
Spenge/Bielefeld. Zwei Männer ziehen am 3. März 2024 nachts durch Spenge und landen auf einem Parkplatz vor der Diskothek „King’s Castle“. Sie wollen ihre letzten Biere austrinken, als sie von zwei anderen Männern angepöbelt werden, die aus der Diskothek kommen. Die Situation eskaliert. Es kommt zu einem Kampf, bis einer der beiden Männer, die zuvor in der Diskothek waren, ein Messer zückt und neunmal auf sein Gegenüber einsticht.
Das Opfer erleidet bei dem Kampf lebensgefährliche Verletzungen und konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Drei Stiche in den Oberbauch, ein Stich in die rechte Rumpfhälfte, zwei Stiche in die linke Rumpfseite und drei Stiche in den mittleren Rücken waren, so der Vorsitzende Richter Meiring, potenziell tödlich.
In der neuen Folge von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der Neuen Westfälischen, spricht Moderatorin Birgit Gottwald mit NW-Autor Claus Frickemeier über einen ausgelassenen Abend, der einem Mann fast das Leben kostete.
Die Messerstiche vor einer Diskothek in Spenge – alles Wichtige im Überblick:
- Ein Streit zwischen vier Männern auf einem Parkplatz in der Nähe einer Spenger Diskothek eskaliert.
- Plötzlich zieht einer der Männer ein Messer und sticht neunmal auf seinen Gegner ein.
- Das Opfer überlebt nur durch eine Notoperation.
- Das SEK konnte den Mann in seiner Wohnung überwältigen und festnehmen.
- Der 26-jährige Täter wurde wegen versuchten Totschlags sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt.
Der Verletzte war dem Täter körperlich unterlegen
Die Vorwürfe gegen einen 26-jährigen Mann aus Hiddenhausen wiegen schwer: Im Rahmen einer nächtlichen Streitigkeit auf einem Parkplatz vor der Diskothek „King’s Castle“ soll er auf einen ihm körperlich deutlich unterlegenen Mann mindestens neunmal mit einem Messer eingestochen haben.
Am 3. März 2024 soll er zusammen mit einem Freund in der Spenger Diskothek ausgelassen gefeiert haben. Gegen 1.30 Uhr gehen die beiden Männer auf einen angrenzenden Parkplatz und treffen dort auf zwei ihnen unbekannte Männer. Aus bislang ungeklärtem Anlass geraten die vier Personen in Streit, es kommt nach zunächst verbaler Auseinandersetzung zu einer Schlägerei. Doch dann sticht einer der Männer zu – neunmal trifft er sein Gegenüber mit dem in den Oberkörper.
Messerstecher wuchs bei seiner Mutter in Wuppertal auf
„Ich weiß nicht, warum ich das alles gemacht habe“, sagt der 26-Jährige, der in Wuppertal bei seiner Mutter aufgewachsen ist. „Meine Mutter hat sich scheiden lassen, da mein Vater mich als Kind trotz eines Schädelbruchs nicht ins Krankenhaus gefahren habe“, berichtet er vor dem Bielefelder Schwurgericht.
Der Vorsitzende Richter überrascht Staatsanwaltschaft und Verteidigung mit einer Audiodatei, die er abspielen lässt. Auf dieser Audiodatei unterhält sich der Angeklagte mit einem Bekannten über die Tat und erzählt, dass er seinem Kontrahenten „mindestens sieben-, achtmal“ in den Rücken gestochen habe. „Bam, Bam, Bam, Digga“, beschreibt er die Tat – beide lachen danach, wie auf der Audiodatei zu hören ist.
Täter wird durch SEK in Hiddenhausen festgenommen
Der Täter und sein Begleiter fliehen vom Tatort, das Opfer wird notärztlich versorgt. Die Ermittlungen führen bald darauf zu Felix G. (alle Namen von der Redaktion geändert), der am Abend des 3. März in seiner Wohnung durch ein Spezialeinsatzkommando (SEK) festgenommen wird.
NW-Autor Claus Frickemeier ist bei dem Zugriff der Einsatzkräfte vor Ort. Er berichtet vom blitzschnellen Zugriff des SEK, die sich mit einer Ramme gewaltsam Zutritt zur Wohnung des Täters verschaffen, einen Irritationskörper zünden. Durch die laute Detonation eilen Nachbarn auf die Straße. „Das war so laut, dass der Boden gebebt hat“, sagt ein Nachbar, der aufgrund der Geräuschkulisse von einem schweren Verkehrsunfall ausgegangen ist.
Messer im Gebüsch vor Spenger Diskothek „King’s Castle“ versteckt
Bei der anschließenden Hausdurchsuchung finden die Polizeibeamten in einer Waschküche auch das mutmaßliche Tatmesser. Dieses soll Felix G. vor dem Disco-Besuch in der Nähe der Diskothek versteckt und beim Verlassen des Gebäudes wieder an sich genommen haben.

In der mehrtägigen Verhandlung vor der X. Großen Strafkammer des Landgerichts hat der bereits wegen eines Gewaltdelikts vorbestrafte Felix G. das Geschehen weitgehend eingeräumt, sich jedoch auf Notwehr berufen. Dem folgt die Kammer indes nicht: Das Handeln, so führt der Vorsitzende Richter aus, sei nicht durch Notwehr gerechtfertigt gewesen.
Täter feiert die neun Messerstiche mit Freunden
Schließlich hätten G. und sein Kumpel die Auseinandersetzung provoziert und die „Verletzungen des Opfers gemeinsam abgefeiert“. Felix G. habe somit selber zu den Angreifern gehört. „Der Messereinsatz diente nur dazu, nicht als Verlierer vom Platz zu gehen“, sagte Meiring.
Das Gericht folgt schließlich dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt Felix G. wegen versuchten Totschlags sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren. Darüber hinaus muss der 26-Jährige 15.000 Euro Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen.