Beverungen/Holzminden Atommüll-Lager Würgassen soll schnellstmöglich gebaut werden

Holzminden/Würgassen. Der Standort Würgassen wurde ausgewählt, weil sich dort das geplante Bereitstellungslager für Atommüll besonders schnell realisieren lassen könnte. Diesen Eindruck konnten die Zuhörer der Marathon-Kreistagssitzung am Montagabend in der Holzmindener Stadthalle gewinnen. Drei Stunden löcherten die Kreistagsmitglieder die Vertreter der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung mit ihren Fragen – viel Unmut war in den Wortmeldungen zu spüren. Die allseitige Empörung fand am Ende Ausfluss in einer fraktionsübergreifenden Resolution. &bdquo;Sie kaprizieren sich auf diesen einen Standort, weil er zügig verfügbar ist, weil schon Planungsrecht vorliegt." Dieser Gedanke beschlich jedenfalls Dirk Reuter (SPD). Tatsächlich war in den Ausführungen der BGZ-Vertreter viel vom &bdquo;Faktor Zeit" die Rede. Die Bundesregierung sehe ein Logistikzentrum vor, um das Endlager Konrad in Salzgitter möglichst rasch füllen zu können. Durch das vorgeschaltete Bereitstellungslager könne man dort ab 2027 in Doppelschichten arbeiten. &bdquo;Dadurch können wir die Zulieferung beschleunigen und zehn Jahre einsparen", betonte BGZ-Chef Ewold Seeba. Man müsse auch an die Anwohner der 35 Zwischenlager in Deutschland denken, die eine schnelle Leerung erwarteten. &bdquo;Das Logistikzentrum in Würgassen bedeutet einen Sicherheitsgewinn für viele Standorte, viele Menschen in Deutschland", betonte Seeba. Baubeginn 2023 Insgesamt drückt die BGZ auf die Tube. Deswegen habe man auch den Würgassen-Gegnern nicht die geforderte &bdquo;Corona-Pause" zugestanden. &bdquo;Wir verlieren sonst wertvolle Zeit", unterstrich Seeba im Kreistag. Deswegen würden keine weitere Standorte geprüft, schließlich stehe Würgassen als am besten geeignet fest. Deswegen wird auch jetzt weiter der Baugrund in Würgassen in 130 Bohrungen erkundet – unter anderem auf Tragfähigkeit oder vorhandene Kampfmittel. Ende 2021 soll der Genehmigungsantrag gestellt werden, 2023 soll die vierjährige Bauzeit beginnen, damit 2027 zum Betriebsbeginn von Konrad die gigantisch Halle in Würgassen fertig ist. &bdquo;Man hat den Eindruck, dass sie die Kriterien so gestaltet haben, dass das Ergebnis Würgassen ist", sagte Hermann Gruppe (FDP). Auch Gerd Henke von den Grünen meint: &bdquo;Das ist alles von vorherein auf Würgassen zugeschnitten." Das wies Ewold Seeba jedoch entschieden zurück. Nur der ehemalige Kraftwerksstandort habe eben den direkten Gleisanschluss – ein Alleinstellungsmerkmal. Schlechte Verkehrsanbindung Die schlechte Verkehrsanbindung des Standortes Würgassen stand dann auch im Mittelpunkt vieler Wortmeldungen. Trotz der Eingleisigkeit lasse sich der Pendelverkehr zwischen Würgassen und Salzgitter ohne Störung des öffentlichen Nahverkehrs bewerkstelligen, betonte Projektleiter Christian Möbius. &bdquo;Die Strecke ist güterverkehrstauglich und auf den maroden Brücken müssen wir eben die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 Stundenkilometer beachten", so der BGZ-Verantwortliche weiter. Es gebe aber dort keine Gewichtsbeschränkungen, die zehn Züge täglich mit jeweils etwa 14 Containern beladen könnten dort drüberfahren. Die Anlieferung in Würgassen sollen auf der einen Seite der Halle erfolgen, der Abtransport auf der anderen Seite, erläuterte Heinz-Walter Dretloff, der ebenfalls für das Projekt verantwortlich zeichnet. &bdquo;Da steht nach dem Ende der dreißigjährigen Nutzungszeit eine tolle Logistik mit Kränen, die für eine konventionelle Nutzung gut geeignet ist", warb der BGZ-Sprecher. Um ihre Gesundheit müssten die Anwohner nicht fürchten: &bdquo;Schon am Zaun soll keine erhöhte Strahlung mehr messbar sein", betonte Dretloff. Die versprochene "Grüne Wiese" Die Zuhörer erinnerten die BGZ-Verantwortlichen an das einstige Versprechen von der &bdquo;Grünen Wiese" in Würgassen nach dem Kraftwerksrückbau. Das wurde seitens der BGZ-Vertreter aber als eine Art Missverständnis abgetan: &bdquo;Dass man dort zur Natur zurückkehren wollte, ist nicht so", sagte Möbius. Immerhin sei das Gelände aktuell als Industriegebiet ausgewiesen. Viele Kreistagsmitglieder kritisierten die mangelnde Information im Vorfeld: &bdquo; Sie haben erst intern gearbeitet und keine Diskussion über die Kriterien zugelassen. So bekommt man keine Akzeptanz in der Region", sagte beispielsweise Christian Meyer von den Grünen. Auch Uwe Schünemann (CDU) monierte die mangelnde Transparenz: &bdquo;Die Vorentscheidung war schon getroffen, die kommunalen Vertreter vor Ort wurden nicht eingebunden", lautete seine Kritik. Auch Sabine Tippelt (SPD) schimpfte:&bdquo;Niedersachsen ist schon gebeutelt genug mit Schacht Konrad und der Asse." Hochwassergebiet und Tiefflugzone Vorgebracht wurden seitens der Zuhörer die bekannten Argumente, dass der Standort in einer Tiefflugzone und in einem Hochwassergebiet liege sowie viel zu nah an der nächsten Wohnbebauung. Ebenso wurde auf die Beeinträchtigung des Tourismus hingewiesen: &bdquo;Das sehe ich nicht, wir haben auch an der Nordsee und im Alpenvorland Zwischenlager", entgegnete Möbius. Und definitiv solle in Würgassen kein Endlager für Atommüll entstehen, wie es von den Gegnern immer suggeriert werde. Einstimmig votierte der Kreistag am Ende für eine gemeinsame Resolution gegen das geplante Atommüll-Lager in Würgassen. Die klare Botschaft: "Der Landkreis Holzminden lehnt das Logistikzentrum entschieden ab", so formulierte es Landrat Michael Schünemann.

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