16-Jähriger Bad Driburger studiert jetzt Chemie an der Universität

Bad Driburg/Paderborn. Kugel, Stäbchen, Kugel, Stäbchen, Kugel. Er sei fasziniert von der "Ästhetik von Molekülen", sagt Thorben Bertgen. Eigentlich Schüler an der Gesamtschule Bad Driburg, studiert der 16-Jährige seit Semesterbeginn im Herbst die ersten Kurse Chemie an der Universität Paderborn. Moleküle seien in ihrer Struktur aus Kugeln und Städchen "einfach schön anzusehen", sagt er. Joah, genau hingesehen, dann schaut so ein Wassermolekül schon ein wenig wie Mickey Maus aus - bloß auf den Kopf gestellt. Und Ethanol hat - mit ein bisschen Fantasie - etwas von einem Luftballontier. Möglicherweise ein Hund. Thorben Bertgens Begeisterung für Chemie geht natürlich über das rein Oberflächliche hinaus. "Während andere Nickelodeon schauten, habe ich früher immer schon gerne Dokumentationen gesehen über verschiedene Themen, das Leben oder das Weltall", sagt er. Außerdem habe er sich von seiner Mutter - einer biologisch-technischen Assistentin - gerne erklären lassen, was sie bei der Arbeit so mache. So ähnlich fand auch ihre ausgediente Laborausrüstung den Weg in sein Zimmer. Dort steht außerdem eine Reihe Chemiebücher, die der 16-Jährige angeschafft hat, um tiefer in die Materie einzutauchen. Drei bis vier Schüler pro Jahr studieren Chemie Denn der Schulunterricht konnte mit Thorbens Verständnis von der Chemie und seinem Wissensdurst nicht mehr mithalten. "Der war ehrlich gesagt meistens sehr langweilig für mich, ich wusste das alles immer schon und auch mehr, darüber hinaus", sagt der Bad Driburger. Das und dass Thorben Aufgaben im Unterricht ganz anders löst als seine Klassenkameraden, fällt den Lehrern auf. Besonders sein ehemaliger Klassenlehrer, Christian Scharf, habe sich dafür eingesetzt, das Talent des Jungen zu fördern. Thorben darf so am Programm "Studieren vor dem Abi" an der Universität Paderborn teilnehmen. In der Chemie sind es pro Jahr nur drei bis vier Schüler, die Michael Tiemann in seine Chemie-Kurse aufnimmt, erklärt der Professor für Anorganische Chemie gegenüber nw.de. Seit Semesterbeginn klickt sich Thorben also in Vorlesungen rein. Inhaltlich gefällt es ihm sehr gut. "Man wird richtig schlau daraus." Schade ist allerdings, dass er die Uni wegen des Coronavirus' nur virtuell besuchen kann. Seine Kommilitonen sind Kacheln auf dem Bildschirm. "Die anderen kennen mich genau so wenig". Für die Dauer der Vorlesungen - zwei pro Woche - ist Thorben vom Unterricht an der Gesamtschule Bad Driburg freigestellt. Was er verpasst, muss er nachholen. Das sollte allerdings kein Problem sein. Danach gefragt, wie es abseits der Naturwissenschaften in der Schule so läuft, sagt er: "Ich komme eigentlich ganz gut durch, die mittlere Reife habe ich mit 1,2 bestanden." Gibt es denn ein Fach, das ihm etwas weniger liegt? "Vor allem Sprachen finde ich nicht so spannend", sagt der 16-Jährige, "Spanisch habe ich schnell abgewählt." Klausurenphase steht an Er habe immer schon Chemie studieren und Wissenschaftler werden wollen, sagt Thorben. Zumindest mit Ersterem fängt er jetzt, rund zweieinhalb Jahre vor der Allgemeinen Hochschulreife an. Mit allem, was dazu gehört. Im März startet die Klausurenphase. "Allgemeine Chemie ist sehr viel und sehr umfangreich, das wird sicher nicht so einfach wie in der Schule", sagt der 16-Jährige. Ein oder zweimal müsste er den Stoff vorher sicher durchlesen. Wenn er die Kurse besteht, kann er sich die Punkte für sein späteres Studium anrechnen lassen. Einen konkreten Wunsch-Studienort hat Thorben noch nicht im Sinn. Aber "möglichst weit weg am anderen Ende von Deutschland" soll es schon sein. Das Ausland, beispielsweise die USA mit den Elite-Unis, reize ihn gerade weniger - wobei, wie er betont, die Sprache "Englisch klar geht". Auch wenn Thorben das richtige Studentenleben erst später, nach Corona, kennenlernen wird, ist es gerade eine spannende Zeit für ihn. Denn er interessiert sich sehr für die Proteinbiosynthese in Zellen, einen Vorgang, den er auch gerne mehrmals erklärt. Proteinbiosynthese wird es genannt, wenn Eiweiße neu gebildet werden. Der Bauplan dafür hängt dabei von der DNA ab. "Der Corona-Impfstoff funktioniert nach dem gleichen Prinzip", sagt Thorben, "Da wird auch mRNA geimpft." mRNA, eine Art Übersetzung des Coronavirus', gegen den dann Antikörper gebildet werden können.

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