Abschied und Wechsel in Bad Driburger Buchhandlung Saabel

Bad Driburg. Herzlich, persönlich und fröhlich – am letzten Arbeitstag von Bettine Saabel in der Buchhandlung, die ihren Namen trägt, begegnet die scheidende Inhaberin ihren Kunden wie eh und je. Und doch schwingt auch viel Wehmut mit in den lieben Worten, die zwischen Sekt, Snacks und Kuchen gesprochen werden. An diesem Freitag geht eine Ära zu Ende. Es ist aber, und das tröstet viele Kunden wenigstens ein bisschen, auch der Beginn von etwas Neuem. Denn die Buchhandlung bleibt nach einem kurzen Umbau weiter bestehen. Jetzt wird aber erstmal gefeiert. Zu einer ganztägigen Abschiedsparty hat Bettine Saabel ihre Kunden und Mitarbeiter an diesem Freitag eingeladen und die kamen mit Blumen, Geschenken und noch mehr Erinnerungen ins Geschäft. 1987 hat die Bad Driburgerin, die als Kind in Kalle Blomquist verliebt war, ihre Literaturleidenschaft zum Beruf gemacht. 36 Jahre lang hat sie mit ihren unzähligen oft individuellen Buchtipps Menschen geprägt und ungeahnte Lesevergnügen bereitet. Manche erzählen ihr heute, am letzten Tag, davon. In dieser Dimension sei ihr das gar nicht so bewusst gewesen, bekennt Bettine Saabel. Dabei kennt sie viele Kunden persönlich. &bdquo;Manche sind schon selbst als Kinder hierher gekommen und bringen jetzt ihre eigenen Kinder mit“, erzählt sie und staunt immer wieder neu darüber. Die Gespräche im Laden drehen sich heute nicht nur um Bücher, sondern auch um Erinnerungen an viele Veranstaltungen in den Räumen, Lesungen mit bekannten und weniger bekannten Autoren, die Bettine Saabel nach Bad Driburg geholt hat. Mehr als nur Literaturgenuss Immer bedacht darauf, dass es nicht nur um den Literaturgenuss selbst geht, wie auch auf den vielen alten Fotos zu sehen ist, die heute über der Kasse über den Monitor flimmern. &bdquo;Lesungen haben mit Ihnen als Publikum viel Spaß gemacht und so gerne haben wir danach mit reichlich Wein, Brot, Lachsbutter & Co gefeiert“, schreibt sie in ihrem Abschiedsgruß auf der Homepage der Buchhandlung. Da fiel es manchmal schwer, irgendwann auch den Weg nach Hause zu finden. Das ist auch bei der Abschiedsparty so. &bdquo;Für mich ist es das beste Geschäft in der Stadt“, sagt Ulrike Mast-Hepfer, die als Germanistin die Literaturleidenschaft von Bettine Saabel teilt und sehr häufig im Laden vorbei schaut. Sie sind auch ehemalige Nachbarinnen. Natürlich schreibt sie ein paar liebe Worte in das aufgeschlagene Gästebuch und erzählt nebenbei davon, wie wichtig es ihr ist, noch ein richtiges Buch in der Hand zu halten, umblättern zu können. Sie hat aber auch ein E-Book-Reader, weil es abends und auf Reisen das Lesen erleichtert. Viele Neuerungen E-Books gibt es natürlich auch in der Buchhandlung, wie auch einen Online-Shop und einen Über-Nacht-Bestell-Service. Da hat sich vieles in den vergangenen 36 Jahren geändert. Man muss mit der Zeit gehen. Geblieben ist aber, dass Bettine Saabel den Kontakt zu den Kunden am meisten schätzt. &bdquo;Ich bin glücklich, dass ich Ihre Buchhändlerin sein durfte und unser Laden doch fest zu Bad Driburg gehört. Wie viele nette Menschen habe ich hier kennengelernt und was haben wir nicht alles zusammen erlebt“, schreibt sie ihren Kunden und berichtet von so manchem kuriosen Kundenwunsch. So kam einer mit der Frage ins Geschäft, ob es hier nur Bücher oder auch Schwermetall gebe. Mit Geschenkpapier, Grußkarten und ähnlichem hätte das Saabel-Team noch dienen können, Eisenwaren gab’s aber nicht. Und wenn jemand, in Anlehnung an das Bad Driburger Autohaus Humborg, das Buch &bdquo;Der Prinz von Humborg“ verlangt, dann &bdquo;ziehen wir, ohne mit der Wimper zu zucken, die Lektüre &bdquo;der Prinz von Homburg“ aus dem Regal. Vielleicht hätte auch Kleist darüber gelacht. Abschlägig musste Bettine Saabel aber den Kundenwunsch bescheiden, ob die DIN-Normen des rheinischen Bäckerhandwerks vorrätig seien. Dafür gab es unzählige andere Bücher. Mehr Zeit für Familie Sie werden auch weiterhin ein sehr wichtiger Bestandteil im Leben von Bettine Saabel sein, die Hölderlin immer noch als einen ihrer Lieblingsautoren nennt. Worauf sie sich aber besonders freut, ist, dass der Fokus nun wieder etwas weiter weg von den ständigen Neuerscheinungen rücken kann. Sie hofft, nun endlich Zeit für einige der Werke zu finden, die sie immer schon mal lesen wollte, aber nie dazu gekommen ist. Dieser Berg an Büchern werde immer größer statt kleiner, sagt sie. Zudem will sie sich endlich mehr Zeit für die Familie nehmen, ihren 99-jährigen Vater ebenso wie die Enkelin. Auf die Frage nach den Zukunftsplänen führt sie die Kunden aber auch gern an die Kasse, wo ein Foto von einer Bank mit einem berühmten Spruch von Astrid Lindgren hängt. &bdquo;Und dann braucht man ja auch noch Zeit, einfach nur dazu sitzen und vor sind hinzuschauen.“ Eine Weisheit, die die schwedische Autorin Pippi Langstrumpf sagen lässt und die Bettine Saabel so gut gefällt, dass sie selbst eine Bank im Schaufenster damit gestaltet hat. Zwei Tipps zum Schluss Es kann aber keinen Besuch bei Saabel geben, ohne dass es einen Buchtipp gibt. Viele Bücher hat Bettine Saabel in der NW-Leseecke präsentiert und die Zeitungsleser damit auf den Geschmack gebracht. Zum Abschied empfiehlt sie gleich zwei Werke: In &bdquo;Das Wunder von Bahnsteig 5“ beschreibt Clare Pooley sechs Pendler die jeden Tag gemeinsam nach London fahren, aber nie miteinander reden, weil sie nichts gemeinsam haben. Ein Zwischenfall verändert die Gemeinschaft völlig – eine Entwicklung, die Bettine Saabel fasziniert, obgleich sie nicht von einem Trostroman sprechen will. Und da ist noch die &bdquo;Anleitung ein anderer zu werden“ von Édouard Louis. Eine Lebensgeschichte über eine radikale Selbstveränderung vom Leben in Armut hin zu einem gefragten Autoren. Ein fesselnder, toll geschriebener autobiografischer Roman.

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