Millionen-Klage der Beste-Stadtwerke im Kreis Höxter

Kreis Höxter. Der Niedergang der Beste-Stadtwerke mit insgesamt hohen Millionenverlusten für die beteiligten Städte Beverungen, Steinheim, Warburg, Borgentreich und Bad Driburg gehe auf haarsträubende wirtschaftliche Fehlentscheidungen der ehemaligen Geschäftsführung zurück, die jahrelang von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung nicht erkannt und nicht sanktioniert worden seien: So begründeten die Beste-Stadtwerke selbst eine Millionen-Klage gegen drei ehemalige Aufsichtsräte. Anders als die insgesamt rund weiteren 80 Aufsichtsräte der Beste-Stadtwerke hatten die drei Betroffenen zunächst keine sogenannte Verjährungsverzichtserklärung unterschrieben. Deshalb wollte die Beste-Stadtwerke sie für den entstandenen Schaden haftbar machen. Klage ist vorläufig vom Tisch Inzwischen haben die drei ehemaligen Aufsichtsräte, deren Namen der Redaktion bekannt sind, die Verjährungsverzichtserklärung unterschrieben, weshalb die Klage vorläufig vom Tisch ist. Sie wollen zu den Vorgängen allerdings im Moment nicht öffentlich Stellung nehmen, erklärten sie auf Anfrage von nw.de. Allerdings bietet die Klageschrift, die von der Kölner Rechtsanwaltskanzlei Görg gemeinsam mit den Beste-Stadtwerken verfasst wurde und die der nw.de vorliegt, einen kleinen Einblick in das Geschäftsgebaren und die Reaktion der Aufsichtsgremien. Ob und inwieweit die ehemalige Geschäftsführung selbst juristisch belangt werden kann, ist derzeit unklar, weil die Beste-Stadtwerke und die Aufsichtsgremien öffentlich kaum Auskunft geben wollen. Wohl auch, um den anstehenden Verkauf nicht zu verzögern. Darum geht es Ganz praktisch hatte die Beste in der Klageschrift gefordert, dass die drei betroffenen Aufsichtsräte für die Schäden aufkommen müssten, die durch Sponsoringverträge mit dem SC Paderborn und der Landesgartenschau Bad Lippspringe entstanden seien. Ebenso seien die durch die Konzessions- und Netzpachtverträge mit den Städten beziehungsweise Stadtwerken Steinheim, Beverungen, Borgentreich und Warburg &bdquo;jeweils entstandenen Schäden und jeweils entgegen dem Gesetz gezahlten Gewinnanteile zu ersetzen", wie es in der Klage heißt. Denn die Aufsichtsratsmitglieder hätten nicht ausgeschlossen, dass insbesondere mit dem Abschluss der Netzpachtverträge eine sogenannte verdeckte Einlage einhergegangen sei, womit möglicherweise weiterer wirtschaftlicher Schaden entstanden sei, wie es in der rechtlichen Würdigung der zurückgezogenen Klage heißt. Sponsoring des SC Paderborn Wie die Klageschrift anführte, habe &bdquo;ein Geschäftsführer der Klägerin Sponsoringverträge abgeschlossen, ohne die vom Aufsichtsrat gewünschte Zustimmung einzuholen". Der Aufsichtsrat, dem zahlreiche Ratsmitglieder, aber auch aktuelle und ehemalige Bürgermeister der beteiligten Städte angehören, hätte dies nicht sanktioniert. Seit Juli 2014 hatten die Beste-Stadtwerke insgesamt acht Sponsoringverträge mit dem SC Paderborn für deren 1. Mannschaft oder das Trainings- und Nachwuchsleistungszentrum geschlossen – jeweils über verschieden hohe Beträge. So beispielsweise im Juli 2014 über 28.640 Euro, im Dezember 2014 über 181.250 Euro und im Juli 2016 über 50.000 Euro. In einem Fall habe der betroffene Geschäftsführer einen Vertrag sogar allein unterschrieben, was er nicht durfte. Keine Gegenleistung erhalten? Im Gegenzug für das Sponsoring hätten die Beste-Stadtwerke Werbe-Leistungen erhalten. Worin diese bestanden, ist