dem Standortarbeitskreis sprechen wollen. Immerhin. Monatelang wartet Grimm schon auf eine Antwort von der neuen, grünen Bundesumweltministerin Steffi Lemke. &bdquo;Frau Lemke, kümmern Sie sich persönlich um dieses Thema mit nationaler Tragweite“, lautet seine Forderung. Mit besonderer Spannung wird daher am Hakel die Rede des grünen Bundestagsabgeordneten Robin Wagener aus Bielefeld erwartet. &bdquo;Ich hole nicht aus der Tasche das Versprechen, dass hier kein Atommüll hinkommt“, dämpft er sofort die Erwartungen. Aber er setze viele Fragezeichen hinter den Prozess, der zur Auswahl des Standortes in Würgassen geführt habe, sagt der Jurist. &bdquo;Völlig verkorkst“ sei das Verfahren gewesen. Erst müsse geklärt werden, ob man so ein Bereitstellungslager überhaupt brauche und dann müsse &bdquo;sauber und transparent“ ein Standort gesucht werden. Nach den Ansprachen gibt es Live-Musik von den &bdquo;Kellergeistern“. Der Geist des Widerstandes ist an diesem Samstag in Beverungen jedenfalls augenscheinlich wieder erwacht.

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