So ist die Stimmung nach der Erdogan-Wahl in Enger und Spenge

Enger/Spenge. Recep Tayyip Erdogan hat die Stichwahl in der Türkei gewonnen. Da etwa die Hälfte der 2,9 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland auch in dieser Wahl abstimmen konnten, wurde bereits im Vorfeld viel darüber diskutiert, wie viele der Wahlberechtigten ihre Stimme für das autokratisch türkische Staatsoberhaupt abgeben werden würden. Letzten Endes gingen zwei Drittel der abgegebenen Stimmen – in absoluten Zahlen etwa 500.000 Wähler – an Erdogan. Wie ist nach dieser brisanten Wahl die Stimmung bei den türkischstämmigen Engeranern und Spengern? Darauf Antworten zu bekommen, stellt sich als schwieriger heraus als gedacht. Weder der Verein Asyl Spenge noch das Haus der Kulturen in Enger wollen sich dazu öffentlich äußern. Eine ortsansässige Bürgerin mit türkischen Wurzeln möchte nur anonym etwas dazu sagen. Sie habe in der Vergangenheit gelernt, dass Meinungsverschiedenheiten über die Politik von Erdogan zu sehr extremen Auseinandersetzungen mit radikalen Anhängern des Staatsoberhaupts führen könnten. &bdquo;Wer hier lebt, sollte nicht über das Schicksal der Menschen in der Türkei bestimmen dürfen“, sagt sie. Sie ist mit dem Ergebnis nicht zufrieden und hat sich von der Politik in der Türkei distanziert: &bdquo;Für die jungen Leute finde ich es schade. Es gibt viele Probleme, die angegangen werden müssten.“ Erdogan würde das bestehende System zementieren und die Jugend mit seiner Politik außen vor lassen. So fehlten in der Türkei Jobs und bezahlbare Wohnungen. Kadir Oruc, Vorsitzender des Türkisch-Islamischen Kulturvereins Spenge, ist als einziger bereit, sich öffentlich zu äußern. Seine Gemeinde gehört mit zum Ditib-Verband, dem Kritiker eine Nähe zu Präsident Erdogan vorwerfen. Der Vorsitzende der Farabi Moschee in Spenge betont, dass die relativ kleine Gemeinde in Spenge mit 124 aktiven Mitgliedern nicht politisch orientiert agiere. &bdquo;Natürlich hat jeder seine politische Meinung und es gibt Anhänger verschiedener Parteien und Kandidaten unter den Mitgliedern“, sagt Oruc. Diese unterschiedlichen Meinungen würden von allen respektiert und niemand würde aufgrund seiner Haltung beleidigt, versichert Kadir Oruc. Türken in Deutschland sind oftmals konservativer Kadir Oruc berichtet, er habe am letzten Sonntag die ersten Hochrechnungen ab 18 Uhr in den Vereinsräumlichkeiten am Fernseher gemeinsam mit einigen anderen Deutschtürken verfolgt. Für die hier lebenden Türken, die in der Türkei selbst auch oft Deutschländer genannt würden, sei das Wahlrecht bei der Präsidentenwahl von großer Bedeutung. &bdquo;Sie freuen sich, dass ihre Meinung gefragt ist. Viele besitzen vor Ort Immobilien oder Felder und bezahlen Steuern. Sie erfüllen ihre damit verbundenen Pflichten, auch die Militärpflicht, und haben somit auch das Recht, zu wählen und mitzubestimmen“, sagt Oruc. Er selbst erwartet durch die Fortsetzung der bisherigen Politik keine größeren Veränderungen: &bdquo;Viele denken allerdings, es könne noch konservativer werden“, sagt er zu den Befürchtungen der Erdogan-Gegner. Auch sehe er das Land durch die hohe Inflation vor großen Herausforderungen. Kadir Oruc stellt für sich fest, dass die in Deutschland lebenden Türken oftmals konservativer eingestellt seien als die Landsleute vor Ort: &bdquo;Die Lebensweise der jungen Leute hat sich in der Türkei gewandelt. Viele Deutschtürken bewahren hierzulande oftmals ihre Erfahrungen der eigenen Erziehung und wollen die fortgesetzt sehen.“

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