unklar: &bdquo;Eine Gegenleistung hat sie (die Beste-Stadtwerke) nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erhalten", heißt es in der Klageschrift mit Verweis auf ein Sachverständigengutachten. Der Schaden durch die aufgeführten Sponsoringverträge liegt demnach bei rund 450.000 Euro. 2016 sei zudem ein Sponsoringvertrag mit der Landesgartenschau in Bad Lippspringe über 100.000 Euro abgeschlossen worden. Fehlende Geschäftsordnung Ein eklatantes Problem dabei: Die Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat sieht in Paragraf 10 vor, dass Sponsoringverträge über 5.000 Euro durch den Aufsichtsrat genehmigt werden müssen. Diese Geschäftsordnung wurde am 19. Dezember 2012 in der 1. Aufsichtsratssitzung beschlossen. Die Geschäftsordnung sollte mit dem Tag in Kraft treten, an dem sie unterzeichnet wird. Allerdings stellen die Beste-Stadtwerke viele Jahre später in ihrer Klageschrift (auf Seite zehn) fest, dass keine unterschriebene Geschäftsordnung vorliege, beziehungsweise diese sich nirgendwo &bdquo;auffinden" lasse. &bdquo;Der der Beschlussfassung zugrundeliegende Entwurf einer Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat ist also niemals unterschrieben worden. Die Verantwortung hierfür tragen die Beklagten als Mitglieder des Aufsichtsrates, weil sie den von ihnen gefassten Beschluss nicht umgesetzt und dies nicht dokumentiert haben", heißt es weiter. Spannend: Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Intecon hatte schon in ihrem Prüfbericht zu 2014 und dann wiederholt darauf hingewiesen, dass die Geschäftsordnung nicht unterschrieben worden sei. Reagiert habe der gesamte Aufsichtsrat damals nicht. Konzessions- und Pachtverträge Um die Strom- und Gasnetze zu betreiben und Energie zu verkaufen, hatten die Beste-Stadtwerke mit den Städten Warburg, Borgentreich, Steinheim und Beverungen Konzessions- und Netzpachtverträge abgeschlossen. Die Städte erhielten daher unter anderem jahrelang Pachtzahlungen. Zudem hatte die damalige Geschäftsführung fehlerhafte Bilanzen vorgelegt, nach denen in den Geschäftsjahren 2014 bis 2015 zunächst Gewinne ausgewiesen wurden und die dazugehörigen Städte gemäß ihren Beteiligungen Überschüsse ausgezahlt bekamen. Tatsächlich haben die Beste-Stadtwerke in dieser Zeit teilweise Millionen-Verluste gemacht, wie eine Nachprüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Intecon im Jahr 2016/2017 ergab. Mängel am vorgelegten Jahresabschluss In einem &bdquo;Management Letter", laut Klageschrift datiert auf den 5. Dezember 2016, beschreibt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gravierende Prüfhemmnisse und weist auf die akute Gefahr einer &bdquo;bilanziellen Überschuldungssituation" hin. Zudem habe für die Prüfung kein notwendiger Jahresabschluss vorgelegen. Auch gebe es keinen Lagebericht. &bdquo;Die schlechte Vorbereitung des Zahlenwerks und die unzureichende Unterstützung durch die kaufmännische Abteilung vor Ort erschweren eine reibungslose Prüfungsdurchführung erheblich", heißt es darin unter anderem. Auch der vorgelegte Jahresabschluss habe &bdquo;diesen Namen nicht verdient". Die Wirtschaftsprüfer bemängeln zudem die Abstimmung unter den vier Geschäftsführern, deren Anzahl aufgrund der Größe der Beste-Stadtwerke &bdquo;nicht adäquat" erscheine. Ende 2018/Anfang 2019 erfolgte dann neben der Rückgabe der Netze an die beteiligten Stadtwerke auch ein massiver Personalabbau.

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