Höxter/Bad Driburg

Höxteraner Professor will Nachhaltigkeit messbar machen

Manfred Sietz und sein Forschungsteam von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe haben eine Idee

Gemeinsam gegen den Klimawandel: Jens Ahle (v.l.), Andreas Wiesner, Professor Manfred Sietz und Matthias Goeken sorgen für ökologische Nachhaltigkeit. | © Katrin Schubert

22.09.2016 | 22.09.2016, 12:46

Höxter/Bad Driburg. "Alle reden über Nachhaltigkeit, aber was das eigentlich ist, das weiß niemand", sagt Professor Sietz vom Fachbereich Umweltingenieurwesen und Angewandte Informatik der Hochschule OWL in Höxter. "Unsere Politiker verwenden den Begriff immer häufiger. Er unterliegt bislang leider keiner zertifizierbaren Norm." Das könnte sich in Zukunft ändern. In dem jüngst erschienenen Fachbuch "Wärmefußabdrücke und Energieeffizienz" stellt der Diplom-Chemiker, Energieauditor und Umweltprüfer gemeinsam mit seinem Forschungsteam ein neues Verfahren zur Messung von Nachhaltigkeit vor.

Im Mittelpunkt dieses Verfahrens steht ein modellhafter Ansatz zur Berechnung von Wärmefußabdrücken. "Ein Wärmefußabdruck ist die Grundfläche eines Eiswürfels einer bestimmten Kantenlänge, der durch die ungenutzt freigesetzte Abwärme in einem Jahr unumkehrbar abgeschmolzen wird", erklärt Sietz. "Daraus ergibt sich eine Kennzahl, die die Klimarelevanz eines Unternehmens oder eines Produkts widerspiegelt."

Um zu verdeutlichen, worum es ihm und seinem Forscherteam im Kern geht, nennt Sietz Beispiele: "Eine Glühbirne holt aus 100 Prozent Strom nur fünf Prozent Licht heraus.

Die übrigen 95 Prozent gehen als Abwärme ungenutzt in die Atmosphäre. So etwas kann man sich aus der Sicht des Klimaschutzes nicht leisten. Ein Auto, das nur etwa 30 bis 35 Prozent der Energie des Kraftstoffs in Bewegung verwandelt und 65 bis 70 Prozent in Abwärme, eigentlich ebenso wenig."

Was die von Professor Sietz und seinem Team neu eingeführte Kennzahl leisten kann, wird in dem Fachbuch anhand zahlreicher Praxisbeispiele dokumentiert. Eines dieser Praxisbeispiele stammt von Jens Ahle, der in der Bad Driburger Firma Goeken Backen zunächst umfangreiche Messungen durchgeführt und dem Unternehmen anschließend ökologische und ökonomische Einsparungspotenziale aufgezeigt hat. "Die meisten Unternehmen begegnen uns nicht in dieser Offenheit", lobt Sietz die Bereitschaft des Unternehmens, mit der Hochschule zu kooperieren.

Doch für Goeken Backen hat sich die Zusammenarbeit bereits gelohnt. "Mithilfe der Auswertung der Messergebnisse haben wir verschiedene Maßnahmen durchgeführt, um unseren Stromverbrauch zu senken", erklärt Andreas Wiesner, Leiter der Haustechnik. Zu den Maßnahmen am Produktionsstandort gehörte etwa die Umrüstung der Hallenbeleuchtung auf LED-Lampen, die Ausstattung der Kühlhäuser mit Bewegungsmeldern und die Anschaffung eines neuen Kneters, der weniger als ein Drittel der Energie des alten Kneters verbraucht. "Im letzten Jahr haben wir die letzten Elektroöfen gegen Gasöfen ausgetauscht", sagt Wiesner.

Auch in einzelnen Filialen konnte nach der Auswertung der Messergebnisse einiges verbessert werden. Als besonders energieintensiv hätten sich hier die Cola-Kühlschränke erwiesen, die mittlerweile allesamt ausgetauscht worden seien. Für das kommende Jahr plant Goeken Backen außerdem den Bau eines 50 bis 80 Kilowatt-Blockheizkraftwerkes zur Minderung der Lastspitzen.

Information

Im Handel

Das Fachbuch „Wärmefußabdrücke und Energieeffizienz. Nachhaltigkeit messbar machen" ist bei Springer Spektrum erschienen. Die Druckausgabe (ISBN 978-3-662-49934-4) kostet 49,99 Euro. Das eBook (ISBN 978-3-662-49935-1) ist für 39,99 Euro erhältlich.